Nebeneinkünfte

SPD-Abgeordnete fordern Verbot von Nebentätigkeiten und Unternehmensspenden

Die Welt hat ein Papier der Arbeitsgruppe Demokratie der SPD-Bundestagsfraktion veröffentlicht, das u.a. ein Verbot von Nebentätigkeiten von Abgeordneten (Bundestag und EU) vorschlägt. Außerdem soll es keine Spenden von Firmen und Verbänden geben und ein Lobbyregister beim Deutschen Bundestag. Das Papier enthält noch weitere Vorschläge für „Reformen im politischen Betrieb“, zur politischen Bildung und zum […]
von 29. September 2011

Die Welt hat ein Papier der Arbeitsgruppe Demokratie der SPD-Bundestagsfraktion veröffentlicht, das u.a. ein Verbot von Nebentätigkeiten von Abgeordneten (Bundestag und EU) vorschlägt. Außerdem soll es keine Spenden von Firmen und Verbänden geben und ein Lobbyregister beim Deutschen Bundestag. Das Papier enthält noch weitere Vorschläge für „Reformen im politischen Betrieb“, zur politischen Bildung und zum Verhältnis von Politik und Medien – wir konzentrieren uns hier nur auf die genannten drei Forderungen, die für die Lobbyismus-Problematik zentral sind.

Die Vorschläge AG Demokratie und des SPD-Parteivorstandes im Vergleich

Die 16 Bundestagsabgeordenten des Arbeitskreises knüpfen damit an den bereits im März vom SPD-Parteivorstand verabschiedeten Beschluss „Mehr Demokratie leben“ an, der Ende diesen Jahres auf dem SPD-Parteitag als Antrag eingebracht wird. Dort wird z.B. bereits ein verbindliches Lobbyregister gefordert.

Unterschriftenübergabe und Aktion zur Offenlegung der Nebeneinkünfte von Politikern, Mai 2011 - © Alle Rechte vorbehalten von campact

„Wir wollen wissen, wer bezahlt!“ - Unterschriftenübergabe und Aktion zur Offenlegung der Nebeneinkünfte von Politikern.

In einigen Punkten gehen sie aber deutlich weiter. So schlägt der Arbeitskreis erstens ein vollständiges Verbot von Nebeneinkünften für alle Parlamentarier vor. Der Antrag des SPD-Parteivorstandes spricht sich hingegen dafür aus „Mitglieder der Bundesregierung einer Verhaltensrichtlinie zu unterwerfen, die die Aufnahme von entgeltlichen wie unentgeltlichen Tätigkeiten reguliert und Bestimmungen zur Offenlegung finanzieller Interessen und Vermögen beinhaltet“. Die Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten werden in dem Papier des Parteivorstandes überhaupt nicht aufgegriffen.

Zweitens wollen die Mitglieder der Arbeitsgruppe Demokratie Parteispenden von Unternehmen und Verbänden grundsätzlich verbieten. Der SPD-Parteivorstand fordert, dass Parteisponsoring den gleichen Transparenzanforderungen wie Parteispenden unterworfen werden müssen und über Spenden und Ausgabebeschränkungen nachgedacht werden muss, um die Chancengleichheit zwischen verschiedenen Interessengruppen zu wahren.

Was bringt das Papier?

Das Papier ist ein Anstoß, die Debatte innerhalb der SPD weiter zu bringen, und insofern begrüßenswert. Allerdings sind die Vorschläge mit dem vagen Satz eingeleitet, dass sie „einer näheren Prüfung und ggf. den Versuch einer parteiübergreifenden Konsensbildung im Parlament wert“ wären. Wichtig wird deshalb sein, was die SPD bei ihrem Parteitag wirklich beschließt. Eine parteiübergreifende Konsensbildung dürfte bei allen Vorschlägen momentan wenig aussichtsreich sein, wenn man sich die ablehnende Haltung von Union und FDP zum Lobbyregister oder auch zu Parteispenden und -sponsoring anguckt.

Das ist bedauerlich, weil es aus unserer Sicht dringenden Handlungsbedarf in allen drei Bereichen gibt, also bei Transparenzpflichten für Lobbyisten (Lobbyregister), Nebentätigkeiten und Parteienfinanzierung. Am ehesten möglich erscheinen zumindest Verbesserungen bei den Offenlegungspflichten für Nebeneinkünfte. Dort hatte die Rechtsstellungskommission des Bundestags bereits im April einen Vorschlag für eine Neuregelung gemacht. Dieser war jedoch unzureichend und hätte neue Transparenzlücken gerissen. Unsere Kritik daran war insofern erfolgreich, dass die Verabschiedung der ursprünglichen unzureichenden Regelung verhindert werden konnte. Ein neuer Vorschlag wurde parteiübergreifend angekündigt, aber vor der Sommerpause nicht mehr vorgelegt. An diesem Punkt werden wir in den kommenden Wochen erneut nachhaken, um mehr Transparenz für Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen. Insgesamt zeigen unsere Erfahrungen, dass schöne Papiere von Parteien nicht ausreichen. Es braucht immer wieder öffentlichen Druck, damit es wenigstens in kleinen Schritten vorangeht.

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4 Kommentare

Pedro Rossmo4. Oktober 2011 um 13:20

Das Verbot von Nebeneinkünften ist zu primitiv und nörglerisch gedacht und beschädigt den Wert des Anlaufes.

Wichtig ist, dass die Echtheit und Korruptionsfreiheit der Nebeneinküunfte zu regulieren ist und dass die Summe der Nebentätigkeiten nicht die zeitliche Tauglichkeit für ein Vollzeit-Mandat beschädigt.

Nötig ist ferner, Abgeordnete dem Befangenheits-Einwand wie bei Richtern zu unterwerfen: Wer durch entsprechende Nebentätigkeiten befangen ist, hat sich der Mitwirkung in Ausschüssen und bei Abstimmungen von sich aus zu enhalten.
Verstoß ist als bewiesene mindestens versuchte Korruption zu verfolgen. Beweislast der Nichtkorruption liegt beim Betroffenen.

Notig ist ferner, den Tatbestand der Postkorruption ins StGB einzuführen: Wer vor Ablauf von 5 Jahren eine Tätigkeit annimmt, dies offen oder verdeckt, die auf der Auswertung seiner vorherigen Ämter basiert, ist je nach Verstoßschwere mit hoher Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe zu belasten.

Der vorstehende Ansatz ist vorgemerkt als zukünftiger Bürger-Musterbrief im Zusammenhang mit dem neuen Begriff der Marfinetten:
Google-Suche: Marfinetten
oder auch: marfinettes.com

Dank für Ihre Arbeit. Wir sind wenige Tage nach dem größten Holdup der Zivilisationsgeschichte – Zustimmung des deutschen Bundestages zum Hauptanteil beim Transfer von einigen 100 Milliarden Euro der Bürger zur Gegendeckung der Verluste der Reichsten der Erde. (Nicht etwa zur Rettung Griechenlands.)
Über die Mehrwertsteuer zahlen auch die Ärmsten ihren Anteil – auch die Ärmsten in Griechenland.

Die Dummheit fast aller Politiker und Parlamentarier fast der gesamten EU, sich für diesen Holdup bereitwillig benutzen zu lassen, übsteigt das Vorstlelungsvermögen.

Wir brauchen Ihre Arbeit mehr als je zuvor.
So etwa steht es auch beim Journalisten des TAGESSPIEGEL in diesen Tagen in seinem Gericht der Spende an Sie. Wir sind nicht mehr in einer Demokratie. Wir sind in einer verdeckten Diktatur der Zahlmeister.

Pedro Rossmo4. Oktober 2011 um 13:25

Nachtrag:
Sorry, ein paar kleine Tippfehler in meiner langen vorherigen Mitteilung.
Da ich nicht nachbessern kann, auf diesem Wege Nachtrag der Entschuldigung.

Der fortschreitende Verlust an Demokratie im EU-Kontext ist nun einmal gut für Emotionen, hierdurch dann gelegentliche Tippfehler. ;-)

Rolf Halbich4. Oktober 2011 um 15:47

Eine parteiübergreifende Konsensbildung im Parlament ist realistisch gesehen eine Luftnummer. Die SPD sollte eigenständig, konkret und geschlossen mit ehrlicher Umsetzung hinter der Ankündigung des Verbots von Nebentätigkeiten und Unternehmensspenden stehen. Im Falle einer zukünftigen Regierungsmehrheit diese Ankündigung auch umsetzen, trotz aller Widerstände der Lobbyisten.

Criticus14. Oktober 2011 um 14:00

Lobbyarbeit kann auch darin bestehen, Wissen zu verschweigen oder den Zugriff auf Wissen zu verhindern!

Warum kennt man in diesem Land nicht den US-amerikanischen Glass-Steagall-Act, der – leider – von Clinton und G.W. Bush eliminiert wurde?
Zu finden bei Wikipedia unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Glass-Steagall_Act
Hierdurch wurden u.a. auch die großen Banken reguliert und der staatlichen Kontrolle unterstellt. Mit der de facto-Abschaffung wurden erst die letzten Krisen möglich.
In Deutschland kennt man solche Gesetze überhaupt nicht. Hier ist das Interbankengeschäft (u.a. gegenseitiger Handel mit Bankschuldverschreibungen – AAA Top 100 Prime Bank Guarantees) steuersparend üblich.