Pressemitteilung

Lobbyreport 2024: Großer Fortschritt bei Lobbyregeln … und was die Ampel noch tun müsste

Unter dem Druck der Lobbyskandale der vorigen Wahlperiode hat die Ampelkoalition viele neue Regeln für Lobbyismus auf den Weg gebracht. Der neue Lobbyreport 2024, den LobbyControl heute vorgestellt hat, zeigt den Fortschritt und wie die neuen Regeln wirken: Verschärfungen beim Lobbyregister, der Parteienfinanzierung, Seitenwechseln oder gegen Korruption von Abgeordneten.

von 14. März 2024

Nach gut zwei Jahren hat die Ampel damit viele Vorhaben aufgeholt, die jahrzehntelang versäumt wurden. Trotzdem bleiben gravierende Missstände, die behoben werden müssen, um das Vertrauen in unsere Demokratie zu stärken.

Deutschland endlich auf dem Weg zu zeitgemäßen Lobbyregeln

Timo Lange, Experte für Lobbyregulierung und Co-Autor des Lobbyreports:

„Die Bilanz der Ampelkoalition bei der Transparenz- und Lobbyregulierung kann sich nach gut zwei Jahren Regierungszeit durchaus sehen lassen. Das Lobbyregister ist reformiert und endlich gibt es auch eine Lobby-Fußspur für Gesetze, das sind zwei wichtige Elemente für transparentere Politik. Auch mit der umfassenden Reform des Abgeordnetenrechts und einigen Verbesserungen bei der Transparenz der Parteienfinanzierung ist Deutschland nun endlich auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Regelungsrahmen für Transparenz und Integrität in der Politik.

Trotzdem bleibt noch viel zu tun, denn weiterhin bestehen gravierende Lücken und Missstände. Vor allem werden die bestehenden Regeln nicht konsequent durchgesetzt und kontrolliert, und zwar in allen Feldern, die wir im Lobbyreport betrachten. Außerdem wurde in dieser Wahlperiode besonders sichtbar, dass wir eine starke, politisch unabhängige Aufsicht für Transparenz und Integrität brauchen. Dass es nicht genügt, dass Institutionen sich selbst kontrollieren, wird leider immer wieder deutlich.“

Verbesserungen bei Parteispenden – doch Geld bedeutet noch immer mehr Einfluss

Aurel Eschmann, Experte für Lobbyregulierung und Co-Autor des Lobbyreports:

„Mit der Regelung für das Parteisponsoring und den neuen Vorgaben für Wahlwerbekampagnen durch Dritte hat die Ampelkoalition zwei lang bestehende Missstände behoben. Auch dass mehr hohe Spenden unverzüglich veröffentlicht werden müssen, ist ein spürbarer Transparenzgewinn. Trotzdem bleibt die Transparenz bei den Parteispenden unzureichend. Doch das größte Defizit ist, dass es auch weiterhin keine Obergrenze für Spenden und Sponsoring gibt. Damit ist Geld in unbegrenztem Ausmaß an politischen Einfluss gekoppelt, das darf nicht sein. Negativbeispiele wie der Fall um die Parteispende von Christoph Gröner an die Berliner CDU machen diese Problematik allzu deutlich. Und auch hier zeigt sich: Regeln sind wertlos, wenn sie nicht durchgesetzt oder kontrolliert werden.“

Mangelhafter Umgang: Interessenkonflikte in Bundesministerien

In dieser Wahlperiode ist der mangelhafte Umgang mit Interessenkonflikten in Bundesministerien prominent in den Fokus gerückt. Das gilt für persönliche Verflechtungen wie im Fall Graichen oder Bonhoff, aber auch für finanzielle Angelegenheiten wie bezahlte Vortragstätigkeiten oder Unternehmensbeteiligungen von hochrangigen politischen Entscheidungsträger:innen. Es braucht dringend modernisierte Compliance-Regeln und -Verfahren in den Bundesministerien.

„Wer Compliance-Regeln aus größeren Unternehmen kennt, wird sich wundern, wie Compliance-Fragen in den Bundesministerien behandelt werden. Dass Mitglieder der Bundesregierung und politische Beamt:innen noch nicht einmal private finanzielle Interessen oder Unternehmensbeteiligungen anzeigen müssen, ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Auch bei Besetzungs- und Bewilligungsverfahren kann es auf Grund privater Beziehungen zu potenziellen Interessenkonflikten kommen, wie prominente Fälle in dieser Wahlperiode zeigten. Der Umgang mit diesen Interessenkonflikten ist völlig unzureichend – und das gilt zum Teil auch für die Aufklärung und Aufarbeitung entsprechender Vorgänge, wie etwa bei der Wasserstoff-Affäre im Verkehrsministerium“, so Timo Lange weiter.

Effektive Lobbyregeln stärken Vertrauen in die Demokratie

Imke Dierßen, Politische Geschäftsführerin von LobbyControl:

„Der heutige Lobbyismus ist durch ein starkes Machtgefälle gekennzeichnet: Wer über weniger Geld und Zugänge zur Politik verfügt, steht im Zweifel hinten an. Das führt zu unausgewogenen politischen Entscheidungen. Die Bürger:innen sehen diesen starken Einfluss von Lobby-Gruppen als großes Problem und fühlen sich nicht repräsentiert. Das Vertrauen in demokratische Politik nimmt mit jedem Lobbyskandal weiteren Schaden. Dieses verlorene Vertrauen in unsere Demokratie muss wieder aufgebaut werden, deshalb sind effektive Lobby- und Transparenzregeln so wichtig. Außerdem braucht es eine politische Kultur, in der Offenheit und Integrität groß geschrieben werden und Regelverletzungen konsequent aufgeklärt werden.“


Hintergrund

Mit der Reihe Lobbyreport bilanziert LobbyControl seit 2013 die wichtigsten Entwicklungen in den Bereichen Lobbyismus und Lobbyregulierung in einer Wahlperiode.
Der Lobbyreport beleuchtet sechs Handlungsfelder:

  • Transparenz der Interessenvertretung: Lobbyregister
  • Transparenz der Einflüsse Dritter bei Gesetzesvorhaben: Lobby-Fußspur
  • Seitenwechsel von der Politik zum Lobbying
  • Parteien- und Wahlkampffinanzierung
  • Interessenkonflikte und Nebentätigkeiten von Abgeordneten
  • Interessenkonflikte in den Bundesministerien

Beim Lobbyreport 2021 zum Ende der letzten Legislaturperiode stand die Bewertungsampel noch in zwei von damals fünf Handlungsfeldern auf Rot, in zwei weiteren auf Gelb. Durch die Fortschritte in fast allen betrachteten Feldern sieht die Bilanz diesmal deutlich besser aus. Mit Rot, also ungenügend, wird nun nur noch das neu betrachtete Feld „Interessenkonflikte in den Bundesministerien“ bewertet. Beim Lobbyregister, Seitenwechseln und bei Abgeordnetenregeln steht die Bewertungsampel dank der jüngsten Reformen sogar auf Grün-Gelb. Trotzdem gibt es in allen betrachteten Bereichen weiteren Verbesserungsbedarf.

Material

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