Aus der Lobbywelt

Seitenwechsel von Weber zur Deutschen Bank unterbinden

Bundesbankpräsident Axel Weber wird seine Amtszeit nicht regulär beenden und am 30. April 2011 aufhören. Weber sorgte damit wechselweise für Verwunderung, Irritationen und auch Empörung. Aus lobbykritischer Perspektive besonders brisant ist ein möglicher Wechsel Webers zur Deutschen Bank. In der Presse kursieren seit Tagen Gerüchte, wonach Weber den im Jahr 2013 ausscheidenden Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann […]
von 15. Februar 2011

Bundesbankpräsident Axel Weber wird seine Amtszeit nicht regulär beenden und am 30. April 2011 aufhören. Weber sorgte damit wechselweise für Verwunderung, Irritationen und auch Empörung. Aus lobbykritischer Perspektive besonders brisant ist ein möglicher Wechsel Webers zur Deutschen Bank. In der Presse kursieren seit Tagen Gerüchte, wonach Weber den im Jahr 2013 ausscheidenden Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ablösen könnte. Ein Wechsel Webers in die private Geldwirtschaft wäre nach Meinung von LobbyControl hoch problematisch und – wenn überhaupt – nur nach einer Abkühlphase von drei Jahren denkbar.

Weber hatte in einem Spiegel-Interview selbst eine sechsmonatige Karenzzeit als üblich bezeichnet. Dieser Zeitraum ist unserer Einschätzung nach viel zu kurz. Denn ein solcher Wechsel hat viele problematische Seiten:

Schleichende Unterwanderung von Regierungsbehörden (Regulatory Capture)
Es gehört zur Strategie von Globalen Playern wie der Deutschen Bank oder Goldman Sachs, Top-Personal aus staatlichen Regulierungsbehörden zu rekrutieren, um so Netzwerke in Behörden und Politik aufzubauen, mit denen sich ein äußerst effektiver Lobbyismus betreiben lässt. Die Deutsche Bank hat in der Vergangenheit etwa den ehemaligen Staatssekretär Caio Koch-Weser und den ehemaligen obersten Bankenaufseher bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Helmut Bauer, abgeworben.

Privilegierter Zugang und Wettbewerbsverzerrung
Ein Geldhaus, das sich die Dienste von des ehemaligen Bundesbank-Präsidenten sichert, würde sich einen Wettbewerbsvorteil vor der Konkurrenz erkaufen. Weber würde informelles Kapital versilbern (Know-how und Kontakte), das er auf Kosten der Steuerzahler gesammelt hätte. Das gilt im Falle von Weber nicht nur für die Kontakte zur Politik, sondern auch aus Wettbewerbsperspektive: In der Deutschen Bundesbank sind interne, vertrauliche und brisante Informationen der gesamten deutschen Finanzbranche versammelt. Es würde beinahe an Werksspionage grenzen, wenn ein Geheimnisträger durch einen zahlungskräftigen Marktteilnehmer angeworben würde.

Voraus eilender Gehorsam
Solche Seitenwechsel sind schlecht für die politische Hygiene. Staatliche Funktionsträger könnten in Versuchung geraten, mit wohlfeilen Entscheidungen in Vorleistung zu treten bzw. sich ihre Karrierechancen nicht mit unpopulären Maßnahmen gegen potente Unternehmen oder Branchen zu verbauen.

Axel Webers Karriere bei der Bundesbank
Axel Weber galt unter Insidern als einer der mächtigsten Männer Deutschlands. Als Weber 2004 zum Bundesbankpräsidenten ernannt wurde, galt das als mutige Entscheidung von Kanzler Gerhard Schröder. Denn Weber hatte bis dahin eine reine Uni-Karriere aufzuweisen. Doch Wunder waren von dem hoch bewerteten Volkswirtschaftslehrer und Wirtschaftsweisen nicht zu erwarten. Den bevorstehenden Zusammenbruch des Weltfinanzsystem im Jahr 2007 hatte er eben so wenig erkannt wie der überwiegende Rest seiner konservativ-liberalen Denkschule, welche in deutschen Wirtschaftsfakultäten seit den 1980er Jahren den Ton angibt.

Als im Herbst 2008 die deutsche wie europäische Finanzbranche durch die Pleite der Hypo-Real-Estate Gruppe vor dem Zusammenbruch zu stehen schien, bildete Weber mit den Staatssekretären Walther Otremba, Jörg Asmussen und dem Berater im Kanzleramt Jens Weidmann eine Art Schattenkabinett. Er soll regelmäßig an Sitzungen des Regierungskabinetts unter Angela Merkel teilgenommen haben. Weber hat an den Plänen zur Hypo-Real-Estate-Rettung an entscheidender Stelle mitgewirkt, wie ein internes Protokoll der dramatischen Sitzungen vom Oktober 2008 belegt.

Interessant sind seine Verbindungen zu Asmussen und Weidmann. Beide sind ehemalige Schüler von Weber. Sie sollen dem Volkswirtschaftsprofessor den Quereinstieg in die Bankenregulierung und reale Geldwertpolitik ermöglicht haben. Weidmann wird nun als Favorit für die Nachfolge Webers als Bundesbankpräsident gehandelt. Diese personelle Konstellation macht einen möglichen Wechsel Webers zur Deutschen Bank (oder einer anderen Bank) noch brisanter. Denn an zwei wichtigen Stellen der Finanzpolitik und -aufsicht, im Finanzministerium und bei der Bundesbank, würden zwei Schüler von ihm auf entscheidenden Positionen sitzen. Deshalb muss nach Ansicht von LobbyControl der rechtliche Rahmen für eine Sperrfrist vollständig ausgeschöpft werden. Zudem muss die Politik das Thema Karenzzeiten für Spitzenpolitiker und Entscheidungsträger in Aufsichtsbehörden und Institutionen wie der Bundesbank dringend auf die Tagesordnung setzen.

Weiterer Wechsel aus der Bundesbank in die Bankenlobby
Denn Weber ist nicht der einzige aktuelle Seitenwechsler der Bundesbank. Das ehemalige Vorstandsmitglied Hans Reckers soll Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) werden. Reckers saß von 2002 bis April 2009 im Vorstand der Deutschen Bundesbank. Im November 2010 war er erst Berater bei der Kanzlei Allen & Overy geworden.

Weitere Informationen in der Lobbypedia:
Portal Seitenwechsel
Axel Weber
Jens Weidmann
Seitenwechsler der Deutschen Bank
Seitenwechsler von Goldman Sachs

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