Pressemitteilung

Pressekommentar zum CDU-Parteitag: Rechtswidriger Parteivorstand ist keine Lappalie

Anlässlich des CDU-Parteitags hat LobbyControl letzte Woche ein Rechtsgutachten vorgelegt, das aufzeigt: Der Dauergaststatus des Lobbyverbands Wirtschaftsrat im Vorstand der CDU ist rechtswidrig.
21. Januar 2022

Anlässlich des CDU-Parteitags hat LobbyControl letzte Woche ein Rechtsgutachten vorgelegt, das aufzeigt: Der Dauergaststatus des Lobbyverbands Wirtschaftsrat im Vorstand der CDU ist rechtswidrig. Der Wirtschaftsrat der CDU ist kein Parteigremium. Seine Rolle als Dauergast an den Vorstandssitzungen widerspricht daher dem Parteiengesetz und der CDU-Satzung. Am Dienstag hat nun ein CDU-Mitglied angekündigt, notfalls den Klageweg in dieser Sache zu gehen. Trotz zahlreicher Aufforderungen von LobbyControl, zu dem Gutachten Stellung zu nehmen, schweigt die CDU bisher zu dem Vorwurf.

Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl kommentiert:

„Die Vorwürfe gegen die CDU wiegen schwer. Ein Lobbyverband mit Dauersitz im Parteivorstand steht für problematische Verflechtungen zwischen Politik und Lobbyinteressen. Das ist politisch fragwürdig, aber – wie das Rechtsgutachten zeigt – auch juristisch. Ein rechtswidrig zusammengesetzter Parteivorstand ist keine Lappalie, die sich einfach aussitzen lässt. Das Grundgesetz verpflichtet Parteien auf demokratische Grundsätze und Strukturen. Darüber darf Merz nicht einfach hinwegsehen. Und doch: Merz und die Parteispitze haben sich offenbar entschieden, den Fall auszusitzen. Das ist ein gefährlicher Weg, der der Partei und dem Vertrauen in die Politik insgesamt schaden könnte. Eine Niederlage auf dem Rechtsweg wäre ein fatales Signal an die Öffentlichkeit und die Mitgliedschaft der Partei.

Die Lobbyskandale rund um die Maskendeals im letzten Frühjahr haben der CDU schweren Schaden zugefügt und das Vertrauen in ihr Führungspersonal nachhaltig geschwächt. Auch die engen Verbindungen zwischen dem Wirtschaftsrat und der Partei stehen für mangelnde Distanz zwischen Parteianliegen und Lobbyinteressen. Gerade Friedrich Merz gilt als früher Blackrock-Lobbyist als Mann des großen Geldes und war bis vor kurzem selbst Spitzenfunktionär im Lobbyverband Wirtschaftsrat. Damit die angekündigte Erneuerung der Partei glaubwürdig ist, muss Merz jetzt handeln und eine klare Trennlinie zwischen Lobbyinteressen und Parteianliegen ziehen. Wir fordern Friedrich Merz auf: Stellen Sie die innerparteiliche demokratische Ordnung der Partei wieder her und entziehen Sie dem Wirtschaftsrat seine Sonderrechte im Parteivorstand!“

Hintergrund

LobbyControl hat letzten Mittwoch ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das begründet, warum der Dauergaststatus des Wirtschaftsrat der CDU nicht rechtmäßig ist. Die Mitgliedschaft eines parteiexternen Verbands ist weder im Parteiengesetz noch in der CDU-Satzung vorgesehen. LobbyControl hat die Kanzlei Günther aus Hamburg beauftragt, das Gutachten zu erstellen.

Der Wirtschaftsrat ist – anders als sein Namen vermuten lässt – kein Parteigremium, sondern als unternehmerischer Berufsverband organisiert. Er hat keine formalen Verbindungen zur Partei CDU. Trotzdem profitiert die Präsidentin des Verbands von einem dauerhaften Teilnahmerecht an den Sitzung des CDU-Bundesvorstands. LobbyControl hatte diese Konstruktion schon im März 2022 in einer Studie kritisiert.

LobbyControl ist als Verein nicht klageberechtigt. Ein CDU-Mitglied kann aber zunächst die Rechte auf Auskunft wahrnehmen, um dann vor das Parteigericht zu ziehen. Dazu hatte LobbyControl die CDU-Mitglieder in einem Offenen Brief aufgefordert. Ein CDU-Mitglied aus Leipzig hatte sich daraufhin bereit erklärt, den Klageweg zu gehen.

Am morgigen Samstag findet der digitale CDU-Parteitag statt, auf dem der designierte Parteivorsitzende Friedrich Merz offiziell zum Parteichef gewählt werden soll. Friedrich Merz hatte jahrelang Spitzenfunktionen im Wirtschaftsrat, sein letztes Amt als Vizepräsident hatte er erst im November letzten Jahres abgegeben. Sein persönlicher Pressesprecher arbeitet gleichzeitig für den Wirtschaftsrat. Auf dem Parteitag soll auch der übrige Parteivorstand neu gewählt werden. Die Aufnahme des Wirtschaftsrats in den Parteivorstand erfolgte – laut Auskunft eines Parteisprechers – regelmäßig auf den konstituierenden Sitzungen des Vorstands.

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