Seitenwechsel

21 Seitenwechsler vor dem Kanzleramt: Regierung muss handeln

Mit einer Aktion vor dem Bundeskanzleramt protestierten wir heute gegen fehlende Karenzzeiten für Spitzenpolitiker und hohe Beamte. 38.000 Menschen hatten einen entsprechenden Appell an die Bundesregierung unterzeichnet. Um die Problematik der Seitenwechsel zu verdeutlichen, stellten wir vor dem Kanzleramt 21 Figuren auf, die jeweils einen Seitenwechsler der Zeit ab 2005 darstellen.
von 20. März 2014
aktion vor kanzleramt

21 Seitenwechsler vor dem Kanzleramt zeigen: Karenzzeiten sind notwendig. Alle Bilder: Jakob Huber/LobbyControl

Mit einer Aktion vor dem Bundeskanzleramt protestierten wir heute gegen fehlende Karenzzeiten für Spitzenpolitiker und hohe Beamte. 38.000 Menschen hatten einen entsprechenden Appell an die Bundesregierung unterzeichnet. Vielen Dank an alle, die mitgemacht haben! Die Unterschriften wurden einem Vertreter des Kanzleramts überreicht. Am Nachmittag folgt noch eine Übergabe im zuständigen Innenministerium.

Ausgelöst hatte die jüngste Debatte über Karenzzeiten der angekündigte Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Pofalla zur Deutschen Bahn. Während nächste Woche der Bahn-Aufsichtsrat erneut berät und den Wechsel Pofallas weiter vorbereitet, scheint das Thema Karenzzeiten bei der großen Koalition wieder in Vergessenheit zu geraten. Mit unserer heutigen Aktion wollen wir das Thema erneut auf die Tagesordnung bringen und Druck machen, dass die Bundesregierung tatsächlich Karenzzeiten für Seitenwechsel einführt.

Viele Seitenwechsel unter Merkel – und keine Reaktion

Die Unterschriften überreichten wir einem Mitarbeiter des Kanzleramts.

Die Unterschriften überreichten wir einem Mitarbeiter des Kanzleramts.

Um die Problematik der Seitenwechsel zu verdeutlichen, stellten wir vor dem Kanzleramt 21 Figuren auf, die jeweils einen Seitenwechsler der Zeit ab 2005 darstellen (siehe Bilder). Diese Seitenwechsler übernahmen innerhalb von drei Jahren nach Ausscheiden aus ihrer Regierungsfunktion einen Lobbyjob oder waren von Interessenkonflikten betroffen. Darunter waren neben prominenten Personen wie Gerhard Schröder (Nord Stream) oder Michael Glos (RHJ International) auch weniger bekannte Seitenwechsler wie Walther Otremba, der zum Bundesverband Briefdienste wechselte, oder Martin Biesel, der bei Air Berlin anheuerte.

pofalla müller klaeden

Mit Ronald Pofalla würde bereits der dritte enge Vertraute Merkels direkt aus dem Kanzleramt in einen Lobbyjob wechseln.

Allein aus dem Kanzleramt wechselten mit Hildegard Müller (BDEW) und Eckhart von Klaeden (Daimler) bereits zwei enge Vertraute der Bundeskanzlerin in Lobbyjobs. Durch diese Seitenwechsel können sich Unternehmen oder Verbände mit viel Geld bevorzugte Zugänge zur Politik erkaufen. Das ist schädlich für die Demokratie.

Trotz der vielen umstrittenen Wechsel seit Gerhard Schröder hat es Bundeskanzlerin Angela Merkel versäumt, den fliegenden Wechseln Einhalt zu gebieten. Frau Merkel als Regierungschefin ist hier in der Pflicht, den jüngsten Ankündigungen nun Taten folgen zu lassen. Es geht nicht an, dass sie Ronald Pofalla eine (freiwillige) Abkühlphase empfiehlt, aber als Bundeskanzlerin keine neuen Regeln für Seitenwechsel einführt.

Fängt Pofalla im Herbst als Cheflobbyist bei der Bahn an?

Der Bahn-Aufsichtsrat tagt in der kommenden Woche und will ein neues Kommunikationskonzept Politik – mit anderen Worten ein Konzept für ihre Lobbyarbeit – verabschieden. Die Personalentscheidung über den neuen Cheflobbyisten soll offiziell davon getrennt fallen. Aktuellen Medienberichten zufolge gibt es aber bereits eine konkrete Planung: demnach soll Pofalla im Herbst als Generalbevollmächtigter für Wirtschaft, Politik und Regulierung bei der Bahn anfangen, kurz als Cheflobbyist. In den Vorstand der Bahn soll er voraussichtlich erst 2017 aufrücken.

pofalla kanzleramtDie Bahn scheint den kontroversen Seitenwechsel also scheibchenweise umzusetzen. Die Bundesregierung muss deshalb endlich Schranken für solche Seitenwechsel definieren. Wir fordern eine dreijährige Karenzzeit für die Kanzlerin, für Minister/innen sowie Staatssekretäre und Abteilungsleiter. Während der Karenzzeit sollen keine Lobbytätigkeiten übernommen werden dürfen.

Was können Sie tun?

  • In den nächsten Monaten werden wir uns intensiv und hartnäckig für verpflichtende Karenzzeiten einsetzen. Wir werden verhindern, dass das Thema wieder versandet. Bitte unterstützen Sie unser Engagement – denn Schranken für Lobbyisten zu erstreiten, braucht einen langen Atem. Schon mit 5 Euro im Monat können Sie dafür sorgen, dass Lobbykritik eine hörbare Stimme und einen langen Atem hat. Werden Sie bis zum 31.3. Fördermitglied und erhalten Sie als Dankeschön das hochaktuelle Insider-Buch „Europas Strippenzieher“: [button]Jetzt Fördermitglied werden![/button]

Weitere Informationen

Überblick Seitenwechsel unter Merkel (pdf)

Unsere Pressemitteilung zur Aktion

 

Update vom 21.3.: Unterschriften auch im Innenministerium übergeben

Gestern Nachmittag übergaben wir die Unterschriften auch einem Vertreter des zuständigen Innenministerium. Andreas Schultz, der ständigen Vertreter des Abteilungsleiters Öffentlicher Dienst, nahm die Unterschriften entgegen.

Lobbycontrol_ Innenministerium_2

Christina Deckwirth und Timo Lange aus dem Berliner LobbyControl-Büro übergeben Andreas Schultz (Mitte), ständiger Vertreter des Abteilungsleiters Öffentlicher Dienst, die fast 38.000 Unterschriften.

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