Lobbyregister

Transparenz statt verdeckter Einfluss: Lobbyregister jetzt!

Endlich wollen alle Parteien ein Lobbyregister einführen. Doch das Risiko besteht, dass die GroKo eine Schmalspurlösung vorlegt. Jetzt für echte Transparenz Druck machen und Aktion unterzeichnen!
von 23. Januar 2020

UPDATE 26. März 2021: Diese Aktion ist beendet. 33.344 Menschen haben unseren Appell unterstützt - mit Erfolg: Der Deutsche Bundestag hat am 25. März das Gesetz zur Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters beschlossen!

Wer nimmt Einfluss auf die Politik? In wessen Auftrag? Mit welchem Ziel und mit wie viel Geld? Seit 15 Jahren setzen wir uns dafür ein, dass diese Fragen endlich beantwortet werden - durch ein verpflichtendes Lobbyregister. Wie sehr es Deutschland an zeitgemäßen Regeln und Transparenzpflichten für Lobbyisten fehlt, haben die jüngsten Lobby-Skandale um den Bundestagsabgeordneten Philip Amthor (CDU), den Ex-Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und den Pleitekonzern Wirecard erneut gezeigt.

Union und SPD wollen nun endlich ein Lobbyregister einführen - doch der durchgesickerte Entwurf ist nur eine Scheinlösung, die nicht hält, was sie auf den ersten Blick verspricht. Der GroKo-Vorschlag lässt Schlupflöcher groß wie Scheunentore. Das kann der Demokratie mehr schaden als nutzen.

Helfen Sie jetzt Druck zu machen, damit Union und SPD zügig handeln - und ein Lobbyregister einführen, das Hand und Fuß hat. Unterzeichnen Sie jetzt unseren Appell für ein starkes Lobbyregister und eine Legislative Fußspur!

An die Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung Der Austausch mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessengruppen gehört zur Demokratie. Doch dieser Austausch braucht Regeln, um einseitiger und intransparenter Einflussnahme vorzubeugen. Solche Regeln fehlen in Deutschland bisher weitgehend - anders als in vielen anderen Ländern. Das hat zu einem deutlichen Verlust an Vertrauen in die Politik geführt. Doch Demokratie lebt von der Beteiligung und Zustimmung der Menschen. Wir fordern Sie auf: Stellen Sie Transparenz in der politischen Interessenvertretung her und führen Sie ein verpflichtendes Lobbyregister ein! Das Lobbyregister muss mindestens folgende Kriterien erfüllen:
  • Es muss auf gesetzlicher Grundlage stehen und Lobbyarbeit klar definieren.
  • Es muss Lobbyarbeit gegenüber Bundestag und Bundesregierung erfassen.
  • Es muss alle Lobbyakteure umfassen: Verbände, Unternehmen, NGOs, Gewerkschaften, Agenturen und Stiftungen sowie Anwaltskanzleien, insoweit sie als Lobbyisten tätig sind und damit über den Bereich der Rechtspflege hinausgehen.
  • Es muss möglichst aktuell sichtbar machen, wer von wem für Lobbyarbeit beauftragt wurde und welches Budget dabei eingesetzt wird.
  • Es muss klare Regeln für die Lobbyarbeit und Sanktionen bei Regelverstößen festlegen.
  • Lobbyakteure müssen angeben, zu welchen Gesetzen, Verfahren oder Entscheidungen sie Lobbyarbeit machen.
Sorgen Sie zudem für mehr Transparenz im Gesetzgebungsprozess durch eine Legislative Fußspur, die sichtbar macht, welche Akteure in welcher Weise an der Gesetzesformulierung beteiligt waren. Dazu gehört unter anderem die Offenlegung von Lobbytreffen in Bezug auf Gesetzgebungsverfahren. Mit freundlichen Grüßen, [Ihr Name wird automatisch angehängt]

Hintergrund zur Aktion

Warum gibt es bisher kein verpflichtendes Lobbyregister in Deutschland?

Kurz gesagt: Weil sich im Bundestag bisher keine politische Mehrheit dafür ausgesprochen hat. Dabei zeigen Umfragen schon seit Langem, dass die Wähler*innen aller im Bundestag vertretenen Parteien mit großer Mehrheit ein verpflichtendes Lobbyregister wollen. In den vergangenen Legislaturperioden waren es vor allem CDU und CSU, die jede Initiative hin zu mehr Transparenz im Lobbyismus ausgebremst haben. Dabei wurden manchmal keine, manchmal fadenscheinige Argumente ins Feld geführt: Man brauche das nicht, die Politik sei längst hinreichend transparent. Ein Register für Lobbyisten würde zu viel Bürokratie verursachen und die Abgeordneten in ihrer Arbeit behindern – Stichwort „freies Mandat“. Auch aus der Lobby gab und gibt es immer wieder Widerstand und Bedenken.

Warum gibt es jetzt eine Chance, das zu ändern?

Unsere langjährige Überzeugungsarbeit zahlt sich endlich aus, der Wind hat sich gedreht: Alle Fraktionen im Bundestag befürworten nun im Prinzip ein Lobbyregister. Dazu beigetragen hat, dass wir gemeinsam mit Abgeordnetenwatch.de 2017 einen Gesetzentwurf entwickelt haben, mit dem wir gezeigt haben, wie es gehen könnte. Kurz darauf entstanden weitere Gesetzentwürfe: bei der SPD und auch bei der CDU, die allerdings nicht über das Entwurfsstadium hinauskamen. Nach den letzten Bundestagswahlen brachte die Linke schließlich als erste Partei einen Gesetzentwurf ins Parlament ein. Dieser Entwurf besteht in großen Teilen aus dem, was wir zuvor veröffentlicht hatten. Bündnis 90/ Die Grünen machen sich schon lange für ein verpflichtendes Lobbyregister stark und setzten sich im Bundestag mit Anträgen dazu ein. Selbst die FDP, die in den vergangenen Jahren von einem Lobbyregister nichts wissen wollte, hat nun einen eigenen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem sie mehr Transparenz und Regeln für die politische Interessenvertretung fordert. Der Sinneswandel der wirtschaftsnahen Parteien ist dabei auch von einer Trendwende innerhalb der Lobbyszene motiviert: Immer mehr Lobbyist:innen sprechen sich offen für ein verpflichtendes Lobbyregister aus. Dahinter steckt der Wunsch nach klaren Regeln, die für alle gleichermaßen gelten. Man möchte raus aus der „Schmuddelecke“ und sich von „schwarzen Schafen“ distanzieren. Große Wirtschaftsverbände wie der Verband der Chemischen Industrie und auch der BDI fordern Lobbytransparenz inzwischen aktiv ein. Das hat auch bei den Blockierern in der Politik Eindruck gemacht. Allerdings: Das, was Lobbyisten sich als Lobbyregister wünschen, ist oft nicht ausreichend. Wer wirkliche Lobbytransparenz will, muss in der Debatte jetzt genau aufpassen.[/peanuts-petition-jumpto]

Worum dreht sich die aktuelle Debatte, wenn doch alle mehr Transparenz wollen?

Bekanntlich steckt der Teufel im Detail. Es macht einen entscheidenden Unterschied, wie genau ein Lobbyregister ausgestaltet ist. Die wichtigsten Kriterien haben wir im Appell an die Politik (siehe oben) festgehalten. Manches davon sehen Lobbyist*innen und Politiker*innen noch anders. Ganz grundlegend geht es um die Frage, ob ein Lobbyregister überhaupt für alle Lobbyist:innen verpflichtend sein sollte. Wir sagen: Ja, natürlich – und dazu muss es auf festen gesetzlichen Füßen stehen. Ein Gesetz muss verbindlich bestimmen, wer Lobbyist:in ist und wer sich deshalb registrieren und bestimmte Angaben machen muss. In der Diskussion wird aber auch immer wieder die Idee vorgebracht, das Lobbyregister freiwillig zu gestalten. Das hätte natürlich den Nachteil, dass sich gerade diejenigen, die etwas verbergen wollen, nicht eintragen. Damit sie sich dennoch registrieren, wurde vorgeschlagen, ihnen Anreize zu geben. Das könnten zum Beispiel Hausausweise für den Bundestag sein. Jedoch: Sind die Anreize schwach, fällt es leicht, auf die Registrierung zu verzichten. So ist es für Lobbyist:innen kein Problem, auf einen Hausausweis zu verzichten, denn die Lobbyarbeit wird dadurch nicht behindert. Strittig ist auch, welche Lobbyarbeit das Register erfassen soll: nur die gegenüber den Bundestagsabgeordneten oder auch die, die auf die Bundesregierung mit den Ministerien zielt? Für uns ist klar, dass die Bundesregierung nicht ausgeklammert werden darf. Zwar steht der Bundestag als gesetzgebendes Organ im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Doch die meisten Gesetze und auch sonst viele wichtige politische Entscheidungen werden in den Ministerien der Bundesregierung formuliert bzw. getroffen. Das wissen Lobbyisten und „bespielen“ die Ministerien entsprechend intensiv. Ein Lobbyregister, das nur Lobbyismus mit Zielscheibe Bundestag erfasst, würde einen großen, wenn nicht sogar den größten Teil des Lobbyismus gar nicht erfassen. Eine besondere Debatte gibt es um die Frage, ob auch Anwaltskanzleien, die Lobbyarbeit machen, verpflichtet werden dürften, sich in ein Lobbyregister einzutragen und diese Lobbyarbeit ein Stück weit offenzulegen. Es gibt immer mehr, oft große und global agierende Kanzleien, die sich auf Lobbyarbeit spezialisiert oder eigene Abteilungen dafür haben, weshalb ein Lobbyregister aus unserer Sicht hier keine Lücke lassen darf. Bedenken gibt es mit Blick auf das Anwaltsgeheimnis. Dieses schützt allerdings nur die anwaltliche Vertretung innerhalb der Rechtspflege, das heißt in allen Verfahren, bei denen es um die Anwendung des geltenden Rechts geht. Für Lobbyarbeit in der politischen Arena, die ja auf Rechtsetzung zielt, also auf die Schaffung neuer Gesetze und neuer politischer Grundentscheidungen, kann das Anwaltsgeheimnis keine Geltung beanspruchen. Weitere Streitpunkte gibt es mit Blick auf die Angaben, die gemacht werden sollen. Sollen Lobbyisten ihre Budgets offenlegen? Und auch die Gesetzesvorhaben oder sonstigen politischen Projekte, die Gegenstand ihrer Arbeit sind? Aus unserer Sicht ist es genau das, was ein Lobbyregister ausmacht: Die Öffentlichkeit muss sehen, wer wen in welchem Umfang finanziert, welcher Aufwand betrieben wird und wozu. Dagegen gibt es noch erhebliche Widerstände. Viele Lobbyisten, die ein Register fordern, wollen sich (noch) nicht wirklich in die Karten blicken lassen, sondern sich weiter hinter dem Geschäftsgeheimnis verstecken. Aber Lobbyismus ist kein Geschäft wie jedes andere: Es geht um Einflussnahme auf unsere Gesetze, die Regeln unseres Zusammenlebens und die Frage, ob und inwieweit Einzelinteressen das Gemeinwohl gefährden können. Deshalb muss eine demokratische Öffentlichkeit Einblick in wesentliche Daten haben.

Warum brauchen wir überhaupt ein Lobbyregister?

In welchem Auftrag und woran arbeiten Lobbyagenturen und Lobbykanzleien? Welche ehemaligen Politiker:innen oder Ministerialbeamte sind inzwischen als Lobbyist:innen unterwegs, und für wen? Welche Verbände und Unternehmen mischen in welcher Weise bei wichtigen politischen Fragen mit? Ob Klimapolitik, Finanzmarktregulierung oder Steuern: Lobbyismus spielt in fast jedem Politikfeld eine wichtige Rolle. Doch auf viele zentrale Fragen erhält die Öffentlichkeit und zum Teil auch die Politik keine umfassenden Antworten. Kunden von Lobbyagenturen werden oft nur durch investigative Recherche öffentlich sichtbar. Dabei können das große oder kleine Unternehmen sein, Verbände oder zum Teil auch ausländische Regierungen oder internationale Konzerne. Wir sagen: Wer bei der Politik mitreden will, soll das mit offenem Visier tun. Für faire demokratische Prozesse ist es essentiell zu wissen, wer für wen spricht, wer wen finanziert. Das ist auch bei manchen Vereinen, Stiftungen oder Denkfabriken nicht klar. Das Lobbyregister soll genau diese Verbindungen sichtbar machen und Ross und Reiter klar benennen. Wenn Transparenz fehlt, verschafft das vor allem denjenigen Vorteile, die über informelle Wege einen Informationsvorsprung erlangen und durch privilegierte Zugänge Argumente, Informationen und Interessen besser in den politischen Prozess einbringen können. Mangel an Transparenz verstärkt somit gesellschaftliche Ungleichgewichte und begünstigt unausgewogene Politikergebnisse. Auch aus ökonomischer Perspektive kann unregulierter Lobbyismus zu erheblichen Verzerrungen führen, stimmen doch die Interessen von kleineren Unternehmen keineswegs immer mit denen international tätiger Großkonzerne überein, die oft über eigene Abteilungen für die politische Interessenvertretung verfügen. Zudem ermöglichen undurchsichtige Strukturen die Anwendung unlauterer oder illegitimer Lobbymethoden. Dies gilt etwa für verdeckte Lobbyarbeit, bei der absichtlich vertuscht wird, wer der tatsächliche Auftrag- oder Geldgeber ist. Bleibt Lobbyismus undurchsichtig, gefährdet das nachhaltig das Vertrauen in die Integrität der demokratischen Institutionen. Die Bürger:innen sollten das Recht haben, zu erfahren, wer in wessen Auftrag, mit welchem Ziel und mit welchen Mitteln versucht, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Auch für politische Entscheidungsträger liefert mehrt Transparenz wertvolle Informationen, die für eine ausgewogene Abwägung verschiedener Interessen hilfreich sind. Politische Partizipation wird dabei nicht verhindert, es kann sogar dazu angeregt werden. Ein verpflichtendes Lobbyregister ist also die Basis, die für jegliche ernsthafte Lobbyregulierung mindestens gegeben sein muss. Es geht dabei eben nicht nur um das Register an sich, sondern auch darum, allgemeinverbindliche Regeln, Standards und Schranken für den Lobbyismus einzuführen.

Gibt es nicht bereits ein Lobbyregister beim Deutschen Bundestag?

Nein. Gelegentlich verweisen Politiker:innen auf die sogenannte Verbändeliste des Deutschen Bundestages. Manche sprechen dabei von einem „Lobbyregister“. Das ist irreführend. Denn die Verbändeliste erfüllt keines der Kriterien für eine wirksame Transparenzregulierung: Erstens ist die Eintragung freiwillig. Zweitens steht sie nur einigen Lobbyakteuren offen – nämlich Verbänden, während Agenturen, Kanzleien und Konzerne sich nicht einmal eintragen könnten, wenn sie es wollten. Und drittens sind die Angaben so nichtssagend wie ein Telefonbuch: Sie umfassen im Wesentlichen nur Name, Adresse und Telefonnummer der Verbände.

Wie steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern da?

Deutschland hat erst als letztes Land in der EU die UN-Konvention gegen Korruption umgesetzt. Ganz so schlimm sieht es in Sachen Lobbytransparenz nicht aus. Doch viele Länder sind deutlich weiter, innerhalb der EU und außerhalb. Zuletzt führten Frankreich und Irland ein Lobbyregister ein, zuvor Großbritannien und Österreich. Letztere zeigen allerdings eher, wie man es nicht machen sollte. Das EU-Transparenzregister, das Brüsseler Lobbyregister, kann sich dagegen inzwischen sehen lassen. Kanada und natürlich die USA, das Mutterland des Lobbyismus, verfügen schon seit Jahrzehnten über Lobbyregister. Vollkommen fehlerfrei und ideal ist keines der bestehenden Register. Aber es gibt vieles, was Deutschland von ihnen lernen kann – manchmal auch, wie etwa im Fall des nicht-öffentlichen Registers in Österreich, was alles schiefgehen kann.

Was ist der Unterschied zwischen einem Lobbyregister und einer „legislativen Fußspur“?

Beim Lobbyregister geht es vor allen Dingen darum, einheitliche Regeln für alle Lobbyist:innen festzulegen und ihre Auftraggeber, Finanzierung, Verbindungen sichtbar zu machen. Wer arbeitet in wessen Auftrag woran? Welches Gesetz, welche Verordnung, welche Entscheidung soll beeinflusst werden? Die legislative Fußspur würde das ergänzen. Sie setzt nicht auf Seite der Lobby an, sondern bei den Ministerien der Bundesregierung und dem Bundestag - also dort, wo die Gesetze gemacht werden. Die legislative Fußspur zeichnet nach, wer tatsächlich in welcher Weise an der Entstehung eines konkreten Gesetzes beteiligt war. Dazu müssen die Behörden, also zum Beispiel ein Ministerium, öffentlich dokumentieren: Mit welchen Akteuren wurde gesprochen? Welche formellen und informellen Stellungnahmen sind eingegangen? Und was sind deren Inhalte? Diese Informationen wären auch für die Abgeordneten des Bundestages hilfreich. Sie könnten dann besser beurteilen, welchen Hintergrund ein Gesetzentwurf der Bundesregierung hat, bevor sie im Parlament darüber abstimmen. So würde beispielsweise sichtbar werden, wenn sich die Beamt:innen im Finanzministerium bei einem Gesetz zur Bankenregulierung ausschließlich mit Banken und deren Verbänden ausgetauscht haben. Oder auch, wenn Gesetzentwürfe stellenweise aus Vorschlägen von Lobbyist:innen zusammenkopiert wurden. Die Legislative Fußspur wäre also eine wichtige Ergänzung des Lobbyregisters.

 

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