Parteienfinanzierung

Dubiose Wahlkampfhilfe für AfD: Schnelle Aufklärung notwendig

Unbekannte Spender haben rund zwei Millionen Gratiszeitungen finanziert, die zur Wahl der AfD aufrufen und an Haushalte in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verteilt wurden. Der Organisator der Aktion hält die Spendernamen geheim, die AfD-Führung gibt sich ahnungslos. Der Vorgang bewegt sich in einem rechtlichen Graubereich der Wahlkampffinanzierung. Er sollte umgehend aufgeklärt werden – noch vor den Landtagswahlen.
von 7. März 2016

Wie die Stuttgarter Nachrichten und der Spiegel berichteten, haben unbekannte Spender rund zwei Millionen Gratiszeitungen finanziert, die zur Wahl der AfD aufrufen und an Haushalte in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verteilt worden sind. Herausgegeben wurde die „Extrablatt für die Landtagswahl“ betitelten Druckwerke vom Leipziger Polifakt-Verlag des AfD-Mitglieds Josef Konrad. Die Parteiführung der AfD will von der „Extrablatt“-Produktion nichts gewusst haben, sondern selbst davon überrascht worden sein. Organisator Konrad wiederum hält die Namen der Geldgeber – zwölf Mitglieder einer „Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ – geheim.

Ein Mann steckt einen Umschlag mit Geld in sein Jackett

(Grafik: A-r-e-s CC0)

Juristische Grauzone genutzt

Laut Parteiengesetz dürfen Parteien anonyme Spenden nur bis maximal 500 Euro annehmen. Großspenden über 50.000 Euro müssen umgehend mit Namen der Spender veröffentlicht werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine geldwerte Leistung von mehreren Hunderttausend Euro. Doch mit der Finanzierung von Wahlkampfmaterial über einen Dritten, den Verleger Konrad, nutzen die anonymen Gönner der AfD eine juristische Grauzone. Diese Form der Wahlkampfunterstützung wird von den Transparenzvorschriften des Parteiengesetzes nicht eindeutig geregelt.

Mangelnder Aufklärungswille der AfD ist skandalös

Bisher kann nicht nachgewiesen werden, dass es im Vorhinein Absprachen über das „Extrablatt“ mit Parteifunktionären gab. Die Geschichte, dass AfD-Parteiführung und Spitzenkandidaten nichts von der Wahlkampfhilfe wussten, überzeugt jedoch nicht. Der Polifakt-Verlag und die AfD müssen jetzt die Herkunft der Gelder offenlegen. Ihr bisheriger Mangel an Aufklärungswillen ist skandalös. Unsere Anfragen an die AfD-Bundespartei, an die Landesverbände Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie an den Polifakt-Verlag, in denen wir die Offenlegung der Spendernamen und Höhe der Zuwendungen verlangten, blieben unbeantwortet.

Bundestagsverwaltung prüft den Fall

Auch die für die Aufsicht über die Parteienfinanzierung zuständige Bundestagsverwaltung muss jetzt alles dafür tun, den Vorgang zügig aufzuklären. Auf unsere Nachfrage teilte die Verwaltung am Montag per Email mit, sie führe derzeit eine Sachverhaltsklärung durch. Es ist zu hoffen, dass bald Ergebnisse vorliegen. Zumindest die Spendernamen müssen noch vor Sonntag bekannt werden, wenn in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gewählt wird. Wählerinnen und Wähler sollten vor der Stimmabgabe wissen, aus welchen Quellen sich der Wahlkampf von Parteien und Kandidierenden finanziert.

Die Transparenzlücke ist keineswegs neu

In formaler Hinsicht, d. h. abgesehen von den hetzerischen Inhalten des „Extrablatts“, erinnert der Vorgang an die undurchsichtige Finanzierung des „peerblog“  im Bundestagswahlkampf 2013. Schon zuvor hatte zudem der Unternehmer Carsten Maschmeyer in ähnlich intransparenter Weise Wahlwerbung für Gerhard Schröder und Christian Wulff finanziert. Die damals deutlich gewordene Transparenzlücke wurde vom Gesetzgeber nie geschlossen. Wir brauchen endlich eine ernsthafte Diskussion über mehr Transparenz und Schranken für Wahlkampf-Finanzierung. Sie unterliegt in anderen Ländern deutlich strengeren Regeln als in Deutschland, wie zuletzt der OECD-Bericht „Financing Democracy“ herausgestellt hat.

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