Lobbyismus in der EU

EFSA stellt Lebensmittellobbyistin als Kommunikationschefin ein

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) rekrutiert ihr Personal wieder einmal bei denen, die sie eigentlich kontrollieren soll: Diesmal wird eine leitende Angestellte des britischen Lobbyverbands der Lebensmittelindustrie als Kommunikationschefin eingestellt.
von 4. April 2016
Quelle: EFSA

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Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) rekrutiert ihr Personal wieder einmal bei denen, die sie eigentlich kontrollieren soll: Diesmal angekündigt, eine leitende Angestellte des britischen Lobbyverbands der Lebensmittelindustrie als Kommunikationschefin einzustellen.

Barbara Gallani arbeitet seit acht Jahren bei der britischen „Food and Drink Federation“, dem Lobbyverband der britischen Lebensmittelindustrie. Derzeit ist sie dort Leiterin für Regulierung, Wissenschaft und Nachhaltigkeit. Sie hatte sich auch als Mitglied des Verwaltungsrats – das Leitungsgremium der EFSA – beworben, dort hätte sie einen der Sitze für die Vertreter der Nahrungsmittelindustrie erhalten. Diese Bewerbung hat sie aber inzwischen zurückgezogen. Frau Gallani soll am 1. Mai ihre Arbeit als Kommunikationschefin aufnehmen, wie die EFSA Ende Januar ankündigte.

Trotz Verbesserungen: Fehlende Unabhängigkeit bleibt grundlegendes Problem

Seit Jahren kritisieren wir immer wieder die fehlende Unabhängigkeit vieler EFSA-Expert/innen und Mitarbeiter/innen von denen, die sie eigentlich kontrollieren sollen. Dies können Sie in unserem Online-Lexikon Lobbypedia nachlesen. Nach zahlreichen beunruhigenden Fällen und harscher Kritik sowohl der Öffentlichkeit als auch des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rechnungshofs, hatte die EFSA 2012 eine Initiative gestartet, um ihre Standards anzuheben. Zum Beispiel sollte sichtbar gemacht werden, welche Mitarbeiter/innen zuvor oder parallel bei Agrarkonzernen oder Lobbygruppen beschäftigt waren. Auch sollten zeitgleich mit der Arbeit in EFSA-Gremien Aktivitäten für Organisationen wie dem ILSI (International Life Sciences Institute) ausgeschlossen werden, das von der Lebensmittel- und Agrochemieindustrie finanziert wird.

Budget für unabhängige Forschung zu klein

Doch die Initiative ging nicht weit genug. Nach wie vor lassen sich in den wissenschaftlichen Gremien und Arbeitsgruppen bei der EFSA Expert/innen mit finanziellen Interessen bei Unternehmen finden, die die Behörde regulieren soll. Die EFSA argumentiert: Würde sie alle Forderungen des Europäischen Parlaments für mehr Unabhängigkeit ihrer Expertise umsetzen, würde sie keine ausreichend qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr finden. Dieses Argument ist besorgniserregend und stimmt nachdenklich. Und es führt uns zum Kernproblem, das wir heute an sehr vielen Stellen sehen: Das Budget, das die EFSA von der öffentlichen Hand – in dem Fall der EU-Kommission – für unabhängige Expertise bekommt, ist viel zu klein. Wir fordern dringend, dass die EU-Kommission Geld in die Hand nimmt, um eine objektive und neutrale Überprüfung der Lebensmittel und Chemikalien für die Gesundheit von 500 Millionen EU-Bürger zu gewährleisten, statt Gelder für die Behörde zu kürzen. Wer jetzt mit dem Finger auf die EU-Kommission zeigt, sollte natürlich nicht vergessen, wer letztlich bereit sein muss, das nötige Geld an die EU-Kommission zu geben: Die Mitgliedstaaten.

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