Aus der Lobbywelt

Koalitionsvertrag: In Trippelschritten zu mehr Lobbykontrolle?

Die Koalitionsverhandlungen nähern sich dem Ende. Was plant die große Koalition in Zukunft gegen intransparenten Lobbyismus und politische Korruption? Ein Blick auf den aktuellen Entwurf des Koalitionsvertrags lässt erkennen, dass sich Union und SPD offenbar in drei Punkten annähern konnten: Abgeordnetenbestechung, Seitenwechsel und externe Mitarbeiter in Ministerien.
von 26. November 2013
Deckblatt Koalitionsvertrag

Seit dem ersten Entwurf des Koalitionsvertrags hat sich zwar noch einiges geändert. Bei den Themen Karenzzeiten, Abgeordnetenbestechung und Transparenz bei Externen in Ministerien hat sich aber nichts mehr getan.

Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD sind beendet. Zeit einen Blick auf die  Verhandlungsergebnisse zu werfen: Was plant die Koalition in Zukunft gegen intransparenten Lobbyismus und politische Korruption? Die SPD hatte in ihrem Regierungsprogramm sinnvolle Forderungen festgeschrieben – auch wenn uns einige davon nicht weit genug gingen. Die Union äußerte sich in ihrem Programm zu dem gesamten Themenfeld nicht.

Ein Blick auf die Endfassung des Koalitionsvertrags lässt erkennen, dass sich Union und SPD offenbar in drei Punkten annähern konnten (auf Seite 152):

1. Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung

Die Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung war eins der großen Streitthemen der vergangenen Legislaturperiode, auch und gerade zwischen SPD und Union. Ohne eine Neuregelung der Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung kann Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption nicht ratifizieren. Bisher hat die Union hier blockiert. Im Entwurf heißt es nun: „Wir werden die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln.“ Dass diese Formulierung damit (wahrscheinlich) in den Koalitionsvertrag eingeht, ist ein Erfolg. Damit wird es sehr schwer für die künftige Koalition, schärfere Gesetze gegen Abgeordnetenbestechung weitere vier Jahre zu verschleppen. Übrigens: In einem früheren Entwurf hieß es noch: „Wir wollen die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln.“ Die aktuelle Version klingt entschlossener.

2. Regel für Seitenwechsel von Spitzenpolitikern

Karenzzeiten für Spitzenpolitiker fordern wir schon seit langem. Der Fall Klaeden hat ihre Notwendigkeit noch einmal unterstrichen. Das scheint auch bei den Koalitionären angekommen zu sein. Die SPD hatte im Regierungsprogramm eine Karenzzeit nach dem Muster der EU-Kommission gefordert und konnte zumindest das Thema im Koalitionsvertrag platzieren, aber ohne konkrete Festlegung: So heißt es im Entwurf, man wolle „um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden […] für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretäre und politische Beamte eine angemessene Regelung“ anstreben. Nun kann man sich fragen, was „angemessen“ konkret heißt – wir hätten da einige Vorschläge – aber dennoch ist es gut, diese wichtige Forderung (wahrscheinlich) im Koalitionsvertrag verankert zu sehen.

3. Transparente externe Mitarbeiter

Bei den externen Mitarbeitern in der Bundesverwaltung findet sich lediglich die allgemeine Formulierung wieder, man wolle „mehr Transparenz“. Bisher verfasst das Bundesinnenministerium halbjährlich einen Bericht über den Einsatz so genannter Leihbeamter in Ministerien und anderen Behörden. Dieser Bericht wird allerdings nicht veröffentlicht, sondern nur dem Haushalts- und Innenausschuss des Bundestages vorgelegt. Mehr Transparenz könnte also heißen: der Bericht soll in Zukunft veröffentlicht werden. Darüber hinaus müssten aber weiterhin bestehende Transparenzlücken etwa bei befristeten Verträgen geschlossen werden.

Kein großer Wurf – wichtige Elemente fehlen

Jenseits dieser drei Punkte fällt aber vor allem auf, dass wichtige Forderungen fehlen. In ihrem Regierungsprogramm forderte die SPD beispielsweise ein verpflichtendes Lobbyregister. Davon ist jedoch nichts mehr zu lesen. Aus SPD-Kreisen hört man, es gäbe dort größere Widerstände bei der Union.

Ein weiteres großes Streitthema der letzten vier Jahre war die Transparenz der Nebeneinkünfte von Abgeordneten. Auch hierzu findet sich nichts Entwurf. Die von der SPD eigentlich geforderte Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent scheint bei der Union nach wie vor auf wenig Gegenliebe zu stoßen. Nun gilt es sicherzustellen, dass zumindest die von Union und FDP im Frühjahr beschlossenen erweiterten Transparenzregeln auch ordentlich umgesetzt werden. Außerdem müssen weiterhin bestehende Transparenzlücken gestopft werden, etwa bei Rechtsanwälten und Firmenbeteiligungen.

Auch bei der Parteienfinanzierung muss die nächste Koalition etwas bewegen, vor allem beim Sponsoring und bei den Großspenden. Gerade nach den Debatten um die Großspenden aus der Automobilindustrie gehört die Forderung nach einer Deckelung der Spendenhöhe wieder auf den Tisch. Spenden sollten außerdem bereits ab 2.000 Euro in den Rechenschaftsberichten aufgelistet werden und ab 10.000 Euro (statt heute 50.000) unmittelbar vom Bundestagspräsidenten bekannt gegeben werden. Auch steht nicht zuletzt bald die nächste Verwarnung des Europarats auf Grund mangelnder Transparenz an.

Halbvolles oder halbleeres Glas? Ein kleiner Erfolg

Bei aller Kritik ist das Verhandlungsergebnis aus unserer Sicht zumindest ein kleiner Erfolg. Mit der Kampagne „Meine Stimme gegen Lobbyismus – für Demokratie“ haben wir darauf gedrungen, dass das Thema Lobbyismus bei den Verhandlungen nicht unter den Tisch fällt.  Nachdem sich in den letzten vier Jahren bei der Lobbyregulierung im Kern nichts getan hat, ist die Aussicht auf Fortschritte bei der Eindämmung von problematischen Seitenwechseln und ein besseres Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung erfreulich.

Bedauerlich ist allerdings, dass sich die SPD beim verpflichtenden Lobbyregister offenbar nicht durchsetzen konnte. Wir werden darauf hinarbeiten, dass sich hier auch ohne Verankerung im Koalitionsvertrag etwas bewegt, denn mehr Transparenz in den Lobbyismus zu bringen, bleibt eine wichtiges Ziel.

 

Foto: Unterschriften-Übergabe an Hans-Peter Friedrich (CDU) und Thomas Oppermann (SPD) am 7. November. Jakob Huber/ Campact.

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