Parteienfinanzierung

Parteienfinanzierung im Bundestag: Koalition ignoriert bekannte Missstände

Heute wird im Bundestag über eine Reform der Parteienfinanzierung debattiert. Dazu legten die Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf vor, der neben einer Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung nur kleine Änderungen vorsieht. Der Entwurf ist eine Farce, da er die seit Jahren bekannten Missstände der Parteienfinanzierung vollständig ignoriert.
von 3. Dezember 2015

Heute wird im Bundestag über eine Reform der Parteienfinanzierung in erster Lesung debattiert. Dazu legten die Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf vor, der neben einer Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung nur kleine Änderungen vorsieht. Der Entwurf ist eine Farce, da er die seit Jahren bekannten Missstände der Parteienfinanzierung vollständig ignoriert. Vor allem das von vielen Seiten kritisierte intransparente Parteisponsoring wird in dem aktuellen Gesetzentwurf nicht berücksichtigt. Auch Obergrenzen für Parteispenden, niedrigere Veröffentlichungsschwellen oder bessere Kontrollen fehlen. Am 14.12. findet eine Anhörung zur Änderung des Parteiengesetzes statt, zu der wir als Sachverständige geladen sind.

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Intransparente Parteienfinanzierung: Kritik von vielen Seiten

Plakate vor Bundestag-Aktion-Koalitionsverhandlungen

Parteispenden begrenzen – Parteisponsoring offenlegen: Aktion während der Koalitionsverhandlungen 2013

Der Gesetzentwurf zeigt: Hier ändern Union und SPD nur die Punkte, die ihnen gelegen kommen und ignorieren gleichzeitig die seit Jahren bekannten Missstände und Lücken. Vor allem das intransparente Parteisponsoring muss dringend reformiert werden. Selbst Unionspolitiker mahnten nach Bekanntwerden der Rent-a-Rüttgers-Affäre vor fünf Jahren Reformbedarf an. Auch Bundestagspräsident Lammert sprach sich mehrmals für Transparenz beim Parteisponsoring aus. Von internationaler Seite hagelte es ebenfalls Kritik: Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) leitete ein Mahnverfahren gegen Deutschland ein – unter anderem, weil sie die deutsche Parteienfinanzierung als zu intransparent bewertete. Wenn nun im aktuellen Änderungsentwurf diese Themen vollständig fehlen, ist das ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich für eine transparente Parteienfinanzierung einsetzen.

Keine angemessene Reaktion auf altbekannte Missstände

Der aktuelle Entwurf zur Änderung des Parteiengesetzes enthält eine Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung sowie einige andere durchaus sinnvolle Änderungen, wie eine getrennte Saldierung von Einnahmen und Ausgaben bei Unternehmenstätigkeiten sowie Transparenz bei Mitgliedsbeiträgen über 10.000 Euro. Anlass für die Änderungen waren u.a. die Goldgeschäfte der AfD im letzten Jahr. Weitere Anlässe  – wie die breite geteilte Empörung über hohe Großspenden im Wahlkampf 2013 oder die schon 2010 bekannt gewordenen intransparenten Sponsoring-Praktiken etwa auf Parteitagen – ignorierte die Union offenbar.

Schlupfloch Sponsoring muss gestopft werden!

Den Handlungsbedarf belegen auch neuere Entwicklungen: Erst kürzlich hat der langjährige Großspender BMW seine Parteienfinanzierung auf vermehrtes Sponsoring umgestellt. Doch die Offenlegung der Herkunft und Höhe von Parteisponsoring ist im Parteiengesetz nicht geregelt. Das Sponsoring ist daher ein Schlupfloch, um sämtliche Offenlegungspflichten zu umgehen. Wir fordern, das Parteisponsoring den gleichen Transparenzpflichten zu unterwerfen wie die Parteispenden. Das Sponsoring muss außerdem auf 50.000 Euro pro Sponsor und Jahr begrenzt werden. Insbesondere Bundestagspräsident Lammert muss dringend handeln.

Aktuell: Großspenden an die FDP

Im Jahr 2015 hat die FDP mit 450.000 Euro bislang die meisten Großspenden über 50.000 Euro erhalten. Traditionell fließen allerdings weitere Großspenden kurz vor Jahresende. Wir fordern eine Obergrenze von 50.000 Euro pro Spender und Jahr, um dem Machtgefälle zwischen finanzstarken und finanzschwachen Interessengruppen entgegenzuwirken. Auch die Transparenzpflichten für Parteispenden sind nicht ausreichend: Die sofortige Veröffentlichungspflicht muss auf 10.000 Euro herabgesetzt werden. Ab 2.000 Euro sollten Spender namentlich in den Rechenschaftsberichten der Parteien erwähnt werden. Unsere Kritikpunkte werden wir bei der Anhörung zur Änderung des Parteiengesetzes am 14.12. deutlich machen.

Mehr Informationen:

  • Unsere Pressemitteilung zum Thema finden Sie hier als pdf.
  • Den Gesetzesentwurf finden Sie hier als pdf.
  • Auf der Bundestagswebseite können Sie die Debatte zum Gesetzesentwurf im Lifestream verfolgen.
  • Mehr Informationen zur Parteienfinanzierung finden Sie in unserem Blog und in der Lobbypedia.

Foto: Jakob Huber/Campact

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