Am vergangenen Donnerstag fand der lang erwartete erste Verhandlungstag im Verfahren „Die PARTEI gegen die Bundestagsverwaltung“ statt. Der Prozess ist ein Novum: Zum ersten Mal verklagt eine dritte Partei die Bundestagsverwaltung wegen Nichttätigkeit bei der Prüfung einer möglicherweise illegalen Parteispende an eine andere Partei – hier an die CDU. Schon die Zwischenentscheidung am ersten Verhandlungstag ist ein Stück Rechtsgeschichte, das große Folgen haben wird. Doch zurück zum Anfang: Worum geht es in dem Verfahren überhaupt?
820.000 Euro und politische Forderungen
2020 spendete der Immobilienunternehmer Christoph Gröner insgesamt 820.000 Euro an die Berliner CDU, davon 320.000 Euro als Privatperson und 500.000 Euro über sein Unternehmen Gröner Family Office GmbH. Gröners Spenden machten in diesem Jahr zusammengenommen 19 Prozent der Gesamteinnahmen der Berliner CDU aus.
Sie stießen jedoch nicht nur wegen ihrer Höhe auf Kritik. Sowohl Gröner selbst als auch der Berliner CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner – damals Spitzenkandidat seiner Partei und heute Regierender Bürgermeister von Berlin – bestätigten 2021 in Interviews, dass Gröner seine Spenden an konkrete Forderungen geknüpft hatte.
Gröner selbst gab an, er habe „der CDU drei Bedingungen gesetzt“, darunter die Gleichstellung von behinderten Kindern in Berliner Kinderheimen und eine Reform des Berliner Mietendeckels. Wegner bestätigte, dass Gröners Spenden an Bedingungen geknüpft waren, nannte als einzige politische Forderung jedoch die Bekämpfung von Obdachlosigkeit.
Sollte Gröner tatsächlich zusammen mit seiner Spende solche politischen Forderungen übermittelt haben, so wäre dies nach dem Parteiengesetz eine sogenannte illegale Einflussspende. Die Berliner CDU hätte in diesem Fall die Spende zurückweisen müssen. Im Mai 2023 forderte LobbyControl die Bundestagsverwaltung deshalb auf, eine Untersuchung von Gröners Spenden einzuleiten.
Im Juli 2023 gab die Verwaltung auf Nachfrage von Transparency Deutschland bekannt, dass sie die Untersuchung eingestellt habe. Dies begründete sie unter anderem damit, dass der Tatbestand einer Einflussspende erst vorläge, wenn „eine Spendenzahlung erkennbar in einer so gearteten Kausalbeziehung mit einer von einer Partei getroffenen oder von ihr zu treffenden Entscheidung steht, dass diese Entscheidung der Partei ohne die Spendenleistung nicht oder nicht in dieser Weise getroffen würde oder getroffen worden wäre.“
Gutachten stellt Rechtsauffassung in Frage
Ein in der Folge von uns beauftragtes Rechtsgutachten der Parteienrechtsexpertin Prof. Dr. Sophie Schönberger kommt zu dem Schluss: Die Rechtsauffassung der Bundestagsverwaltung überzeugt nicht. Sie hätte ein Prüfverfahren einleiten müssen, um die Umstände der Spende aufzuklären. Das Parteiengesetz legt eindeutig fest, dass Spenden, die „erkennbar in Erwartung eines politischen oder wirtschaftlichen Vorteils gewährt werden“, von Parteien nicht angenommen werden dürfen.
Eine Spende wird also nach dem Gesetz bereits zum Zeitpunkt der Übergabe illegal, wenn der Spender oder die Spenderin dabei eine konkrete Erwartung zum Ausdruck bringt – ganz unabhängig davon, ob die Partei auch tatsächlich danach handelt oder nicht. Einen von der Bundestagsverwaltung behaupteten Kausalzusammenhang braucht es also nicht.
Die Bundestagsverwaltung ließ sich jedoch nicht von unserem Gutachten beeindrucken und rückte von der Einstufung der Spende als unproblematisch nicht ab. Also blieb nur der Weg einer Klage. Doch anders als im Umwelt- oder Verbraucherschutzbereich gibt es im Bereich Demokratie keine Verbandsklagerechte: Bestimmte Organisationen dürfen daher nicht im Namen der Demokratie, die sich ja nicht selbst vertreten kann, klagen.
Klageberechtigt wären allenfalls andere politische Parteien. Diese stehen im Wettbewerb miteinander. Wird eine möglicherweise illegale Spende an eine Partei nicht verfolgt und sanktioniert, entstehen allen anderen Parteien Nachteile. Ob aber andere Parteien tatsächlich klagen dürfen, wenn es um das Handeln der Verwaltung gegenüber einer anderen Partei geht, war rechtlich nicht eindeutig. In der Bundesrepublik hat noch nie eine Partei die Verwaltung in so einer Angelegenheit verklagt.
Trotz dieser Unsicherheiten forderten wir die Parteien in Deutschland auf, den Klageweg zu beschreiten, denn wenn an konkrete Erwartungen geknüpfte Parteispenden nicht verfolgt werden, wird Politik käuflich. Über 70.000 Menschen unterstützen diese Forderung in einer Petition, die wir gemeinsam mit WeAct starteten. Auf unsere Aufforderung reagierte die Kleinpartei die PARTEI und reichte im Juni 2024 Klage ein.
Schelte für die Bundestagsverwaltung
Der erste Prozesstag fand am 22.05.2025 vor dem Verwaltungsgericht Berlin statt. Neben der Bundestagsverwaltung und der Partei Die PARTEI war die CDU als Beigeladene durch ihren Anwalt vertreten. Vorsitzende des Gerichts war Erna Xalter. Wir demonstrierten vor dem Gericht mit Bannern und Schildern für eine bessere Kontrolle der Parteispenden und für einen Parteispendendeckel.
Während die Bundestagsverwaltung in ihrer Verteidigung versuchte, ihren Beschluss zu verteidigen, zielte die CDU darauf ab, die Klageberechtigung der PARTEI anzugreifen. Als Kleinpartei entstünde bei der PARTEI nur ein Schaden in einem niedrigen zweistelligen Eurobetrag, so der Anwalt der CDU, da nur die Auswirkungen der Spende auf die Verteilung der staatlichen Parteienfinanzierung anzurechnen seien. Entsprechend sei die Klage dann unverhältnismäßig.
Beides überzeugte die Richterin jedoch nicht. Zunächst teilte sie der Rechtsauslegung der Bundestagsverwaltung, mit der sie die Untersuchung der Spende eingestellt hatte, eine klare Absage. Damit folgte sie der Argumentation des von uns beauftragten Rechtsgutachtens. Es ist sehr zu begrüßen, dass das Gericht hier für eine Klarstellung sorgt, damit die Bundestagsverwaltung Nicht-Sanktionierungen in Zukunft nicht mehr auf diese Weise begründen kann.
Richterin: Klage ist berechtigt
Auch die Argumentation der CDU wies sie klar zurück. In der Begründung für den Beweisbeschluss, einer Art Zwischenurteil am Ende des Prozesstages, stellte sie klar, dass die Klage der PARTEI berechtigt sei. Wenn die Bundestagsverwaltung eine illegale Spende nicht sanktioniere, käme dies einer staatlichen Zuwendung gleich. Da Parteien im politischen Wettbewerb stehen, würden andere Parteien durch eine solche Zuwendung benachteiligt und können durch Klage gegen die Entscheidung vorgehen.
Das mag für einige erstmal selbstverständlich klingen, aber diese Klarstellung ist ein riesiger Schritt für die Aufsicht von Parteispenden. Die Bundestagsverwaltung ist nicht gerade mit intensiver Prüfung und Kontrolle im Bereich Parteispenden aufgefallen, wie auch der Gröner-Fall zeigt. Das liegt daran, dass ihr notwendige Ermittlungsbefugnisse fehlen, aber auch die bestehenden Möglichkeiten schöpft sie meist nicht aus.
Das dürfte sich jetzt ändern, da die Bundestagsverwaltung damit rechnen muss, vor Gericht zur Verantwortung gezogen zu werden. Während der Anwalt der CDU diese Entwicklung im Verfahren als „Öffnen der Büchse der Pandora“ bezeichnete, erwarten wir uns eine signifikante Verbesserung der Kontrolle von Parteispenden. Auch die Anwältin der PARTEI und Autorin unseres Rechtsgutachtens, Prof. Sophie Schönberger, betont die rechtspolitische Bedeutung:
Mit seinem Beweisbeschluss hat das VG Berlin umfassend anerkannt, dass nicht mehr nur die Bundestagsverwaltung, sondern auch konkurrierende Parteien gegen illegale Parteispenden vorgehen können. Das ist ein Paradigmenwechsel, der einen großen Gewinn für die effektive Kontrolle solcher Spenden darstellt.
Ob es sich bei der Gröner-Spende um eine illegale Einflussspende handelte, befand Richterin Erna Xalter für noch nicht „entscheidungsreif“. Mit einem sogenannten „Beweisbeschluss“ ordnete sie die Vernehmung von Christoph Gröner am 28. August 2025 an. Wir sind gespannt und hoffen, dass sich der Fall nun mit den gerichtlichen Ermittlungsmöglichkeiten klären lässt. Sollte das Gericht am Ende zu dem Schluss kommen, dass die CDU die Spende unrechtmäßig angenommen hat, drohen Strafzahlungen von bis zu 2,4 Mio. Euro.
Aufsichtsbehörde ohne Aufsicht
Doch im Prozess wurde auch offenbar, was bei der Kontrolle der Parteispenden in Deutschland grundsätzlich schiefläuft. Der Bundestagsverwaltung fehlen Ermittlungsbefugnisse, um möglicherweise illegale Spenden wirklich aufzuklären und die geltenden Annahmeverbote für Spenden wirklich durchzusetzen. Die Bundestagsverwaltung kann weder Dokumente beschlagnahmen, noch Zeugen zur Aussage vorladen (siehe §26 VwVfG).
Doch die Bundestagsverwaltung hätte durchaus mehr Möglichkeiten, problematische Parteispenden genauer zu prüfen, und nutzt diese häufig nicht aus. Das liegt auch daran, dass sie nicht ausreichend politisch unabhängig ist. An der Spitze der Bundestagsverwaltung steht die Bundestagspräsidentin, also eine Parteipolitikerin. Das bringt Probleme mit sich. Die Überprüfung der eigenen Parteikolleg*innen ist mit Interessen- und Rollenkonflikten verbunden, während die Prüfung von Spenden an die politische Konkurrenz schnell den Beigeschmack von politischer Verfolgung bekommen kann.
Hier lohnt sich ein genauer Blick darauf, wie die Bundestagsverwaltung vor Gericht ihre mangelhafte Prüfung der Gröner-Spende verteidigen wollte. Ihre Argumentation fokussierte sich auf den Punkt, dass ihr sowieso die Möglichkeiten fehlen würden, um eine Einflussspende aufzuklären. Deshalb würde sie es gar nicht erst versuchen. Das ist erschreckend und darf einfach nicht sein!
Politische Entscheidungen dürfen nicht käuflich sein

Parteispenden: Jetzt Deckel drauf!
Spenden für Parteien dürfen in Deutschland beliebig hoch sein. Das ist undemokratisch, da viel Geld viel Einfluss bedeutet.
Jetzt unterschreiben!Die Annahmeverbote für Parteispenden sollen davor schützen, dass sich politische Entscheidungen gekauft werden können, sie sind also ein ganz essentieller Bestandteil der Korruptionsprävention. Ihr Funktionieren ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass es in einer Demokratie überhaupt Parteispenden geben darf. Es weckt kein Vertrauen in die Integrität unserer Demokratie, wenn die zuständige Stelle vor Gericht offen zugibt, dass sie diese Verbote gar nicht wirklich kontrollieren und durchsetzen kann.
Jenseits des Gerichtsprozesses brauchen wir grundsätzlich eine unabhängigere Aufsichtsbehörde mit eigenen Ermittlungsbefugnissen. Frankreich und Kanada zeigen, wie gut so etwas funktionieren kann.
Neben einer besseren Rechtsdurchsetzung brauchen wir aber auch einen Deckel für Parteispenden. Sehr hohe Spendensummen verleihen denen, die sie sich leisten können, zusätzliches politisches Gehör und ihren Interessen zusätzliches Gewicht. Das ist undemokratisch und ein gewisser politischer Einfluss lässt sich nie ganz ausschließen, auch wenn keine direkten Erwartungen kommuniziert werden. Mehr als 190.000 Menschen haben unsere Petition für einen Parteispendendeckel bereits unterzeichnet. Da sich ein solcher Deckel nicht einklagen lässt, müssen wir politisch und argumentativ überzeugen. Eine gewisse Offenheit für diese Idee war bei der Bundestagsverwaltung vor Gericht zu vernehmen – doch entscheiden darüber muss der Bundestag. Und dort ist es die Union, die einen solchen Deckel ablehnt.