Lobbyismus in der EU

Neue EU-Kommission: Gute und schlechte Nachrichten für Europas Bürger!

Heute wurde die von Präsident Juncker geleitete EU-Kommission von den Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen im EU-Parlament durchgewunken. Damit können die 27 Kommissarinnen und Kommissare ab November formal ihr Amt antreten. Trotz der erheblichen Kritik an einigen Kommissaren, unter anderem auf Grund von Interessenkonflikten, kam es zu keinen nennenswerten Änderungen. Gleichzeitig gibt es gute Neuigkeiten: Das Parlament hat das Budget der Expertengruppen der EU-Kommission eingefroren und mit Nachdruck gefordert, dass sie ausgeglichener besetzt werden.
von 22. Oktober 2014
Berlaymont Gebäude der EU-Kommission

Das Berlaymont-Gebäude ist der zentrale Sitz der EU-Kommission. Es liegt am Rond Point Schumann im Brüsseler EU-Viertel und ist umgeben von einer Vielzahl an Lobbybüros von Verbänden, Unternehmen und Agenturen. Genau nachlesen kann man das in unserem Stadtführer LobbyPlanet Brüssel.

Heute wurde die von Präsident Juncker geleitete EU-Kommission von den Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen im EU-Parlament durchgewunken. Damit können die 27 Kommissarinnen und Kommissare ab November formal ihr Amt antreten. Trotz der erheblichen Kritik an einigen Kommissaren, unter anderem auf Grund von Interessenkonflikten, kam es zu keinen nennenswerten Änderungen. Gleichzeitig gibt es gute Neuigkeiten: Das Parlament hat das Budget der Expertengruppen der EU-Kommission eingefroren und mit Nachdruck gefordert, dass sie ausgeglichener besetzt werden. Eben diese unausgewogene Besetzung der für die Politikformulierung der EU wichtigen Expertengruppen hatten wir in den letzten Jahren immer wieder kritisiert.

Fragwürdig: Kommissare mit Interessenkonflikten durchgewunken

Zunächst zu den unerfreulichen Neuigkeiten: Zwei Problemkandidaten der Kommission sind durchgekommen – Ex-Finanzlobbyist Jonathan Hill ist nun Finanzmarktkommissar und der ölindustrienahe Canete ist Klimakommissar. Beide sind in ihren jeweiligen Ressorts äußerst schlecht aufgehoben, weil Interessenkonflikte mit Aktivitäten ihrer Vergangenheit nahe liegen und quasi vorprogrammiert sind. Dazu hatten wir bereits vor den Anhörungen der Kommissare berichtet.

Während der Anhörungen stellten zwar zahlreiche EU-Parlamentarier kritische Fragen. Das bewog aber dennoch nicht die große Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten dazu, ihre Kandidaten zu überdenken. Immerhin bekam die neue Kommission mit einem vergleichsweise schwachen Ergebnis ein Misstrauensvotum mit auf den Weg: Nur 423 der 699 Abgeordneten sprachen sich für sie aus.

Insgesamt gehen recht widersprüchliche Signale von der EU-Kommission aus. Auf der einen Seite nominierte Juncker Kommissare, die den Lobbyeinfluss auf die Kommission erhöhen dürften. Auf der anderen Seite kündigten er und der zuständige Kommissar für interinstitutionelle Beziehungen Timmermans mehr Transparenz durch die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters für alle EU-Institutionen an.

Kritik des Europaparlaments: Budget der Expertengruppen der Kommission eingefroren

Durchaus begrüßenswert sind hingegen lobbykritische Signale aus dem Parlament. Im Oktober 2011 verhängten der Haushaltskontrollausschuss erstmals eine Sperre für einen Teil des Budgets für die Expertengruppen der Kommission. Diese sind seit Jahren unausgeglichen besetzt und werden weiterhin von Unternehmenslobbyisten dominiert. Lesen Sie hierzu unsere Studie „A Year of broken Promises“ von November 2013.

Jetzt hat das Parlament erneut einen Teil des Budgets eingefroren. Das ist zugleich ein Armutszeugnis für die Kommission, denn offensichtlich ist sie ihren Versprechungen nach der ersten Budgetsperre nicht nachgekommen. Nun ist es wichtig, dass die Parlamentarier ihren Druck aufrechterhalten und das Budget erst freigeben, wenn sich wirklich etwas tut und die Beratergremien der Kommission ausgeglichener besetzt werden.

Junckers neue EU-Kommission: Den Ankündigungen sollten nun Taten folgen

Die neue EU-Kommission hat mit ihren Ankündigungen zu einem verpflichtenden Lobbyregister zunächst einmal positive Signale ausgesandt. Nach der Blockadehaltung der Barroso-Kommissionen in Sachen Lobbytransparenz besteht nun die Chance, hier einen Schritt voranzukommen. Gleichzeitig sind die Fehlbesetzungen des Finanzmarkt- und Klimakommissarposten aus lobbykritischer Sicht eine herbe Enttäuschung. Wir werden den Lobbyeinfluss auf diese Ressorts besonders aufmerksam verfolgen und sind gespannt, wie die Kommission nun mit den Expertengruppen umgehen wird. Das Parlament hat hier seine Position deutlich gemacht. Nun sollte die Kommission handeln, um Bürgernähe und Transparenz in der EU zu stärken.

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5 Kommentare

Jermain Foutre le Camp ohne aigner23. Oktober 2014 um 22:02

Ich entdecke in diesem Bericht keinerlei gute Neuigkeit. Dass es überhaupt diese EU-Kommission gibt, ist schonmal überhaupt nicht gut und die einzig gute Neuigkeit wäre, wenn sich der ganze Verein auflösen würde.

Roland Lissowski14. November 2014 um 12:02

Von Jean-Claude Juncker ist folgende Aussage überliefert:
„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter, Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ (Der Spiegel, 52/1999).
Anwendbar z.B. auf das Gender-Mainstreaming-Programm, das 1999 durch den Amsterdamer Vertag rechtlich verankert wurde. Oder auf TTIP und CETA, die immerhin ins Blickfeld einer kleinen, interssierten Öffentlichkeit geraten sind.
Diese zynische Aussage von Herrn Juncker reicht, um alle seine Worte und Taten mit äußerster Vorsicht und Wachsamkeit zu beobachten.

Margit Steidl14. November 2014 um 12:51

Es wird höchste Zeit für den gläsernen Politiker!
Also wer durch Lobby-Arbeit schon politisch korrumpiert ist,
der soll bei den betreffenden Gesetzesabstimmungen raus vor die Türe!

Nur lobbyfreie Kandidaten sollten ins Parlament!
Am besten nur eine oder 2 Legislaturperioden im Parlament und dann raus!

A.Grün16. November 2014 um 14:22

Mehr und mehr bin ich der Überzeugung, dass die EU etwas ist, was wir nicht brauchen, jedenfalls nicht in dieser Form und schon garnicht mit Juncker an der Spitze. Hat man da nicht den Bock zum Gärtner gemacht ?
Und wie sieht das mit den Freihandelsabkommen aus ? Warum muss ich der Bürger der Eu jetzt wehren, dass bestimmte Punkte dieser Abkommen wieder aus den Verträgen kommen? Warum haben wir diese Hohlköpfe von Kommissaren? Und alles was geheim ausgehandelt wurde, hat bis jetzt absolut nichts getaugt!

Critical18. November 2014 um 11:55

Kurz und bündig meine Ansicht allgemein zur jetzigen EU-Kommission:

Ich lehne Juncker, Hill und Canete ab, denn Schwierigkeiten sind gewissermaßen vorprogrammiert – aufgrund ihrer früheren Tätigkeiten und derzeitiger Aufgabe.
Beides ist nicht vereinbar.

Für uns EU-Bürger bedeutet die Wahl dieser o.a. Persönlichkeiten umso mehr:

HOLZAUGE, sei WACHSAM!

Ich traue der EU mit der neuen Kommission erst recht nicht über den Weg …,
da wir von dieser wohl verraten und verkauft werden (können) – vor allem auch in puncto
Freihandelsabkommen:

Umso mehr sollten wir EU-Bürger GEGEN
TTIP, CETA und TISA
sein!