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EU-Kommission scheut Auseinandersetzung um Interessenskonflikte und interne „U-Boote“

Die Europäische Kommission will intern für mehr Ethik sorgen – aber einer wirklichen Auseinandersetzung mit Interessenskonflikten, U-Booten in den eigenen Reihen oder dem Drehtür-Phänomen geht sie aus dem Weg. Das ist unser Fazit einer gestern vorgelegten Mitteilung über die “Förderung der Berufsethik in der Kommission”. (Die Mitteilung soll demnächst auf der Webseite des Vizepräsidenten der […]
von 6. März 2008

Die Europäische Kommission will intern für mehr Ethik sorgen – aber einer wirklichen Auseinandersetzung mit Interessenskonflikten, U-Booten in den eigenen Reihen oder dem Drehtür-Phänomen geht sie aus dem Weg. Das ist unser Fazit einer gestern vorgelegten Mitteilung über die “Förderung der Berufsethik in der Kommission”. (Die Mitteilung soll demnächst auf der Webseite des Vizepräsidenten der EU-Kommission, Siim Kallas, veröffentlicht werden).

Aus Sicht der Allianz für Lobby-Transparenz und Ethische Regeln (ALTER-EU), an der sich LobbyControl beteiligt, ist das Papier enttäuchend. Zwar will die EU-Kommission bisherige Orientierungshilfen zu Geschenken und Vergünstigungen formalisieren und den bisherigen Kommissionsbeschluss über Nebentätigkeiten überprüfen und aktualisieren. Aber sie sagt nicht, wie die Regeln tatsächlich gestaltet werden sollen, und liefert keine konkreten Ansätze, wie sie bestehende Probleme tatsächlich lösen will.

ALTER-EU fordert schon lange eine verpflichtende Karenzzeit für Kommissionsbeamte, die in Lobby-Jobs wechseln wollen. In der Vergangenheit gab es viele dieser problematischen „Drehtür“-Fälle, z.B. aus der Generaldirektion Industrie zur Chemielobby oder von der Generaldirektion Umwelt zu Atomkonzernen.

U-Boote in der EU-Kommission
Ein brisantes Problem sind zudem „U-Boote“ in der Kommission, also Vertreter von Unternehmen oder Verbänden, die direkt in der Kommission arbeiten. Dies haben die Monitor-Journalisten Sascha Adamek und Kim Otto in ihrem jüngst erschienen Buch „Der gekaufte Staat“ enthüllt. EU-Kommissar Kallas wird darin zitiert, dass er diese inakzeptable Praxis stoppen will. In dem neuen Papier der EU-Kommission wird darüber aber kein Wort verloren.

Ein aktueller Bericht in der WAZ schildert das Problem und die ausweichenden Reaktionen der EU-Kommission. Wir fordern von der EU-Kommission einen offiziellen und definitiven Stopp dieser Praxis.

Einseitige Studie als Basis
Problematisch an der Mitteilung der EU-Kommission ist zudem, dass sie sich auf eine einseitige Studie von Ende letzten Jahres bezieht. Die Studie
Regulating Conflicts of Interest for Holders of Public Office in the European Union“ (pdf) wurde vom European Institute of Public Administration im Auftrag der EU-Kommission durchgeführt. Sie ist allerdings methodisch und inhaltlich kritikwürdig – eine Analyse in Englisch findet sich auf der ALTER-EU-Webseite (pdf).

> Die komplette, englische Pressemitteilung von ALTER-EU zu dem Thema (pdf)

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