Parteienfinanzierung

Gröner-Spenden an die CDU: Parteien, verklagt den Bundestag!

Ein von uns beauftragtes Gutachten zeigt, dass 820.000 Euro Spenden eines Immobilienunternehmers an die CDU wahrscheinlich illegal waren. Die Begründung, weshalb die Untersuchung der Spenden eingestellt wurde, ist ebenfalls nicht zulässig. Wir fordern deshalb alle demokratischen Parteien auf, die Bundestagsverwaltung zu verklagen.

von 13. September 2023

2020 spendete Immobilienunternehmer Christoph Gröner insgesamt 820.000 Euro an die Berliner CDU: 320.000 Euro als Privatperson und 500.000 Euro über seine Gröner Family Office GmbH. Beide Spenden zusammen machten fast ein Fünftel des Gesamtbudgets der CDU Berlin aus.

Christoph Gröner, Immobilienunternehmer und
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Christoph Gröner, Immobilienunternehmer und Spender u.a. an die CDU

Spenden in einer solchen Höhe sind an sich schon problematisch, denn sie verhelfen Vermögenden und Unternehmen zu besonderen Einflussmöglichkeiten und können Parteien in Abhängigkeiten treiben. Genau deshalb brauchen wir in Deutschland dringend einen Spendendeckel.

Eine Spende mit Hintergedanken?

Die Spenden Gröners gerieten jedoch nicht nur wegen ihrer Höhe in die Kritik. 2021 gaben sowohl Christoph Gröner als auch der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner (damals Spitzenkandidat und heute Regierender Bürgermeister) in Interviews an, dass die Spende an konkrete Forderungen geknüpft gewesen sei. In einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur am 8.5.2021 sagte Gröner:

„Ich habe der CDU drei Bedingungen gesetzt. Ich habe gesagt, ich möchte, dass die Kinder im Kinderheim, die behindert sind, genauso viel Geld für ihre Kleider kriegen wie die nichtbehinderten. Die kriegen nämlich 200 Euro weniger. Ich habe gesagt: Wenn das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel nicht abschafft, dann möchte ich auch, dass die CDU den nicht abschafft, aber modifiziert. Ich habe noch eine dritte Forderung damit verbunden. Da ging es ein bisschen auch wieder um Kinderheime. Ich wollte gerne in Zukunft sicherstellen, dass wir dort eine Kommunikationsebene aufbauen, weil wir zweieinhalbtausend Kinder in Berlin unterstützen. […]“

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Sandro Halank, Wikimedia Commons - CC-BY-SA 4.0
Kai Wegner, Regierender Bürgermeister und CDU-Landesvorsitzender in Berlin

In einem Interview mit Jung & Naiv am 10.08.2021 erklärte Kai Wegner zu den Spenden von Christoph Gröner:

„Er hat einen Wunsch geäußert. Er hat zu mir gesagt: Herr Wegner, bitte tun Sie alles dafür, dass es nicht so viele Obdachlose in der Stadt gibt.“

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Wenn diese Forderungen wirklich in Zusammenhang mit der Spende übermittelt wurden, wäre die Spende illegal, die die CDU nicht hätte annehmen dürfen. Deswegen riefen wir im Mai 2022 die zuständige Bundestagsverwaltung auf, eine Untersuchung der Spende einzuleiten.

Im Juli 2023 stellte Bundestagsverwaltung jedoch die Prüfung des Vorgangs ein. Auf Nachfrage von Transparency International Deutschland gab sie folgenden Grund an:

Die Stellungnahme der CDU im Zusammenhang mit den Großspenden des Herrn Christoph Gröner und der Gröner Family Office GmbH im Jahr 2020 hat die einigen Medienberichten entnommenen Anhaltspunkte für einen möglichen Verstoß gegen das Parteiengesetz ausgeräumt. Insbesondere haben sich Hinweise auf eine mögliche Erfüllung des Tatbestands einer Einflussspende gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 7 Parteiengesetz nicht bestätigt.

Der genannte Verbotstatbestand erfasst jedoch nur solche Sachverhalte, bei denen eine Spendenzahlung erkennbar in einer so gearteten Kausalbeziehung mit einer von einer Partei getroffenen oder von ihr zu treffenden Entscheidung steht, dass diese Entscheidung der Partei ohne die Spendenleistung nicht oder nicht in dieser Weise getroffen würde oder getroffen worden wäre. Der Sanktionstatbestand soll verhindern, dass politische Entscheidungen käuflich werden. In diesem Sinne interpretierbare öffentliche Aussagen des Herrn Gröner wurden zwischenzeitlich nachvollziehbar richtiggestellt. Das Verwaltungsverfahren wurde daher – vorbehaltlich neuer Erkenntnisse – eingestellt.“

Sowohl die Beurteilung der Spende als auch die Begründung der Bundestagsverwaltung hielten wir für fragwürdig. Deshalb beauftragten wir ein Gutachten bei der Parteienrechtsexpertin Prof. Sophie Schönberger, welches sowohl Gröners Parteispende als auch die Begründung der Bundestagsverwaltung auf ihre Rechtmäßigkeit untersucht.

Parteien, verklagt den Bundestag!

Eine wahrscheinlich illegale Parteispende des Immobilienunternehmers Christoph Gröner an die Berliner CDU soll unter den Teppich gekehrt werden. Fordern Sie die Parteivorsitzenden jetzt zur Klage auf! Unterzeichnen Sie unseren WeAct-Appell!

Rechtsgutachten widerlegt Einschätzung der Bundestagsverwaltung

Das Gutachten von Professor Schönberger bestätigt, dass wenn die Aussagen von Christoph Gröner und Kai Wegner als Tatsachen betrachtet werden, die Spende den Tatbestand einer Erwartungsspende gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 7 PartG erfüllt. Entscheidend ist, dass Spenden dann schon illegal sind, wenn sie in Erwartung eines bestimmten politischen, auch ideellen Vorteils für den Geldgeber gezahlt werden. Ein unmittelbarer subjektiver Nutzen für den Geldgeber muss aber nicht entstehen. Spätere Aussagen von Gröner und Wegner, die ihre ursprünglichen Angaben revidieren, ordnet Schönberger als Schutzbehauptung ein.

Schönberger konkretisiert: „Das Spendenannahmeverbot erfasst damit nicht nur Fälle der tatsächlichen Käuflichkeit von Parteientscheidungen, sondern auch Konstellationen, in denen lediglich ein entsprechender Anschein geweckt wird.“ Gröner habe nicht nur „zum Ausdruck gebracht, dass seine Spenden in Erwartung eines politischen Vorteils geleistet wurden, sondern diese Erwartung auch der CDU gegenüber zum Ausdruck gebracht.“

Das Gutachten kommt auch zu dem Schluss, dass die Begründung, mit der die Bundestagsverwaltung ihre Überprüfung eingestellt hat, eine „objektive Kausalität zwischen Spende und (zukünftiger) Entscheidung der Partei“ einfordert um diese als illegal einzuordnen. Jedoch finde sich „weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur [...] eine Stütze für diese Auslegung.“ Die Argumentation sei in sich schon unstimmig, denn „ein kausaler Zusammenhang zu einem in der Zukunft liegenden Ereignis kann hingegen schon aus logischen Gründen nicht bestehen, weil eine Wirkung eben gerade noch nicht eingetreten ist.“

Parteien, verklagt den Bundestag!

Es deutet also alles darauf hin, dass die CDU Gröners Spenden zurückweisen hätte müssen, und dass die Bundestagsverwaltung also ihre Untersuchung nicht einstellen durfte. Sie erfindet sich sogar einen neuen Rechtsrahmen, nur um nicht weiter ermitteln zu müssen. Wir fordern daher die Parteien in Deutschland dazu auf, die Bundestagsverwaltung auf Verhängung einer Sanktion zu verklagen. Nur Parteien können hier den Rechtsweg als benachteiligte Partei gehen, doch ein solcher Prozess hat große Bedeutung für die Demokratie. Es darf nicht sein, dass Großspenden in Erwartung von politischen oder wirtschaftlichen Gegenleistungen gewährt werden und das folgenlos bleibt. Das Gericht muss den Verdacht der Einflussspende aufklären, und gegebenenfalls die Bundestagsverwaltung dazu verpflichten, Sanktionen gegen die CDU zu verhängen. Auch das Nichthandeln der Bundestagsverwaltung muss dringend gerichtlich geprüft werden, denn es darf kein Präzedenzfall für ähnliche Konstellationen in der Zukunft entstehen. Wegen der Spendenhöhe stehen empfindliche Strafen im Raum, im schlimmsten Fall müsste die CDU 2,4 Millionen € Strafe zahlen.

Die Linke, Berlin, die Berliner Grünen und „Die Partei“ reagierten auf unsere Aufforderung und kündigten an, den Rechtsweg gegen die Bundestagsverwaltung zu prüfen.

Konfrontiert mit unserem Gutachten wiederholte die Bundestagsverwaltung ihre Argumentation: Verboten seien Parteispenden, in deren Folge eine Partei Entscheidungen treffe, die ohne die finanzielle Zuwendung nicht getroffen würden. Das sei im Hinblick auf die Berliner CDU aber nicht der Fall, erklärte die Verwaltung. Gröners Äußerungen seien „zwischenzeitlich nachvollziehbar richtiggestellt“ worden. Diese Argumentation bestätigt uns in unserem Aufruf zur Klage, denn es scheint nur über den Rechtsweg möglich zu sein, die Verwaltung zur Erfüllung ihrer Pflichten zu bringen.

Der Fall zeigt jedoch, dass es grundsätzlich eine stärkere und unabhängigere Kontrollbehörde in Deutschland braucht, denn Spenden in solchen Höhen sind ein Einfallstor für die Beeinflussung des politischen Prozesses. Wir brauchen eine umfassende Reform der Regeln für Parteienfinanzierung mit einem Spendendeckel von 50.000 Euro pro Jahr, flankiert mit einer unabhängigen und schlagkräftigen Kontrollbehörde, wie es sie beispielsweise in Frankreich schon gibt.

Parteispenden: Jetzt Deckel drauf!

Spenden für Parteien dürfen in Deutschland beliebig hoch sein. Das ist undemokratisch, da viel Geld viel Einfluss bedeutet. Es muss endlich ein Deckel auf die Parteispenden!


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