Zusammenfassung
Unsere neue Analyse zeigt: Die Digitalindustrie hat ihre EU-Lobbyausgaben auf ein Rekordniveau gesteigert. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Die Digitalindustrie gibt inzwischen jährlich 151 Millionen Euro für Lobbyarbeit in der EU aus – ein Anstieg um 33,6 % seit 2023 und um 55,6 % seit 2021. Das ist der höchste jemals verzeichnete Lobbyetat des Technologiesektors in Brüssel.
- Die zehn Unternehmen mit den höchsten Lobbyausgaben sind für 48 Millionen Euro verantwortlich – das ist ein Drittel der gesamten Lobbyausgaben der Digitalbranche. Spitzenreiter ist Meta mit zehn Millionen Euro.
- Die Zahl der Digital-Lobbyistinnen ist von 699 auf 890 Vollzeitäquivalente (FTE) gestiegen. Damit gibt es inzwischen mehr Tech-Lobbyistinnen als Abgeordnete im Europäischen Parlament. 437 von ihnen verfügen über einen Lobbyausweis – das verschafft ihnen nahezu uneingeschränkten Zugang zum Parlament.
- Big Tech führte in der ersten Hälfte des Jahres 2025 durchschnittlich drei Lobbytreffen pro Tag – ein deutliches Zeichen für ihren privilegierten Zugang zu EU-Entscheidungsträgerinnen. In diesem Zeitraum fanden 378 Treffen mit leitenden Kommissionsvertreterinnen und Europaabgeordneten statt. Das entspricht im Schnitt mehr als einem Treffen pro Arbeitstag mit der Kommission (1,17) und fast zwei mit Abgeordneten (1,87).
- Big Tech hat sein ohnehin weit verzweigtes Lobby-Netzwerk weiter ausgebaut. Mittlerweile fließen über 9 Millionen Euro pro Jahr an Beratungsfirmen – ein kräftiger Aufschwung für Lobbyagenturen, Wirtschaftsgutachter*innen und PR-Büros. Zudem haben die großen Tech-Konzerne ihre Finanzierung von Thinktanks weiter erhöht.
Der massive Druck der US-Regierung unter Donald Trump, die Deregulierungswelle in Europa und der explosionsartige Anstieg der Lobbyausgaben der Tech-Industrie ergeben zusammen eine gefährliche Mischung. Sie bedroht jahrelange Fortschritte bei der Regulierung des Internets und der Eindämmung der Monopolmacht von Big Tech.
Die Lobbyausgaben der Digitalindustrie in Brüssel sind von 113 Millionen Euro im Jahr 2023 auf heute jährlich 151 Millionen Euro gestiegen. Das ist ein Zuwachs von 33,6 Prozent innerhalb von nur zwei Jahren. Verglichen mit dem Jahr 2021, als LobbyControl und Corporate Europe Observatory erstmals die Lobbymacht der Techbranche ausgewertet haben, fällt der Anstieg mit 55,6 Prozent in vier Jahren noch deutlicher aus.
Ihre üppigen Lobby-Budgets hat die Digitalindustrie dafür genutzt, um mit Nachdruck für eine Deregulierung der EU-Digitalpolitik zu werben. Diese Lobbyoffensive scheint Wirkung zu zeigen. In jüngster Zeit fordern etwa mehrere politische Entscheidungsträger*innen, die Arbeiten am KI-Gesetz (AI Act) auszusetzen. Zugleich gibt es koordinierte Versuche, die Datenschutzrechte der Bürgerinnen nach der DSGVO zu schwächen. Auch der Digitale Märkte-Gesetz (DMA) und das Digitale Dienste-Gesetz (DSA) werden von den großen Tech-Konzernen fortlaufend angegriffen. Teils geschieht das sogar mit Unterstützung aus der Trump-Administration.
Ein Jahrzehnt an Fortschritten bei den digitalen Rechten steht damit auf dem Spiel. Für die großen Tech-Konzerne wie Google, Meta, Amazon & Co ist dies die politische Gelegenheit, auf die sie seit Jahren hinarbeitet.
Top-Lobbyist*innen geben noch mehr aus
Die von LobbyControl und Corporate Europe Observatory (CEO) erhobenen und ausgewerteten Zahlen zeigen im Vergleich zur letzten Studie vor zwei Jahren zwei auffällige Trends:
Erstens konzentrieren sich die Ausgaben noch stärker auf die größten Tech-Konzerne, die ihre Lobbybudgets weiter erhöht haben. Allein zehn Unternehmen sind für Ausgaben von insgesamt 48 Millionen Euro verantwortlich – vor zwei Jahren waren es noch 40 Millionen Euro. Damit entfällt auf diese zehn Akteure rund ein Drittel der gesamten Lobbyausgaben der Tech-Branche. Wie in den Vorjahren führen die US-Tech-Giganten das Feld beim Lobbying in Europa an.
Deutlich mehr ausgegeben haben vor allem Amazon (+ 4,3 Mio. Euro), Microsoft und Meta (jeweils + 2 Mio. Euro) sowie der Branchenverband Digitaleurope (+ 1,25 Mio. Euro), in dem viele der großen Tech-Unternehmen Mitglied sind.
Zweitens ist in Brüssel eine große Zahl neuer Akteure hinzugekommen, die erst seit 2023 Lobbyarbeit bei den EU-Institutionen betreiben. Während vor zwei Jahren noch 565 digitale Unternehmen und Verbände auf EU-Entscheidungen Einfluss nahmen, sind es inzwischen 733 Lobbyakteure aus der Digitalwirtschaft.
Diese Zunahme lässt sich teilweise durch die wachsende Präsenz der KI-Branche erklären: so haben Firmen wie Mistral AI und Aleph Alpha Lobbyaktivitäten in Brüssel auf- und ausgebaut. Auch der „General-Purpose AI Code of Practice“ hat eine intensive Lobby-Schlacht ausgelöst, an der sich Hunderte Unternehmen (PDF) am Entwurfsprozess beteiligten. Darüber hinaus hat vermutlich auch die Verschärfung der EU-Transparenzregeln im Dezember 2024 dazu geführt, dass sich mehr Firmen im EU-Lobbyregister eintragen. Seitdem müssen sich auch Unternehmen registrieren, die Treffen mit höheren Beamt*innen der mittleren Führungsebene der EU-Kommission anstreben.
Digitalbranche übertrifft alle anderen Konzernlobbys
Die Finanzkraft der großen Tech-Konzerne beim Zugang zur Politik ist beispiellos – ihre Lobbyausgaben übertreffen die aller anderen Branchen deutlich. Mit 10 Millionen Euro ist Meta das Unternehmen mit den höchsten Lobbyausgaben in der EU. Auffällig: Fünf der sechs größten Lobbyakteure Europas stammen aus der Tech-Branche.
Der Trend ist eindeutig. Die Digitalindustrie gibt deutlich mehr für politische Einflussnahme aus als andere Konzerne mit traditionell starkem Lobbyeinfluss auf die EU-Agenda. So geben die zehn größten Digitalkonzerne mit insgesamt 48 Mio. Euro mehr für Lobbyarbeit aus, als die zehn größten Konzerne der Pharma-, Finanz- oder Automobilindustrie mit 42,75 Mio. Euro zusammen.
Bereits Anfang des Jahres hatten LobbyControl und Corporate Europe Observatory und in einer weiteren Analyse (mit anderer Methodik) bestätigt, dass keine andere Branche so viel für Lobbyarbeit in Brüssel ausgibt wie die Tech-Industrie.
Ein Schwarm von Tech-Lobbyist*innen
Der starke Anstieg der Ausgaben zeigt sich auch in der Zahl der Lobbyist*innen. Beschäftigte in der Digitalbranche waren 2023 rund 699 Vollzeitstellen (Full-Time Equivalents, FTE) – inzwischen sind es 890 FTE. Damit arbeiten heute mehr hauptberufliche Lobbyistinnen an der EU-Digitalpolitik als es Abgeordnete im Europäischen Parlament gibt. Von ihnen verfügen 437 über Zugangsausweise, die ihnen nahezu uneingeschränkten Zutritt zum Parlament ermöglichen.
Nach einer Reihe von Korruptionsskandalen, die teilweise oder vollständig mit der Tech-Branche in Verbindung standen, hat das Parlament inzwischen begonnen, die Nutzung dieser Akkreditierungen stärker zu regulieren. Besonders stark vertreten sind dabei Digitaleurope (27 Lobbyausweise), Google (16), Microsoft (11) sowie der Telekom-Lobbyverband GSMA Europe (10).
Mehr als ein Treffen pro Tag
Neben dem erheblichen politischen Druck, den die Drohungen der US-Regierung unter Donald Trump auf den Umgang der EU mit den großen Digitalkonzernen ausüben, befindet sich auch Europa selbst in einer Welle der Deregulierung, in der Unternehmensinteressen zunehmend die politische Agenda bestimmen.
Doch die großen Tech-Konzerne wollen ihren Einfluss auf die europäische Digitalpolitik noch weiter ausbauen. Die Digitalbranche verfügt nicht nur über die höchsten Lobbybudgets und eine Vielzahl von Lobbyistinnen. Sie hat auch über außergewöhnlich guten Zugang zu den EU-Institutionen. Zwischen Januar und Juni 2025 trafen sich Vertreter*innen der großen Tech-Unternehmen 146 Mal mit hochrangigen Mitarbeitenden der Europäischen Kommission. Das entspricht im Schnitt mehr als einem Treffen (1,17) pro Arbeitstag. Amazon führte mit 43 Treffen die Liste an, gefolgt von Microsoft (36), Google (35), Apple (29) und Meta (27).
Das dabei mit Abstand am häufigsten besprochene Thema im ersten Halbjahr 2025 war Künstliche Intelligenz. In 58 Treffen der Kommission – also in 40 Prozent aller Gespräche – spielte das Thema eine Rolle. Besonders heftig wurde dabei über den „Code of Practice on General-Purpose AI“ lobbyiert. Weitere zentrale Themen waren der Ausbau von Rechenzentren und Cloud-Diensten (23 Treffen), der Digital Services Act (17 Treffen), der kommende Digital Fairness Act (16 Treffen) sowie der Digital Markets Act (ebenfalls 16 Treffen).
232 Lobbytreffen in nur sechs Monaten
Auch das Europäische Parlament stand im Fokus der Lobbystrategien. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 führten die großen Tech-Konzerne insgesamt 232 Treffen mit Europaabgeordneten – im Schnitt fast zwei (1,87) pro Arbeitstag. Meta lag mit 63 Treffen vorn, gefolgt von Amazon (49), Google (47), Apple (47) und Microsoft (34). (Diese Zahlen umfassen keine Treffen mit parlamentarischen Assistent*innen, da diese nicht unter die Transparenzregeln des Parlaments fallen. Die tatsächlichen Gesamtzahlen dürften also noch höher liegen.)
Die Abgeordneten mit den häufigsten Treffen mit Tech-Lobbyist*innen in diesem Zeitraum kamen allesamt aus der Europäischen Volkspartei (EVP): Jörgen Warborn (7 Treffen), Aura Salla (6 Treffen) und Pablo Arias Echeverría (5 Treffen). Besonders auffällig ist die Vielzahl an Treffen von Aura Salla mit der Tech-Lobby. Sie war früher selbst Lobbyistin bei Meta und steht in der Kritik, die Argumentationslinien der Branche weitgehend zu übernehmen.
Bemerkenswert – und enttäuschend – ist zudem, dass Europaabgeordnete weiterhin Lobbytreffen mit Amazon führen, obwohl dem Unternehmen im Februar 2024 die Zugangsausweise entzogen wurden. Es hatte eine Anhörung des Parlaments zu den Arbeitsbedingungen in seinen Logistikzentren boykottiert.
Ein Fest für Brüssels Lobbyberater
In den vergangenen Jahren wurde immer deutlicher, dass die großen Tech-Konzerne auf ein weitverzweigtes Lobbynetzwerk (PDF) setzen, um ihre Botschaften auf EU-Ebene zu verstärken. Von Lobbyagenturen über Frontorganisationen und Thinktanks bis hin zu wirtschaftsnahen Beratungsfirmen. Die Finanzierung und Unterstützung Dritter, die ihre Argumente weitertragen, ist ein zentraler Bestandteil von Big Techs Einflussstrategie.
Mit steigenden Ausgaben haben die Digitalkonzerne dieses Netzwerk weiter ausgebaut, um ihre monopolartige Macht zu sichern und auszudehnen.
Die gemeinsamen Ausgaben der großen Tech-Firmen für Beratungsunternehmen belaufen sich inzwischen auf über 9 Millionen Euro pro Jahr – ein enormer Geldsegen für Lobbyagenturen, Wirtschaftsberatungen und PR-Firmen. Amazon gibt mit 2,84 Millionen Euro am meisten aus, gefolgt von Apple mit 2,3 Millionen Euro und Meta mit 1,5 Millionen Euro.
Think Tanks verstärken Konzern-Narrative
Auch Think Tanks spielen eine Schlüsselrolle in Big Techs Netzwerk von Drittorganisationen. Sie tragen entscheidend dazu bei, die Narrative der Konzerne zu verstärken und die politische Agenda mitzugestalten. Zwar sind die genauen Summen, mit denen die großen Tech-Konzerne Thinktanks finanzieren, nicht öffentlich bekannt. Doch lässt sich feststellen, dass die Zahl der von Big Tech unterstützten Denkfabriken im Vergleich zu 2021 weiter gestiegen ist.
Während früher vor allem Google und Meta durch zahlreiche Förderungen auffielen, greifen inzwischen auch andere große Tech-Unternehmen verstärkt zu diesem Mittel. So erhalten Bruegel, das Centre for European Reform, das Centre for European Policy Studies (CEPS) und das Centre on Regulation in Europe (CERRE) mittlerweile Gelder von allen fünf großen Digitalkonzernen.
Zwar betonen die meisten dieser Thinktanks, unabhängige Forschung zu betreiben – und ihre Studien werden auch meist als solche präsentiert. Doch ihre dauerhafte Abhängigkeit von Tech-Geldern wirft erhebliche Zweifel an ihrer Unabhängigkeit auf. Andere Organisationen wie das Center for Data Innovation, das International Center for Law and Economics (ICLE) oder die Chamber of Progress treten noch offener als Sprachrohre der Tech-Lobby auf. Sie bezeichnen EU-Digitalregulierung als Handelshemmnis, attackieren Wettbewerbspolitik und diskreditieren Alternativen zu den großen Plattformen.
US-Regierung als Druckmittel
Der starke Anstieg der Lobbyausgaben der Tech-Industrie bedeutet eine massive Aufrüstung – just in dem Moment, in dem das digitale Regelwerk der EU von innen und außen unter starken politischen Druck gerät. Während die Kommission von der Leyen I Gesetze auf den Weg brachte, um die schlimmsten Auswüchse des toxischen Geschäftsmodells der Tech-Giganten einzudämmen und ihre Monopolmacht zu beschneiden, steht dieses Erbe nun auf dem Spiel.
Big Tech hat es geschafft, die US-Regierung als Druckmittel einzusetzen, um die europäischen Digitalregeln aggressiv anzugreifen. Im Januar bezeichnete Meta-Chef Mark Zuckerberg den Digital Services Act als „Zensur“. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar bekräftigte US-Vizepräsident JD Vance diese Kritik und behauptete, „in Europa sei die Meinungsfreiheit auf dem Rückzug“. Ebenfalls im Februar erließ die Trump-Regierung eine Executive Order, die Strafzölle auf ausländische Regierungen androhte, falls diese Tech-Konzerne mit Steuern oder Bußgeldern belegen. Und im August wies US-Außenminister Marco Rubio Diplomaten an, die EU-Umsetzung des Digital Services Act gezielt zu untergraben.

Das Google-Monopol zerschlagen
Google missbraucht seine Monopolstellung und beutet unsere Daten aus.
Jetzt Appell unterschreiben!Gleichzeitig hat die innereuropäische Deregulierungswelle der Schwächung digitaler Regeln Tür und Tor geöffnet. EU-Kommissionsberater Mario Draghi nahm gezielt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und den AI Act ins Visier. Er stützte sich dabei auf das falsche Narrativ, Regulierung und Innovation stünden im Widerspruch. Diese Argumentation übernimmt zentral die Sprachbilder der Industrie und droht, die Monopolmacht von Big Tech weiter zu verfestigen.
Deregulierungswelle stärkt Tech-Konzerne und bedroht digitale Rechte
Der starke Anstieg der Lobbyausgaben der Tech-Industrie bedeutet eine massive Aufrüstung – just in dem Moment, in dem das digitale Regelwerk der EU von innen und außen unter starken politischen Druck gerät. Während die Kommission von der Leyen I Gesetze auf den Weg brachte, um die schlimmsten Auswüchse des toxischen Geschäftsmodells der Tech-Giganten einzudämmen und ihre Monopolmacht zu beschneiden, steht dieses Erbe nun auf dem Spiel.
Big Tech hat es geschafft, die US-Regierung als Druckmittel einzusetzen, um die europäischen Digitalregeln aggressiv anzugreifen. Im Januar bezeichnete Meta-Chef Mark Zuckerberg den Digital Services Act als „Zensur“. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar bekräftigte US-Vizepräsident JD Vance diese Kritik und behauptete, „in Europa sei die Meinungsfreiheit auf dem Rückzug“. Ebenfalls im Februar erließ die Trump-Regierung eine Executive Order, die Strafzölle auf ausländische Regierungen androhte, falls diese Tech-Konzerne mit Steuern oder Bußgeldern belegen. Und im August wies US-Außenminister Marco Rubio Diplomaten an, die EU-Umsetzung des Digital Services Act gezielt zu untergraben.
Gleichzeitig hat die innereuropäische Deregulierungswelle der Schwächung digitaler Regeln Tür und Tor geöffnet. EU-Kommissionsberater Mario Draghi nahm gezielt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und den AI Act ins Visier – und stützte sich dabei auf das falsche Narrativ, Regulierung und Innovation stünden im Widerspruch. Diese Argumentation übernimmt zentral die Sprachbilder der und droht, die Monopolmacht von Big Tech weiter zu verfestigen.
Die großen Tech-Konzerne haben die neue Deregulierungsstimmung in Brüssel rasch für sich erkannt. So forderte Apple kürzlich die Abschaffung des Digital Markets Act. Der Lobbyverband der Tech-Industrie, die Computer and Communications Industry Association (CCIA), verlangte eine „Pause“ bei der Umsetzung des AI Act.
Noch in diesem Jahr will die EU-Kommission ihr sogenanntes Digital Omnibus Package vorstellen. Es beinhalteteine Reihe von Änderungen an bestehenden Digitalgesetzen, die „innovationsfreundlicher“ werden sollen. Doch bereits jetzt stehen neue Regulierungen wie der geplante Digital Fairness Act, der manipulative Designelemente („Dark Patterns“) und suchterzeugende Plattformgestaltung eindämmen soll, massiv unter Lobbydruck (PDF). Sie droht ganz gestrichen zu werden, obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einer wachsenden Online-Sucht warnt.
Die Deregulierungswelle in Europa, der aggressive Druck der Trump-Regierung und der explosionsartige Anstieg der Lobbyausgaben der Tech-Industrie ergeben zusammen eine toxische Mischung. Die jahrelangen Fortschritte bei der Regulierung des Internets und bei der Eindämmung der Monopolmacht von Big Tech sind bedroht.
Anstatt die Tech-Regeln aufzuweichen und vor den mächtigen Lobbyinteressen einzuknicken, muss die EU-Kommission jetzt gegensteuern und die hart erkämpften Digitalregeln konsequent durchsetzen. Big Tech muss endlich in die Schranken verwiesen werden.
Hinweis zur Methodik
Die Lobbyarbeit des Digitalsektors hat in den vergangenen zwei Jahren stark zugenommen. Um diese Entwicklungen abzubilden, haben wir die 2023 erhobenen Daten mithilfe des EU-Transparenzregisters und unseres Online-Datentools LobbyFacts.eu (Stand: September 2025) aktualisiert. Unternehmen, die nicht mehr im Transparenzregister gelistet sind, wurden aus der Datenbasis entfernt – mit Ausnahme von Huawei. Das Unternehmen wurde zwar wegen Korruptionsvorwürfen aus dem Register ausgeschlossen, betreibt jedoch weiterhin Lobbyarbeit gegenüber der EU.
Um neue Akteure zu identifizieren, haben wir die Analyseschritte aus dem Bericht von 2021 (PDF) erneut angewendet. Dabei konnten wir über 400 neue Unternehmen, Start-ups und Wirtschaftsverbände identifizieren.
Insgesamt haben wir 733 Unternehmen und Verbände aus dem Digitalsektor erfasst, die in Brüssel lobbyieren. Für die Berechnungen wurden erneut die unteren Grenzwerte der im Transparenzregister angegebenen Ausgabenkategorien verwendet. Mit Ausnahme der niedrigsten Kategorie (<10.000 Euro) haben wir den Mittelwert (5.000 Euro) zugrunde gelegt, um eine konservative Schätzung der gesamten Lobbyausgaben zu erhalten.
In Wirklichkeit dürften die Lobbyausgaben der Technologiebranche erheblich höher sein.
Die meisten Daten beziehen sich auf das Jahr 2024. Da die Einträge im Transparenzregister jedoch nur einmal jährlich und von den Unternehmen selbst aktualisiert werden, können sie sich auch auf Ausgaben aus den Vorjahren beziehen. Weitere Informationen zur Datengrundlage finden sich in der Studie von 2021.
Die vollständige Datenbank ist [hier abrufbar].
Zahl der Treffen
Seit Anfang 2025 hat die Europäische Kommission den Kreis der Personen, deren Treffen unter die Transparenzpflicht fallen, deutlich erweitert. Statt bislang rund 300 sind nun etwa 1.500 EU-Beamt*innen verpflichtet, ihre Treffen offenzulegen. Auch das Europäische Parlament hat 2024 seine Transparenzregeln verschärft. Alle Abgeordneten müssen nun ihre Lobbytreffen veröffentlichen. Aber es bestehen weiterhin gravierende Schlupflöcher.
Wir haben alle Treffen von Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft mit Kommissionsbeamt*innen und EU-Abgeordneten zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni 2025 untersucht – also in dem Zeitraum, in dem die neuen Regeln bereits galten. Um die Gesamtzahl der Treffen von Big Tech zu berechnen, wurden Mehrfachzählungen entfernt, etwa wenn mehrere Konzerne am selben Termin beteiligt waren.
Zur inhaltlichen Analyse der Themen, auf die sich Big Techs Lobbyarbeit konzentrierte, haben wir die von der Kommission veröffentlichten Protokolle zu diesen Treffen ausgewertet. Wurden in einem Treffen mehrere Themen behandelt, wurde dieses entsprechend mehrfach gezählt.
Think Tanks
Für die Untersuchung der Think-Tank-Finanzierung durch Big Tech haben wir die Webseiten der im Datensatz enthaltenen Denkfabriken sowie die entsprechenden Einträge der Tech-Konzerne im EU-Transparenzregister ausgewertet.
Falls ein Think Tank keine Angaben zu Sponsoring auf seiner Website machte, wurde das Transparenzregister als Hauptquelle herangezogen.
Wir bedanken uns bei Verena Leyendecker für die Unterstützung bei der Auswertung der Daten.
Hinweis: In einer vorherigen Version dieses Artikels stand fälschlicherweise, dass sowohl Aleph Alpha als auch Mistral AI über ein Lobbybüro in Brüssel verfügen. Wir haben den Artikel entsprechend korrigiert.





