Aus der Lobbywelt

Lobbyaktivitäten von Koch bis Rösler…

In den letzten Wochen ist viel passiert. Nicht nur, dass die Worst EU Lobbying Awards starteten und unsere Lobbypedia seit gestern online ist – nein, auch die Tagespresse bot wieder einige interessante Lobby-Neuigkeiten. Der aktuelle Blog mit diesen Themen: Bundesverband Deutscher Banken schwadroniert; Rösler entmachtet das IQWiG; Eon und Co. unterstützen amerikanische Klimaskeptiker; Ökosteuer wird […]
von 29. Oktober 2010

In den letzten Wochen ist viel passiert. Nicht nur, dass die Worst EU Lobbying Awards starteten und unsere Lobbypedia seit gestern online ist – nein, auch die Tagespresse bot wieder einige interessante Lobby-Neuigkeiten. Der aktuelle Blog mit diesen Themen: Bundesverband Deutscher Banken schwadroniert; Rösler entmachtet das IQWiG; Eon und Co. unterstützen amerikanische Klimaskeptiker; Ökosteuer wird aufgeweicht; bald neuer ChefKoch bei Bilfinger Berger.

Neuer ChefKoch bei Bilfinger Berger
Roland Koch wird dem Vorstand von Bilfinger Berger ab dem 1. März 2011 angehören und ab dem 1. Juli 2011 dessen Vorsitz übernehmen. Das gab das zweitgrößte deutsche Bauunternehmen heute in einer Pressemitteilung bekannt. Er löst damit den derzeitigen Vorsitzenden, Herbert Bodner, ab. Wie der Focus bereits am 23. Oktober 2010, ohne Nennung von Quellen, berichtete werde Koch jährlich rund 1,5 Millionen Euro verdienen und solle den Übergang zu einem Dienstleistungsunternehmen forcieren.

Raucher sollen für Stromfresser zahlen
Wie Der Spiegel berichtet, plant die schwarz-gelbe Koalition die Ökosteuer aufzuweichen. Um für einen Ausgleich zu sorgen, wird in Erwägung gezogen die Tabaksteuer zu erhöhen. Wieder einmal konnten sich die Lobbyisten durchsetzen. Zum einen diejenigen, die von einem hohen Stromverbrauch profitieren, also Stromanbieter und energieintensive Unternehmen, aber zum anderen überraschenderweise auch die Tabakindustrie wie die Frankfurter Rundschau berichtet. Wieder einmal muss sich schwarz-gelb den Vorwurf gefallen lassen dass sie Klientelpolitik betreiben, denn einzelne Unternehmen werden erneut steuerlich entlastet, während z.B. Wohngeldempfängern der Heizkostenzuschuss und Hartz-IV-Beziehenden das Elterngeld gestrichen wird. Somit werden mal wieder die Großen auf Kosten der Kleinen entlastet. Zugleich ist der Regierung das Paradox gelungen: selbst die Tabakindustrie begrüßt die Ausgestaltung der Steuererhöhung, die laut Frankfurter Rundschau ganz nach ihren Wünschen, unter dem Namen „Konzept für eine positive Entwicklung der Tabaksteuer“ geschah.

Deutsche Wirtschaftsriesen fördern Wahlkampf amerikanischer Klimaskeptiker
Der Stern berichtet, dass laut dem europäischen Klimaschutzdachverband CAN die Chemieriesen Bayer und BASF sowie der Stromriese E.on im laufenden Kongresswahlkampf zusammen etwa 175.000 Dollar gespendet haben. Etwa 80 Prozent des Geldes soll an Kandidaten geflossen sein, die die Ursachen des Klimawandels leugnen oder wirkungsvolle Klimagesetze blockieren und damit auch internationale Klimaschutzvereinbarungen torpedieren. „Während man sich „in bunten Broschüren ein Saubermannimage“ zu geben versuche, werde der Klimaschutz international ausgebremst. Dieselben Unternehmen würden in Europa ehrgeizige Klimaschutzziele mit dem Verweis auf die Untätigkeit der USA blockieren“, zitiert der Stern den WWF. Dieser forderte BASF, Eon und Bayer auf, „die fragwürdige Lobbyarbeit mit dem Scheckbuch“ einzustellen und das EU-Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 30 Prozent zu senken, zu unterstützen.

Rösler demontiert weiterhin das Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und schwächt somit den Verbraucherschutz
Das IQWiG, auch Medizin-TÜV genannt, bewertet anhand wissenschaftlicher Studien die Kosten und den Nutzen von Arzneimitteln, Therapien, Medizinprodukten. Seine Gutachten sind ausschlaggebend dafür, welche Medikamente von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden und welche nicht. So berichtet Die TAZ, dass das Institut, in seiner jetzigen Form, die Bürger vor nutzloser Medizin schütze und international ein hohes Ansehen genieße. Gerd Glaeske, Professor für Arzneimittelforschung und Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, warnt davor, die bisherigen Standards der Nutzenbewertung zu verwässern. Außerdem wird die Beweislast umgekehrt: Künftig sollen die Medizinkontrolleure der Pharmaindustrie nachweisen müssen, dass deren Arzneimittel „unzweckmäßig“ seien. Gelingt das nicht, wandern die Medikamente automatisch in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Nichtexistenz eines Nutzens nachzuweisen, ist jedoch eine wissenschaftliche Unmöglichkeit, sagt der Leiter des IQWiG, Jürgen Windeler. „Man kann beweisen, dass etwas da ist, … Aber man kann nicht beweisen, dass etwas nicht da ist: Ich kann nicht ausschließen, dass auf der Rückseite des Mondes der Pumuckl wohnt, in einer Höhle vielleicht“, zitiert ihn die taz – und berichtet auch über die fadenscheinigen Gründe, die zur Entlassung von Windelers Vorgänger, Peter Sarwicki, führten. Für das IQWiG also der zweite Schlag in diesem Jahr – eine Niederlage für den Verbraucherschutz und eine sinnvolle Kostensenkung im Gesundheitswesen.

Banken wettern gegen Alleingang der Regierung in Sachen Bankenregulierung
Nach monatelangen internen Streitigkeiten tritt der Bundesverband deutscher Banken (siehe auch BdB auf Lobbypedia) vor die Öffentlichkeit und demonstriert Geschlossenheit, indem er vor den volkswirtschaftlichen Folgen einer zu harten Regulierung warnt.
Wie das Handelsblatt und die Financial Times Deutschland berichten, war es eine Generalabrechnung mit den geplanten Regulierungsmaßnahmen der Bundesregierung. „Argumentativ dürftig“ (Financial Times) und „trifft nicht immer ins Schwarze“ (Handelsblatt) urteilen die beiden Wirtschaftszeitungen über den Angriff des Bankenverbandes, die Regierung würde im Alleingang vorgehen und die Finanzbranche wäre auf Grund der nationalen Gesetzgebung international nicht mehr konkurrenzfähig. Tatsächlich sind viele der kritisierten Regulierungsmaßnahmen international in ähnlicher Form umgesetzt worden oder in der Planung. Sehr zutreffend schreibt die Financial Times Deutschland über den Lobby-Wind des Bankenverbandes:

Aber gut, ein Verband ist halt dazu da, die Interessen seiner Klientel mit Nachdck zu vertreten. Dafür braucht es einen geeinte Führung, einen Rhetoriker an der Spitze – und eben auch etwas Drama.

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