Lobbyregister

Lobbyregister-Entwurf durchgesickert: Enttäuschender Vorschlag der Groko

Heute ist ein Entwurf der großen Koalition für ein Lobbyregister durchgesickert. Damit wurde sichtbar, dass die Vorstellungen der großen Koalition für ein Lobbyregister weit hinter unseren Erwartungen zurückbleiben. In dieser Form würde Lobbyismus weiter weitgehend undurchsichtig bleiben.
von 25. August 2020

Update 9. September 2020: Inzwischen wurde der Entwurf für das Lobbyregistergesetz überarbeitet und in den Bundestag eingebracht. Unsere aktuelle Bewertung findet sich hier.

Heute ist ein Entwurf der Großen Koalition für ein Lobbyregister durchgesickert. Der Entwurf lag offenbar Medien und Lobbyvertreter:inne vor, obwohl die Verhandlungen zwischen Union und SPD eigentlich noch laufen. Die Plattform FragdenStaat hat den Entwurf nun auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Inhaltlich bleiben die Vorstellungen der Großen Koalition für ein Lobbyregister weit hinter unseren Erwartungen zurück. In dieser Form würde Lobbyismus weiter weitgehend undurchsichtig bleiben.

Die wichtigsten Kritikpunkte:

  • Bundesregierung als Lobbyadressat fehlt: Der vorliegende Entwurf umfasst nur Lobbyarbeit gegenüber dem Bundestag. Die Bundesregierung ist bislang ausgeklammert, dabei findet ein Großteil der Lobbytätigkeiten gegenüber der Bundesregierung und Bundesbehörden statt. Erst gestern äußerte sich ein Sprecher des Innenministeriums ähnlich: Ein Lobbyregister für das Kanzleramt und die Bundesministerien werde es demnach nicht geben. Dem stehen Ankündigungen der Koalition entgegen, die Ministerien sollten durchaus miteinbezogen werden. Am Entwurf lässt sich das aber nicht konkret ablesen.
  • Lobby-Auftraggeber müssen nicht genannt werden: Unternehmen können ihre Lobbyaktivitäten weiterhin unter Verschluss halten, wenn sie einen Dienstleister (z.B. eine Agentur) zwischenschalten. Denn diese werden nicht verpflichtet, ihre Kunden konkret zu nennen. Damit bliebe ein deutsches Lobbyregister deutlich hinter dem EU-Transparenzregister zurück.
  • Lobby-Ziele unklar: Lobbyakteure werden nicht verpflichtet anzugeben, auf welche Gesetze oder politischen Entscheidungen sie konkret Einfluss nehmen wollen. Auch das ist beispielsweise im EU-Transparenzregister besser geregelt.
  • Finanzangaben können versteckt werden: Interessenvertretungen wird die Möglichkeit eingeräumt, finanzielle Angaben lediglich in einem nicht-öffentlichen Teil des Registers anzugeben. Dabei wären gerade Angaben dazu wichtig, um nachvollziehbar zu machen, wer hinter welcher Organisation oder Lobbykampagne steht. Dass Verbände und Organisationen keinen Hausausweis für den Bundestag bekommen sollen, wenn sie die Angaben nur im nicht-öffentlichen Teil machen, ist ein sehr schwacher Anreiz für die öffentliche Angabe. Ein fehlender Hausausweis wird niemanden bei der Lobbyarbeit ernsthaft behindern.
  • Konkrete Lobbyaktivitäten bleiben intransparent: Die Aktivitäten von Lobbyakteuren (beispielsweise Treffen oder Veranstaltungen) werden weder erfasst noch veröffentlicht. Dabei ist dies zwingend notwendig, um Lobbyismus öffentlich nachvollziehbar zu machen.
  • Umfang von Lobbyaufträgen muss nicht genannt werden: Die finanzielle Größenordnung des Auftragswerts fehlt ebenso, auch hier kann Brüssel als Vorbild dienen.
  • Grundlage unklar: Es ist bislang nicht eindeutig, ob es sich um eine gesetzliche Regelung handelt oder nur die Ordnungswidrigkeiten gesetzlich geregelt werden sollen. Doch nur eine vollständig gesetzliche Lösung kann die nötigen Veröffentlichungen erzwingen.
  • Keine aktuellen Angaben: Die Angaben der registrierten Lobbyist:innen sollen nur einmal pro Jahr aktualisiert werden. Das ist im schnelllebigen Politikgeschäft völlig unzureichend.
  • Schwammige Definition: Nicht zuletzt erscheint die vorgeschlagene Definition, welche Akteure sich nun eintragen müssen, nicht ausreichend genau.

Aber neben diesen vielen Schwachstellen gibt es auch einige positive Aspekte. So sollen mit Lobbyarbeit beauftragte Anwält:innen und Kanzleien nicht von der Registrierungspflicht ausgenommen werden. Das war ein wesentlicher Streitpunkt bisher und sollte beibehalten werden. Positiv ist auch, dass Bußgelder vorgesehen sind, wenn Regeln nicht eingehalten werden. Zudem soll erfolgsabhängige Bezahlung von Lobbyist:innen verboten werden. Das hatten wir auch in unserem gemeinsam mit abgeordnetenwatch.de entwickelten Gesetzentwurf vorgeschlagen.

Erst gestern hatten wir in einem offenen Brief an die Verhandlungsführer:innen von Union und SPD gemeinsam mit sechs weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert, die Chance für einen echten Fortschritt bei der Regelung und Transparenz des Lobbyismus zu nutzen. Darin benennen wir konkrete Punkte, die für ein gut funktionierendes, solides Lobbyregister wichtig sind. Die Koalition sollte sich diese Punkte zu Herzen nehmen und bis zur Anhörung Anfang Oktober deutlich nachlegen.

Update 25. August 2020: Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich als Reaktion auf die Berichterstattung nun klar geäußert: "Wichtig ist jedoch für die SPD-Bundestagsfraktion, dass das Lobbyregister sowohl für den Bundestag als auch für die Bundesregierung gilt. Wir haben daher die klare Erwartung, dass die Bundesregierung zeitgleich mit uns ein Lobbyregister mit demselben Regelungsinhalt für sich selbst einführt." Wir freuen uns über diese Klarstellung. Allerdings könnte der Bundestag sehr wohl ein Gesetz beschließen, das ein für Parlament und Regierung wirksames Lobbyregister einführt. Es ist schön, dass die SPD eine "klare Erwartung" formuliert. Doch bisher zeigt sich die Regierung nicht besonders gewillt, dieser Erwartung auch nachzukommen.

Die wichtigsten Eckpunkte für ein gutes Lobbyregister haben wir auch in unserem Appell zusammengefasst.

Unser gemeinsames Statement mit abgeordnetenwatch.de zu dem Entwurf von heute findet sich hier.

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