Reichtum und Einfluss

Aktionsabschluss: Für eine ausgewogene Wohnungspolitik!

Im September 2018 luden Kanzlerin Merkel und Bauminister Seehofer ins Kanzleramt zum Wohngipfel. Eingeladen waren vor allem Verbände der Bau- und Immobilienlobby. Auf dem Wohngipfel ging es vorrangig um die Anliegen derjenigen, die auf dem Immobilienmarkt Gewinne machen. Gegen diese einseitige Wohnungspolitik starteten wir damals den Online-Appell „Der Immobilienlobby nicht das Feld überlassen!“ Nun haben wir die Unterschriften an die Politik übergeben.
von 19. Februar 2020

Im September 2018 luden Kanzlerin Merkel und Bauminister Seehofer ins Kanzleramt zum Wohngipfel. Eingeladen waren vor allem Verbände der Bau- und Immobilienlobby. Auch ein Blick in die Tagesordnung zeigte: Auf dem Wohngipfel ging es vorrangig um die Anliegen derjenigen, die auf dem Immobilienmarkt Gewinne machen. Gegen diese einseitige Wohnungspolitik starteten wir damals den Online-Appell „Der Immobilienlobby nicht das Feld überlassen!“ Nun haben wir die Unterschriften an die Politik übergeben. Wir bedanken uns bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern der Aktion!

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Annahme leider verweigert: Unterschriftenübergabe vor dem Finanzministerium in Berlin

 

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Unterschriftenübergabe beim Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, das auch für das Mietrecht zuständig ist

Unterschriftenübergabe an die Ministerien

Direkt überreichen konnten wir die knapp 24.000 Unterschriften für eine ausgewogene Wohnungspolitik an die Bundesregiegung leider nicht. Auch nach mehrfacher Nachfrage war aus den zuständigen Ministerien niemand bereit, unsere Unterschriften entgegenzunehmen. Das ist enttäuschend. Damit der Appell dennoch seine Adressat:innen erreicht, machten wir uns auf den Weg ins Regierungsviertel. Doch beim Finanzministerium blitzten wir beim Pförtner ab – die Unterschriften an Finanzminister Olaf Scholz landeten im nächsten Briefkasten. Im Justizministerium konnten wir die Unterschriften dagegen gleich vor Ort abgeben. Das Innenministerium erhält die Unterschriften ebenfalls per Post.

Wir hatten unseren Appell an die drei Ministerien gerichtet, da diese alle mit miet- und baupolitischen Fragen befasst sind und für die Umsetzung der „Wohnraumoffensive“ der Bundesregierung zuständig sind. Das Justizministerium ist für das Mietrecht zuständig, das Innenministerium für Baupolitik und das Finanzministerium für Haushalts- und steuerpolitische Fragen, die in der Wohnungs- und Baupolitik eine große Rolle spielen. Außerdem hatten diese drei Ministerien gemeinsam mit der Bundeskanzlerin den Wohngipfel der Bundesregierung organisiert.

Unser Engagement für eine ausgewogene Wohnungspolitik

Wir blicken zurück auf eineinhalb Jahre Engagement für eine ausgewogene Wohnungspolitik: Proteste zum Wohngipfel, Teilnahme am alternativen Wohngipfel der Sozialverbände und Gewerkschaften, Recherchen zu einseitigen Kontakten der Bundesregierung, zum Immobilientag des Lobbyverbands ZIA, Parteispenden, auf Vorträge, Artikel und Interviews zum Thema Immobilienlobby.

Immer wieder haben wir den einseitigen Einfluss auf die Wohnungspolitik der Bundesregierung kritisiert, Netzwerke sichtbar gemacht und auf eine ausgewogene Wohnungspolitik gedrängt. Unsere Botschaft war klar: Wohnungspolitik muss allen dienen und dabei müssen auch alle mitreden können!

Droht eine wirkungslose Reform von Steuerspartricks?

Das gilt auch für die Projekte der nächsten Wochen und Monate. Hier steht nun demnächst eine Gesetzesreform an, die die sogenannten Share Deals einschränken soll. Dabei geht es um Steuerspartricks, die Immobilienunternehmen beim Häuserkauf ausnutzen und damit den Staatshaushalt um Milliarden prellen. Die Große Koalition hatte schon im Koalitionsvertrag beschlossen, die Regelung endlich zu reformieren.

Doch erste Regelungsversuche sind gescheitert – es gab massiven Druck von der Immobilienlobby. In dieser Zeit haben Steuerkanzleien inzwischen neue Steuertricks erarbeitet. Die Neuregelung steht immer noch aus und droht angesichts des Lobbydrucks von Immobilienkonzerne und Steuerkanzleien wirkungslos zu werden.

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Proteste gegen den Wohngipfel der Bundesregierung im September 2018

Lobbyregulierung für mehr Transparenz und Ausgewogenheit

Auch wenn unsere Aktion zur Wohnungspolitik nun beendet ist, werden wir weiterhin einseitige Lobbyeinflüsse sichtbar machen, Kritik üben und auf Ausgewogenheit und klare Transparenz und Schranken für den Lobbyismus drängen. Zum Beispiel bei der Parteienfinanzierung: Aus der Bau- und Immobilienbranche fließt besonders viel Geld an die Parteien. Jüngst erhielt die AfD 100.000 Euro von dem Vermögensverwalter und Immobilienunternehmer Christian Krawinkel. Doch mit CDU, SPD und FDP bekamen auch Regierungsparteien in letzter Zeit immer wieder Gelder aus der Branche. Hier brauchen wir strengere Transparenzregeln und Obergrenzen.

Ein weiteres wichtiges Feld sind die "fliegenden Wechsel" zwischen Politik und Lobby. Das zeigt etwa der angekündigte Seitenwechsel von Oliver Wittke zum Immobilienverband ZIA. Der CDU-Politiker und frühere NRW-Bauminister war zuletzt parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. In dieser Funktion muss er zwar inzwischen eine Karenzzeit einhalten, bevor er seinen neuen Lobbyjob beim ZIA antreten kann. Die geltende Karenzzeit von bis zu eineinhalb Jahren ist aber deutlich zu kurz. Außerdem ist es fragwürdig, dass er sein Abgordnetenmandat beibehält und nun als designierter Immobilienlobbyist im Bundestag sitzt. Hier drängen wir weiter auf Verbesserungen: Gerade bei Wechseln aus der Regierung in Lobbyjobs sollte eine deutlich strengere Karenzzeit-Regel gelten.

Und nichtzuletzt setzen wir uns für ein verbindliches Lobbyregister ein, um mehr Licht in den Berliner Lobbybetrieb zu bringen. Dazu haben wir jüngst einen neuen Online-Appell gestartet, um weiter Druck auf Bundestag und Bundesregierung zu machen. Das ist gerade jetzt wichtig, da sich - im Prinzip - alle Parteien für ein Lobbyregister ausgesprochen haben. Nun kommt es darauf an, dass darauf auch tatsächlich etwas folgt und vor allem: Das Lobbyregister muss auf soliden Füßen stehen, um wirksam zu sein. Mit einer Scheinlösung, die schön klingt, aber Lobbyist:innen kaum mehr Transparenz abverlangt, ist nichts erreicht.

Ausblick: europaweiter Aktionstag am 28.3.

Einfluss auf die Wohnungspolitik der Bundesregierung gibt es allerdings nicht nur von den Verbänden der Immo- und Bauwirtschaft: Für den 28.3. mobilisiert das Bündnis gegen Verdrängen und #Mietenwahnsinn zu einem europaweiten Aktionstag. Solche Proteste sind ein wichtig, um Gegengewichte zu den Netzwerken und Verflechtungen zwischen Politik und Immobilienlobby zu schaffen.

Fotos: LobbyControl

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