Mit dabei waren Unternehmens- und Lobbyvertreter:innen, Superreiche und im Jahr 2023 auch die Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner (CDU). LobbyControl kritisiert, dass elitäre Lobby-Konferenzen demokratische Strukturen schwächen. Zudem mangelt es an Transparenz darüber, wer die Kosten von solchen Reisen trägt.
Wolfgang Kubicki nahm im Juni 2023 an der Konferenz „Wirtschaft Neu Denken“ in einem Luxus-Hotel auf Mallorca teil. Organisiert wird diese regelmäßige Veranstaltung von einer Vermögensberatungsfirma Plattes Group, die diese als Networking und Lobby-Event für ihre Kundinnen und Kunden aus dem Kreis der Hochvermögenden anbietet. Zu den Teilnehmer:innen zählten außerdem CDU-Politikerin Julia Klöckner sowie u.a. Ex-Bayer-Chef Werner Baumann, Herbert Diess von Infineon sowie Vertreter von BlackRock, der Schwarz Gruppe und von Freihandelszonen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Eliten-Netzwerke überlagern demokratische Prozesse
„Es ist anrüchig, wenn sich Bundestagsabgeordnete Luxusreisen zu Lobby-Konferenzen bezahlen lassen. Das schadet dem Ansehen des Bundestags – und damit auch der Demokratie. Auf der ‚Neu Denken‘-Konferenz verkauft ein Dienstleister der Superreichen ‚Einblicke in die Denk- und Handlungsstrukturen bedeutender Persönlichkeiten und Entscheidungsträger‘. Auf solche elitären Lobby-Events der Superreichen sollten sich Politiker:innen nicht einladen lassen. Hier gleichen sich Positionen und Anliegen der Eliten an, Netzwerke verfestigen sich. So überlagern diese informellen Strukturen demokratische Aushandlungsprozesse,“ kommentiert Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl.
Klöckner und Kubicki gaben beide an, als Dienstreise nach Mallorca gereist zu sein. Für Kubicki übernahmen die Veranstalter die Reisekosten. Es liegt nahe, dass er in seinem eigenen Feriendomizil vor Ort wohnte. Für Klöckner, die als wirtschaftspolitische Sprecherin von der Unionsfraktion entsendet wurde, bezahlte der Veranstalter die Hotelkosten. Alle Kosten wurden von der Plattes Group direkt mit Airlines bzw. dem Hotel abgerechnet. Auffällig ist auch, dass Kubickis Reise nicht im Bericht des Bundestages über Abgeordnetenreisen auftaucht, obwohl die Reisen von Präsidiumsmitgliedern eigentlich vollständig aufgelistet werden müssen.
Einfallstor für Lobbyinteressen
„Wenn Dritte luxuriöse Reisen für Abgeordnete finanzieren, ist das ein Einfallstor für einseitigen Lobbyismus und Interessenkonflikte. Gerade wenn das bei offiziellen Dienstreisen geschieht, braucht es deswegen unbedingt Transparenz. Das ist aber nicht der Fall. Wir können oft nicht nachvollziehen, wer die Reisen von Abgeordneten bezahlt und besonders bei Fraktionsreisen gibt es kaum Rechenschaftspflichten. Der Bundestag sollte jegliche externe Finanzierung für Abgeordnetenreisen offenlegen.
Kubickis und Klöckners Dienstreisen werfen viele Fragen auf, z.B. ob die Kostenübernahme in dieser Form gesetzeskonform ist (*) und warum sich Kubickis Reise nicht im Bundestagsbericht findet. Die Bundestagsverwaltung muss diese Fälle prüfen, für Klarheit sorgen und geltendes Recht durchsetzen. Wolfgang Kubicki täte als Bundestagsvizepräsident gut daran, als Vorbild voranzugehen und proaktiv für Transparenz zu sorgen,“ fordert Aurel Eschmann, Experte für Lobbyregulierung von LobbyControl.
* Inzwischen stellte die Bundestagsverwaltung gegenüber Lobbycontrol klar, dass die direkte Übernahme von Kosten durch Dritte bei Dienstreisen von Abgeordneten üblich sei. Dennoch besteht ein Transparenzdefizit bei solchen Transaktionen.
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