CDU/CSU setzt mit rechter Mehrheit Arbeitsgruppe zur NGO-Finanzierung im EU-Parlament ein
Nina Katzemich, EU-Campaignerin bei LobbyControl, erklärt:
„Die CDU/CSU setzt im EU-Parlament ihre Diffamierungskampagne gegen NGOs fort. Dafür nutzt sie völlig unverhohlen Mehrheiten mit antidemokratischen und antieuropäischen Parteien wie der ungarischen Fidesz und dem französischen Rassemblement National. Die Arbeitsgruppe ist eine neue Wendung in den seit Monaten andauernden Versuchen, finanzielle Förderungen von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen durch die EU als unrechtmäßig zu diskreditieren. Dabei stützt sie sich auf falsche Erzählungen von angeblichen Geheimverträgen und Lobbyarbeit von NGOs im Auftrag der EU-Kommission. Mehrfach wurden diese Vorwürfe inzwischen widerlegt. Es geht der CDU/CSU mit dieser Arbeitsgruppe nicht um Erkenntnisinteresse, sondern darum, unliebsame zivilgesellschaftliche Organisationen zu schwächen. Das erinnert an Viktor Orbán und Donald Trump.“
Warum das Gremium fragwürdig und einseitig ist:
- Die Arbeitsgruppe soll die Finanzierung ausschließlich von zivilgesellschaftlichen Verbänden untersuchen und nicht etwa von allen, die Gelder von der EU bekommen. Aus dem viel diskutierten Umweltfonds LIFE werden zwischen 2021 und 2027 Mittel in Höhe von 5,4 Milliarden Euro bereitgestellt, um Umwelt- und Klimaprojekte zu unterstützen. Davon gehen gerade einmal 0,3 Prozent in Betriebskostenzuschüsse für Nichtregierungsorganisationen.
- Während nun ein eigens eingesetztes Gremium gezielt NGOs unter die Lupe nehmen soll, blockieren die konservativen Fraktionen seit Monaten das längst beschlossene EU-Ethikgremium. Dieses soll institutionenübergreifend bessere Ethik- und Transparenzstandards erarbeiten, auch für EU-Abgeordnete selbst.
- Gleichzeitig bleiben schwerwiegende Skandale wie die mutmaßliche Einflussnahme durch Huawei oder die Verbindungen rechter Abgeordneter – etwa Maximilian Krah – zu Russland und China weitgehend unbearbeitet. Es gäbe hier jede Menge drängende Fragen, in denen das Europäische Parlament sich auch selbst aktiv um Aufklärung bemühen könnte – das Interesse an Wahrheitsfindung in eigener Sache scheint aber jedenfalls bei den konservativen und rechten Parteien sehr gering.
- Entgegen der Darstellung von CDU/CSU hat der Europäische Rechnungshof in seinem Bericht vom April 2025 keine Hinweise auf „unangemessene Lobbyaktivitäten“ durch NGOs gefunden. Ebenso wenig gäbe es laut Rechnungshof Anzeichen dafür, dass die Kommission Nichtregierungsorganisationen dafür bezahlt, Lobbyarbeit beim Europäischen Parlament zu betreiben. Der Bericht bestätigt auch, dass die Finanzierung durch die Europäische Union im Rahmen eines transparenten und kontinuierlichen Dialogs mit Organisationen der Zivilgesellschaft rechtmäßig zur Förderung des öffentlichen Interesses eingesetzt werden kann. Er stellt lediglich fest, „die EU-Kommission habe die Informationen, die ihr über die Interessenvertretung durch von der EU finanzierte NGOs vorlagen, nicht klar offengelegt.“ Eine derartige Offenlegung sollte unseres Erachtens auch für alle anderen Geldempfänger gelten.
Hintergrund
- LobbyControl-Kommentar zur Kampagne gegen Nichtregierungsorganisationen bei Tagesspiegel Background
- Unsere Pressemitteilung zur Blockade beim Ethikgremium
- Rechnungshof Report zur NGO-Finanzierung
- Pressemitteilung von LobbyControl zu Falschbehauptungen von Monika Hohlmeier MdEP