Parteienfinanzierung

Nach Bundestagswahl: OSZE empfiehlt Deutschland schärfere Regeln für Wahlkampffinanzierung

Gestern erschien der Bericht der OSZE-Beobachtermission zur Bundestagswahl. Er konstatiert mehrere Probleme im Bereich Parteienfinanzierung und formuliert dazu eine ganze Reihe von Empfehlungen.
von 28. November 2017

Gestern erschien der Bericht der OSZE-Beobachtermission zur Bundestagswahl. Der Prüfauftrag der Mission, ihre Kritik und Verbesserungsvorschläge halten sich in einem überschaubaren Rahmen. Dennoch konstatiert der Report gleich mehrere Probleme im Bereich Parteienfinanzierung und formuliert dazu eine ganze Reihe von Empfehlungen.

Verdeckter Wahlkampffinanzierung begegnen

Allgemein hebt der Bericht hervor, dass es auf gesetzlicher Ebene an detaillierten Regelungen für die Wahlkampffinanzierung fehlt: Weder gibt es Obergrenzen für die Wahlkampfausgaben und -einnahmen der Parteien noch Vorschriften für Wahlkampagnen von parteiunabhängigen Dritten (S. 5). Eine besorgniserregende Folge dieser Gesetzeslücke taucht im Bericht auf: Die verdeckte AfD-Wahlkampfhilfe durch den „Verein zur Erhaltung der Rechtstaatlichkeit“ im Wert von mehreren Millionen Euro. Der Verein hatte allein zur Bundestagswahl u. a. 600.000 Exemplare des „Deutschlandkurier“, Großplakate und Internetwerbung bezahlt, mit denen zur Wahl der AfD aufgerufen wurde. Die Geldgeber sind bis heute unbekannt – für finanzielle Zuwendungen in dieser Höhe ein in der Geschichte der Bundesrepublik beispielloser Vorgang (siehe dazu unser Hintergrundpapier). Die OSZE empfiehlt, künftig auch Wahlkampagnen Dritter (wie des „Vereins“) einer Regulierung zu unterwerfen, „um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Wahlprozesses zu sichern“ . Das ist begrüßenswert – auch wir fordern eine solche Ergänzung und haben dafür in unserem Eckpunktepapier zur Parteienfinanzierung Vorschläge gemacht.

Wahlkampffinanzen vor der Wahl offenlegen

Auch von den regulären Wahlkampfspenden wird aus Sicht der OSZE zu wenig rechtzeitig vor dem Wahltermin bekannt. Sie empfiehlt deshalb eine gesonderte Rechenschaftspflicht für Wahlkampffinanzierung einzuführen, die „in Übereinstimmung mit guter internationaler Praxis“ gewährleistet, dass sich die Wählerinnen und Wähler noch vor dem Urnengang über die finanziellen Hintergründe der Kandidierenden informieren können. Dabei wäre es aus Sicht der OSZE insbesondere wünschenswert, wenn Großspenden nicht erst ab 50.000 Euro unmittelbar veröffentlicht würden. Eine konkrete Empfehlung für eine niedrigere Transparenzschwelle gibt der Bericht jedoch nicht. LobbyControl fordert, diese Schwelle bei maximal 10.000 Euro anzusetzen und Spenden ab 2000 Euro in den Rechenschaftsberichten namentlich zu veröffentlichen.

Aufsicht unabhängig und effektiv machen

Drittens greifen die OSZE-Beobachter eine alte Forderung von uns, der GRECO (Staatengruppe des Europarats gegen Korruption) und des ehemaligen Bundestagspräsidenten Lammert (CDU) auf: Die Aufsicht über die Parteienfinanzierung einer parteipolitisch „unabhängigen und effektiven“ Instanz zu übertragen. Die bisher mit dieser Aufgabe betraute Bundestagsverwaltung untersteht einem Parteipolitiker, was potentiell zu Interessenkonflikten führen kann. Derzeit wird sie von Wolfgang Schäuble geführt, der selbst in den großen CDU-Spendenskandal verstrickt war. Und auch die Effektivität des Apparats steht in der Praxis immer wieder infrage, so werden die Rechenschaftsberichte der Parteien immer noch als eingescannte Papierdokumente veröffentlicht. Problematischer noch sind die mangelnden Kontroll- und Sanktionsbefugnisse der Behörde, durch die offizielle „Prüfungen“ bisweilen zur Farce zu werden drohen.

Insgesamt sind die Empfehlungen der Beobachtermission deutlich schwächer formuliert als in OSZE-Berichten von Wahlen in autoritär regierten Ländern wie beispielsweise Aserbaidschan. Dennoch wird deutlich, dass Deutschland von den im OSZE-Handbuch niedergelegten Maßstäben noch ein gutes Stück entfernt ist. Der neue Bundestag sollte die Empfehlungen der OSZE zum Anlass nehmen, die zum Teil seit langem bekannten Missstände bei der Parteienfinanzierung endlich anzugehen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Bericht einen marginalen Fehler enthält – im Verweis auf die LobbyControl-Auswertung der Parteispenden der Autolobby (Fußnote 29). Die dort zitierten 17 Millionen Euro flossen nicht in 2017, sondern von 2009 bis 2017. Das können übrigens auch Sie mit wenigen Klicks in unserer Parteispenden-Datenbank überprüfen.

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