Kulturstaatsminister Wolfram Weimer steht aktuell auf Grund von Interessenkonflikten in der Kritik. Hintergrund ist der von der Weimer Media Group (WMG) veranstaltete Ludwig-Erhard-Gipfel, bei dem sich Sponsoren einen exklusiven Zugang zur Spitzenpolitik einkaufen können. Zudem bewarb die Verlagsgruppe den Gipfel mit der Möglichkeit, dort „Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger“ nehmen zu können.
Wir kritisierten den daraus erwachsenden Interessenkonflikt, da somit ein Mitglied der Bundesregierung mindestens mittelbar von einem Lobbyevent mit Vertreter*innen der Spitzenpolitik profitiert.
Die WMG gehört Weimer und seiner Ehefrau Christiane Goetz-Weimer je hälftig, wobei Weimer mit Amtsantritt seinen Geschäftsführerposten niederlegte, aber weiterhin stiller Gesellschafter blieb. Als Reaktion auf die Debatte gab Weimer bekannt, seine Gesellschafteranteile an einen Treuhänder zu übertragen. Doch auch mit diesem Schritt bleibt es bei einer problematischen Interessenverquickung. Aus unserer Sicht ist klar: Solange Wolfram Weimer selbst Mitglied der Bundesregierung ist, sollte der Ludwig-Erhard-Gipfel in der bisherigen Form nicht mehr stattfinden.
Der Fall offenbart einen unzureichenden Umgang der Bundesregierung mit finanziellen Interessenkonflikten ihrer Mitglieder und weist auf Lücken in den Regeln hin. Zudem hat die CDU in der letzten Wahlperiode aus der Opposition heraus selbst darauf gedrungen, mit finanziellen Interessenkonflikten in der Leitung der Bundesministerien besser umzugehen. An diese Forderungen sollte sie sich erinnern – statt mit doppeltem Maß zu messen.
Im Folgenden ordnen wir den aktuellen Fall ein, beleuchten die geltenden Regeln für Mitglieder der Bundesregierung zu finanziellen Interessenkonflikten und geben Handlungsempfehlungen. Zudem erläutern wir, warum privilegierte Zugänge zur Spitzenpolitik gegen Sponsoring- oder sonstige Geldzahlungen auch ganz grundsätzlich problematisch sind.
LobbyControl-Briefing zum Fall Weimer
Sie können das Briefing auch im PDF-Format herunterladen.
1. Weimers Doppelrolle: Unzureichender Umgang mit Interessenkonflikten
Bereits zu Weimers Amtsantritt hatten wir vor Interessenkonflikten aufgrund seiner Rolle als Medienunternehmer gewarnt und in diesem Zusammenhang auch auf den Ludwig-Erhard-Gipfel hingewiesen. Weimer ist in seinem Amt unter anderem direkt für die Deutsche Welle zuständig, also eine öffentlich-rechtliche Konkurrenz zu seinem eigenen Unternehmen. Weimer hatte vor seiner Amtszeit bereits öffentlich-rechtliche Medienanstalten infrage gestellt und die Privatisierung des ZDF in den Raum gestellt. Davon würde unter anderem die Weimer Media Group profitieren. In einer solchen Konstellation ist eine überzeugende Abgrenzung von politischem Amt und privatwirtschaftlichem Interesse von größter Bedeutung, damit sich bei politischen Entscheidungen gar nicht erst die Frage stellt, ob hier der Medienpolitiker oder der Medienunternehmer handelt.
Weimer gab zu Amtsantritt bekannt, er habe sein Geschäftsführermandat niedergelegt und sich aus der Verlagsgruppe zurückgezogen. Zuletzt betonte die Bundesregierung auf eine parlamentarische Frage der Grünen im August: „Der Staatsminister Dr. Wolfram Weimer hat die Geschäftsführung der Weimer Media Group mit seinem ersten Amtstag als Staatsminister niedergelegt und die Verlagsgruppe verlassen.“
Auf die Frage nach möglichen Interessenkonflikten ging die Bundesregierung somit nicht konkret ein, sondern beließ es bei diesem Hinweis. Dabei war schon damals klar, dass Weimers Verbindung zur WMG über seine Ehepartnerin weiter besteht, die nun die alleinige Geschäftsführerin ist. Dass auch Weimer selbst weiterhin über 50 Prozent der WMG-Anteile verfügt – dazu schwieg sich die Antwort der Bundesregierung aus. Dieser Fakt wurde erst im Oktober durch Medienrecherchen bekannt. Ein offener und transparenter Umgang mit Interessenkonflikten ist das nicht.
Schon damals mahnten wir an, dass eine angemessene Trennung von politischem Amt und privaten Geschäftsinteressen, insbesondere vor dem Hintergrund des Ludwig-Erhard-Gipfels, „nur schwer möglich“ erscheint.
Die mediale Debatte nahm allerdings erst an Fahrt auf, als das rechte Online-Portal Apollo News durch eine Undercover-Recherche Werbematerial für Sponsoren des Ludwig-Erhard-Gipfels erhielt.
In dem Material, das uns vorliegt, ist sichtbar, dass die WMG Sponsoren unter anderem damit umwirbt, dass ein „Top Asset“ beim Kauf eines Sponsorpakets eine mögliche „Einflussnahme auf die politischen Entscheidungsträger“ sei. Die Premium-Sponsoring-Pakete „Mont Blanc“ für 80.000 Euro und „Matterhorn“ für 60.000 Euro bieten als Zusatzleistung die „Teilnahme eines Vorstandes/Geschäftsführers an der exklusiven Executive Night“ sowie eine „Besprechungs-Lounge für vertrauliche Gespräche“.
Apollo News berichtete weiterhin, in einer E-Mail der WMG wäre mit der Teilnahme „der Minister“ an der Executive Night geworben worden. Die WMG gab daraufhin bekannt, eine solche Mail nicht zu kennen. Uns gegenüber betonte die WMG zudem: „Ob und wie Gäste und Speaker miteinander ins Gespräch gehen, liegt in deren Ermessen.“ Sicher: Die WMG hat keine konkreten Gesprächskontakte vermittelt. Dennoch profitiert Weimer finanziell von der Veranstaltung an sich und damit bleibt es bei der problematischen Interessenverquickung.
Als Reaktion auf die Debatte gab Weimer bekannt, seine Gesellschafteranteile an einen Treuhänder zu übertragen, „um jeglichen Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden, der indes tatsächlich nie bestanden hat.“
Doch tatsächlich ändert auch die Übertragung der Anteile an einen Treuhänder die Situation nicht wesentlich, es bestand und besteht zumindest ein potentieller Interessenkonflikt. Zwar hat Weimer damit für die Dauer seiner Amtszeit keinen Zugriff auf die Anteile, aber sie gehören ihm trotzdem noch. Die Verbindung zur WMG durch seine Frau besteht außerdem: Die Firma bleibt in der Familie – und damit auch die Gewinne, die mit Veranstaltungen wie dem Ludwig-Erhard-Gipfel erzielt werden. Dabei hängt der Erfolg solcher Lobby-Netzwerkevents – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – ganz wesentlich von der Teilnahme der Spitzenpolitik ab, zu der Weimer nun selbst zählt.
Bundeskanzler Merz sprang Weimer zur Seite und sagte gegenüber der ARD, die Vorwürfe gegenüber Weimer hätten „sich alle als falsch erwiesen”. Zwar gibt es tatsächlich keinen Hinweis darauf, dass Weimer gegen die Regeln für Mitglieder der Bundesregierung verstoßen hätte. Jedoch geht es nicht nur um Regelverstöße im engeren Sinne: Offen bleibt die politische Frage nach dem Umgang mit dem privaten finanziellen Interesse und einer überzeugenden Abgrenzung zum politischen Amt.
Solche Fragen pauschal abzubügeln, schafft kein Vertrauen. Zudem sind die Regeln für Mitglieder der Bundesregierung tatsächlich im Bereich von finanziellen Interessenkonflikten unzureichend, bleiben hinter internationalen Standards zurück und bedürfen einer Überarbeitung.
2. Welche Regeln zu Interessenkonflikten gelten für Mitglieder der Bundesregierung?
Schon das Grundgesetz betont eine nötige Distanz zu wirtschaftlichen Verbindungen der Mitglieder der Bundesregierung:
„Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.“ (Artikel 66)
Im Gegensatz zu Bundestagsabgeordneten ist es den Inhabern der höchsten Ämter in der Exekutive nicht erlaubt, einer entgeltlichen Nebentätigkeit nachzugehen oder ohne Bundestagsbeschluss dem Aufsichtsrat eines Unternehmens anzugehören.
Das Bundesministergesetz konkretisiert dieses Verbot der entgeltlichen Nebentätigkeiten noch etwas. Zusätzlich legt es fest, dass auch „öffentliche Ehrenämter“ einer Ausnahme durch die Bundesregierung bedürfen und auf das Amt bezogene Geschenke der Bundesregierung gemeldet werden müssen. Dazu kommt noch die erst 2015 eingeführte Karenzzeitregelung, die Interessenkonflikte beim Wechsel aus dem Amt in Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes verhindern soll.
Mit dem Verbot von bezahlten Jobs in der Privatwirtschaft, der Karenzzeit und einer Anzeigepflicht für Geschenke enden dann aber auch im Wesentlichen die Vorgaben, die für Mitglieder der Bundesregierung im Hinblick auf Interessenkonflikte gelten. Entsprechend argumentiert auch die Bundesregierung stets, wenn es um solche Fragen geht.
Welche konkreten Schritte das Bundeskanzleramt unternommen habe, „um Interessenkonflikte aus seiner früheren Beteiligung an der Weimer Media Group und der fortdauernden Tätigkeit seiner Ehefrau als Geschäftsführerin und LEG-Veranstalterin zu verhindern“ wollten die Grünen in der oben erwähnten parlamentarischen Kleinen Anfrage wissen. Doch auch hier antwortete die Bundesregierung lediglich mit dem Hinweis, Weimer habe den Job als Geschäftsführer niedergelegt und die Verlagsgruppe verlassen.
Die Bundesregierung betont in derselben Antwort auch, „dass höchste Staatsämter auf geeignete Art und Weise von privatgeschäftlichen Bindungen freigehalten und Interessenkollisionen vermieden werden“ sollen. Dies sei durch die Regelungen im Grund- und Ministergesetz sichergestellt. „Darüberhinausgehende Inkompatibilitäten hinsichtlich privatgeschäftlicher Bindungen der Mitglieder der Bundesregierung sehen weder GG noch BMinG vor“, heißt es weiter. Interessenkonflikte mit eigenen wirtschaftlichen Interessen können aus dieser Perspektivee somit nur durch berufliche Tätigkeiten entstehen.
Privatwirtschaftliche Bindungen, die aufgrund von Unternehmensbeteiligungen oder sonstiger Investitionen bestehen, spielen also aus Sicht der Bundesregierung keinerlei Rolle, da weder Grundgesetz noch Bundesministergesetz hierzu etwas festlegen.
In der „Orientierungshilfe zu den Rechtsverhältnissen der Mitglieder der Bundesregierung“, einer Zusammenstellung des Bundesinnenministeriums, heißt es zum Punkt Unternehmensbeteiligungen lediglich: „Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung oder Verpachtung und die bloße Beteiligung an einem auf Gewinnerzielung orientierten Unternehmen sind hingegen zulässig.“ Beteiligungen an Unternehmen von Ehepartnern oder anderen Familienangehörigen werden in dem ganzen Dokument noch nicht einmal erwähnt.
Zugleich betont das Innenministerium in derselben Broschüre ganz oben, Mitglieder der Bundesregierung „unterliegen aufgrund der Bedeutung ihrer Staatsämter besonders hohen Integritätsstandards“.
Doch das überzeugt nicht: Für einfache Bundestagsabgeordnete gelten jedenfalls deutlich strengere Regeln in dieser Hinsicht. Sie müssen Beteiligungen ab 5 Prozent der Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft nicht nur anzeigen, sondern auch offenlegen. Selbst wenn diese Gesellschaften wiederum an anderen Gesellschaften beteiligt sind, muss das offengelegt werden, sofern die Beteiligung höher als 5 Prozent ist. Für die Mitglieder der Bundesregierung, die nicht zugleich Bundestagsabgeordnete sind, gelten somit nicht die höchsten, sondern niedrigere Standards.
3. Welche Regeln sollten für Mitglieder der Bundesregierung gelten?
Gerade aufgrund der Bedeutung ihrer Staatsämter sollten für Mitglieder der Bundesregierung tatsächlich besonders hohe Integritätsstandards gelten. Das zeigt der Fall Weimer erneut. Selbstverständlich kann es zu Interessenkollisionen kommen, wenn wie hier das Unternehmen des Amtsinhabers durch den Ludwig-Erhard-Gipfel ein ganz direktes Interesse an der Teilnahme von Spitzenpolitiker*innen u. a. aus der Bundesregierung hat. Ziel muss es sein, potentielle Interessenkonflikte von vornherein auszuschließen.
Um mit möglichen Interessenkonflikten bereits bei Amtsantritt transparent und angemessen umzugehen, braucht es eine gesetzliche Pflicht zur Anzeige und Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen auch für Mitglieder der Bundesregierung. Dies hat auch die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) von Deutschland gefordert.
GRECO hat bereits 2020 die Regelungen für die Bundesregierung mit Blick auf Korruptionsrisiken und Interessenkonflikte unter die Lupe genommen. Hinsichtlich finanzieller Interessenkonflikte hat die Staatengruppe im Ergebnis gefordert, die Transparenz bezüglich der finanziellen Interessen und Beteiligungen an Unternehmen der Bundesminister*innen, der Staatssekretär*innen und der Abteilungsleiter*innen „erheblich“ zu verbessern – und zwar über die Regeln für Mitglieder des Bundestages hinaus. Deutschland solle zudem in Erwägung ziehen, Familienangehörige in die Angaben mit aufzunehmen und diese einer angemessenen Überprüfung zu unterziehen.
Deutschland wies diese Forderung damals mit dem Argument zurück, dies sei verfassungsrechtlich hierzulande nicht möglich. Die Staatengruppe entgegnete dem, dass a) auch von Bundestagsabgeordneten einige Angaben verlangt werden und b) andere Länder durchaus „angemessene Lösungen gefunden haben, die mit ihrem jeweiligen Verfassungsrecht im Einklang stehen“.
Der GRECO-Forderung können wir uns nur anschließen. Für Mitglieder der Bundesregierung sollten strengere Standards gelten als für Bundestagsabgeordnete. Transparenz über finanzielle Interessen ist die Voraussetzung, um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden oder angemessen mit ihnen umzugehen. Das muss selbstverständlich auch Anzeigepflichten für finanzielle Interessen von Ehepartner*innen einschließen, da Amtsinhaber*innen mit den Ehepartner*innen eine Bedarfs- und damit auch Interessengemeinschaft bilden. Zudem könnten Anzeigepflichten sonst mit der Übertragung von Anteilen oder Stimmrechten leicht umgangen werden.
Das ist auch in anderen Regelungsbereichen so üblich: Aufgrund des besonderen Risikos für Korruption bei hochrangigen politischen Entscheidungsträgern werden diese im Rahmen der Finanzmarktregulierung als „Politisch Exponierte Personen (PEPs)“ eingestuft, für die besondere Regeln gelten. Dies schließt aus guten Gründen auch enge Angehörige mit ein.
Die Bundesregierung sollte die aktuelle Debatte zum Anlass nehmen, ihre Regelungen zur Integrität für ihre Mitglieder zu überarbeiten und insbesondere die Pflicht zur Abgabe einer finanziellen Interessenerklärung einführen.
4. Die CDU darf nicht mit doppelten Standards messen
Eine umfassende Modernisierung der Compliance-Regelungen für hochrangige Entscheidungsträger in den Ministerien hatten wir bereits in der letzten Wahlperiode anlässlich der Debatte um die Staatssekretäre Graichen und Philipp vorgeschlagen und Eckpunkte dazu vorgelegt.
Gerade im Fall Philipp ist bemerkenswert, dass die Union – damals Oppositionsführerin – sich nicht mit den gesetzlichen Pflichten zum Umgang mit Interessenkonflikten zufrieden gab. Udo Philipps hielt Anteile an Unternehmen bzw. Fonds, worüber er das Wirtschaftsministerium bei Amtsantritt informierte, obwohl er das nach den geltenden Regeln nicht hätte tun müssen. Doch das reichte der Union damals nicht aus. Die damalige wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU und heutige Bundestagspräsidentin, Julia Klöckner, sagte in diesem Zusammenhang gegenüber Business Insider:
„Bundesminister Habeck hat eine Glaubwürdigkeitslücke in seinem Ministerium: Zu viele Interessenskonflikte treten zutage, Verwandtschafts-, Freundes- und Lobbybündnisse, die eine gemeinsame, seit Jahren vorbereitete Klima-Denkrichtung widerspiegeln. Schon der böse Schein von Eigeninteresse muss von Regierungsmitgliedern und -Mitarbeitern verhindert werden, Vorteilsnahme ist untersagt.“
Unternehmer*innen sollten in die Politik wechseln können, betonte Klöckner damals, „aber dann bitte nicht zur eigenen Bereicherung. Gerade im genannten Fall muss es – sollten die Regelungen fehlen – klare Bestimmungen geben, wie mit möglichen Konflikten umgegangen wird. Und zwar nicht im nebulös Allgemeinen, sondern im konkreten Fall. Also Anzeigepflicht, und das Compliance-Referat muss sich alles anschauen und transparent machen.“
Die Union war sich also in der Vergangenheit durchaus bewusst, dass auch bei Einhaltung der gesetzlichen Regelungen Interessenkonflikte bestehen können und sich Integritätsfragen stellen, die aus Compliance-Sicht überprüft werden sollten. Der Eindruck, bei Weimer würden von Seiten der CDU andere Maßstäbe angesetzt als beim politischen Gegner, drängt sich durchaus auf.
5. Handlungsempfehlung im Fall Weimer und Ludwig-Erhard-Gipfel
Eine Anzeigepflicht für Unternehmensbeteiligungen hätte im Fall Weimer bereits zu Amtsantritt jeden Zweifel über die Anteilsstruktur der WMG ausgeräumt. Weimer und die Bundesregierung hätten von vornherein Berührungspunkte zwischen der wirtschaftlichen Tätigkeit der WMG und der Bundesregierung prüfen und Vorkehrungen treffen können.
Auch wenn die geltenden Gesetze es zulassen, dass ein amtierender Minister und seine Ehepartnerin von Lobby-Netzwerkevents mit Mitgliedern der Bundesregierung mindestens mittelbar persönlich profitieren, widerspricht dies dem politischen Anspruch nach höchsten Integritätsstandards. Daher sollte der Ludwig-Erhard-Gipfel in der bisherigen Form nicht stattfinden, solange Weimer Mitglied der Bundesregierung ist.
6. Zugang gegen Geld – grundsätzlich ein fragwürdiges Geschäftsmodell
Veranstaltungsformate wie der Ludwig-Erhard-Gipfel, auf denen Unternehmen Geld bezahlen, um auf Politiker*innen zu treffen, sind keine Besonderheit – und auch ohne die Beteiligung eines amtierenden Ministers am veranstaltenden Unternehmen problematisch.
Lobbyverbände veranstalten solche Events, um ihren Mitgliedern Zugang zur Politik zu bieten. Doch auch andere Medienverlage richten teilweise ähnliche Veranstaltungen aus, bei denen der Lobbyaspekt mal mehr, mal weniger im Vordergrund steht. Wir haben dies in der Vergangenheit wiederholt kritisch kommentiert. (Siehe zum Beispiel hier zur Agenda-Veranstaltung des Tagesspiegel-Verlags, hier zum „Tag der Immoblienwirtschaft“ oder hier zum „Wirtschaftsforum Neu Denken“ auf Mallorca.)
Dabei ist es auch gängig, verschiedene „Pakete“ zu unterschiedlichen Preisen zu verkaufen – sei es als „Premiumpartner“ oder „Sponsor“. Solche Pakete sind üblicherweise preislich nach Sichtbarkeit gestaffelt, aber auch der Verkauf von speziellen Zugangsrechten, wie beispielsweise einer VIP-Lounge oder einem exklusiven Abendessen, ist üblich.
Politiker*innen wiederum werden mit exklusiven, zum Teil auch luxuriösen Settings als Teilnehmende geworben und entsprechend umgarnt. Politiker*innen, die an solchen inoffiziellen Foren teilnehmen, begeben sich also in einen Rahmen, in dem Lobbyakteure je nach finanziellen Möglichkeiten sich Sichtbarkeit und Kontaktmöglichkeiten einkaufen können. Das ist undemokratisch, denn der Zugang zur Politik sollte nicht vom Geldbeutel abhängen.
Formate wie der Ludwig-Erhard-Gipfel spiegeln damit gesellschaftliche Ungleichgewichte wider und bieten einen verzerrten und intransparenten Debattenraum. Mit einem vielfältigen, transparenten und demokratischen Austausch haben sie wenig zu tun. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass wichtige politische Absprachen intransparent auf Privatveranstaltungen getroffen werden – für die nur selten Dokumentations- und Offenlegungspflichten gelten.
Politiker*innen sollten gut abwägen, an welchen Formaten sie teilnehmen – und den Austausch mit Lobbyakteuren in aller Regel lieber in einem neutralen Setting wie beispielsweise ihren Büros suchen. Politik und Wirtschaftslobby sollten deutlich mehr Abstand halten, sodass gar nicht erst der Anschein von exklusiven Absprachen in einem vordemokratischen Raum entstehen kann.

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