Lobbyregister

Transparency und degepol für Lobbyistenregister – aber schwach in konkreten Details

Transparency International Deutschland (TI) und degepol – Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (ein Lobbyisten-Netzwerk) haben heute eine gemeinsame Stellungnahme vorgelegt zum Thema „Interessenvertretung in Deutschland transparenter gestalten und fair regeln“. LobbyControl begrüßt, dass die Debatte über Regeln und Schranken für Lobbyisten damit in Deutschland weiter an Fahrt aufnimmt – sieht aber zugleich deutliche Schwachstellen in dem […]
von 3. Dezember 2008

Transparency International Deutschland (TI) und degepol – Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (ein Lobbyisten-Netzwerk) haben heute eine gemeinsame Stellungnahme vorgelegt zum Thema „Interessenvertretung in Deutschland transparenter gestalten und fair regeln“. LobbyControl begrüßt, dass die Debatte über Regeln und Schranken für Lobbyisten damit in Deutschland weiter an Fahrt aufnimmt – sieht aber zugleich deutliche Schwachstellen in dem Papier.

Positiv ist, dass sich Transparency und degepol für ein verpflichtendes Lobbyistenregister für alle Interessenvertreter aussprechen (inklusive Anwälte, die im Lobbybereich tätig sind). Dennoch sind die Vorschläge nicht ausreichend:

1) Die Lobbyisten sollen ihre Budgets nur in sehr groben Stufen von 100.000 Euro angeben. Das ist unzureichend und fällt noch hinter die 50.000 Euro-Stufen des neuen Registers der EU-Kommission zurück. LobbyControl fordert die Angabe in Schritten von (höchstens) 10.000 Euro. Ansonsten lässt sich beispielsweise bei Lobby-Allianzen nicht erkennen, wer wirklich dahinter steht.

Ein (fiktives, aber nicht unrealistisches) Beispiel: eine Pharmafirma beauftragt eine Lobby-Agentur mit einer Kampagne zur Gesundheitspolitik. Sie finanziert die Kampagne mit 90.000 Euro. Wenn die Agentur ein Forschungszentrum und zwei Patientengruppen als symbolische Unterstützer gewänne, die je 1.000 Euro dazulegen, würden das Pharma-Unternehmen, das Forschungszentrum und die Patientengruppen alle als Kunden im Bereich 0-100.000 Euro registriert. Damit bleibt für die Öffentlichkeit verborgen, dass die Kampagne eigentlich von dem Pharma-Unternehmen bezahlt wird. Nur die Offenlegung in kleineren Stufen wie 10.000 Euro schafft deshalb die nötige Transparenz.

2) Verstöße gegen das Lobbyregister sollen nach Transparency und degepol durch ein Organ der freiwilligen Selbstkontrolle geahndet werden. Als Maximalstrafe ist der dauerhafte Ausschluss aus dem Register vorgesehen. Nach Ansicht von LobbyControl muss ein verpflichtendes Lobbyregister von einer unabhängigen, öffentlichen Einrichtung kontrolliert werden, die auch eigenständige Kontrollen vornimmt. Als Sanktionen sind zudem Geld- oder strafrechtliche Konsequenzen in schweren Fällen vorzusehen (wie auch in den USA).

Neben dem Lobbyistenregister beschäftigt sich das Papier mit Interessenskonflikten:

1) Zur Problematik der externen Mitarbeiter in Ministerien stellen TI und degepol den Austausch von Wirtschaft und Politik nicht grundsätzlich in Frage. Sie wollen nur eine Klarstellung für befristete Arbeitsverträge und etwas mehr Transparenz. Aus Sicht von LobbyControl muss die Mitarbeit von Lobbyisten direkt in den Ministerien ganz beendet werden. Denn von dieser Form der Mitarbeit profitieren vor allem Unternehmen und Wirtschaftsverbände, die die Ressourcen aufwenden können, um eigene Mitarbeiter in den Ministerien zu bezahlen.

2) Sinnvoll ist dagegen die Betonung einer Passage aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Nebentätigkeiten von Abgeordneten von 2007. Danach sollen Abgeordnete im Falle von Nebentätigkeiten, die Interessenskonflikte verursachen, die Nebentätigkeit nicht übernehmen anstatt das Abgeordnetenmandat nicht auszuüben.

3) Zum Thema der Wechsel von Politikern in Lobby-Tätigkeiten schlagen die beiden Organisationen eine freiwillige Selbstverpflichtungserklärung vor. Lobbyorganisationen sollen eine nicht näher bestimmte Karenzzeit einhalten, bevor sie ehemalige Regierungsmitglieder, Ministerial- oder Wahlbeamte beschäftigen. Dieser Vorschlag bleibt letztlich wirkungslos, weil er erstens rein freiwillig ist und die Karenzzeit nicht festgelegt ist. LobbyControl fordert eine verpflichtende Karenzzeit von 3 Jahren, bevor ehemalige Regierungsmitglieder und leitende Beamte als Lobbyisten arbeiten dürfen.

Fazit
Transparency und degepol liefern mit dem Papier Anstöße für eine weitergehende Debatte über Lobbyismus und Demokratie. Allerdings bleiben die Vorschläge in den konkreten Details hinter dem Notwendigen zurück.

Zudem ist die Zielrichtung des Papiers zu beschränkt. Nach Transparency und degepol ist das Ziel, „das Vertrauen der Bevölkerung in Politik und Interessenvertreter zu erhöhen bzw. zurück zu gewinnen und diejenigen in Politik und Interessenvertretung zu schützen, die sich an die ethischen Standards halten.“

Das Ziel von LobbyControl ist dagegen eine weitergehende Demokratisierung der Politik und mehr Mitsprache der Bevölkerung anstelle häufig elitärer und von Machtungleichgewichten geprägter Politikprozesse. Wir wollen, dass die Stimme von jeder und jedem zählt – und nicht nur mächtige Lobbygruppen das Sagen haben. Dazu ist mehr Transparenz wichtig, aber nur ein erster Schritt. Die Auseinandersetzung mit den Formen des heutigen Lobbyismus muss auch aufgreifen, dass unterschiedliche gesellschaftliche Interessen ungleiche Ressourcen und ungleiche Zugänge zu Politik und Medien haben.

Weitere Informationen:

> Zum externen Mitarbeiter siehe auch unsere Kurzanalyse zum Bericht der Bundesregierung von Oktober (pdf)

> Zu Karenzzeiten siehe unsere Studie „Fliegende Wechsel – die Drehtür kreist“ von Nov 2007.

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Kommentare

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8 Kommentare

Markus4. Dezember 2008 um 23:32

Mit dem Ansatz der „freiwilligen Selbstverpflichtung“ wird man weder „ehrbare Lobbyisten“ noch „ehrbare Politiker“ bekommen, sondern einmal mehr „Böcke“ zu „Gärtnern“ machen und eine im Unklaren gelassene Öffentlichkeit. Wie war doch gleich noch der Name? – „Transparency International“ oder etwa doch „Intrasparency International“?

heiko kretschmer9. Dezember 2008 um 15:30

Lieber Ulrich Müller,

die Anmerkungen von LobbyControl klingen sicherlich auf den ersten Blick sehr plausibel. Sie sind es meines Erachtens nach aber nicht.

Erstens die Clusterung der finanziellen Offenlegung: Die 10 TEU Schritte stellen meines Erachtens eine Pseudogenauigkeit dar, die weder erforderlich noch sinnvoll ist. Welche zusätzliche Erkenntnis erwächst denn aus dem Umstand, dass man die Beträge so genau kennt? Eigentlich keine, denn entscheidend ist es doch, die Größenordnungen des jeweiligen Lobbyapparates abschätzen zu können und erkennen zu können, wo Kampagnen gefahren und wo „nur“ normale Lobbyarbeit gemacht wird. Wir reden also darüber, ob jemand einen fünfstelligen Betrag ausgibt, eine übliche laufende Organisation unterhält (zwischen 100 TEU und 400 TEU) oder richtige Kampagnen fährt (zwischen 500 TEU und 5 Mio Euro). Wenn man also die finanzielle Offenlegung befürwortet (und an dieser Stelle ist das Papier sicherlich ein Zugeständnis von degepol an Transparency International, denn die Sinnhaftigkeit dieser Offenlegung lässt sich generell hinterfragen, ist aber für die NGO Seite ein absolutes Muss einer jeden Regelung), dann sollte man zumindest im Blick behalten, dass es ein funktionsfähiges System bleibt. Schritte von 10 TEU bedeuten, dass jede Meldung jeder Etatzahl ständig controllt und neu ins Register eingetragen werden muss. Als Agenturchef weiß man, dass Budgets in der Planung monatlich immer in Größenordnungen einiger zehntausend Euro schwanken können. Das steigert die Anfälligkeit für unabsichtliche Fehlmeldungen und den bürokratischen Aufwand. Zudem würde ein solches System vermutlich auch rechtlich nicht Bestand haben, weil ein so enges Raster im Beratungsmarkt es jederzeit ermöglicht das Pricing des Wettbewerbs exakt nachzuvollziehen und damit Wettbewerb als solches zu konterkarrieren. Das eigentliche Problem ist doch ein ganz anderes. Und das macht das Kallas-Register gerade deutlich: Was ist eigentlich die genaue Definition eines Lobby-Budgets? Nur ausgelagerte Kampagnenkosten? Die auflaufenden Kosten des unmittelbaren Lobbyings (also Veranstaltungen, Gespräche etc.)? Oder auch die Bürokosten? Was wenn ein Lobbybüro so aufgestellt ist, dass nur ein Leiter des Büros in Berlin sitzt, die verschiedenen Konzernstäbe ihm aber inhaltlich zuarbeiten? Ein anderes Unternehmen aber einen unabhängigen, jedoch insgesamt kleinen Stab von vier Leuten in Berlin unterhält. Wer hat dann mehr Geld ausgegeben? Hier saubere rechtlich tragfähige Definitionen zu finden, ist die Herausforderung, nicht das Geschachere um (ich wiederhole mich) pseudo-genaue Raster.

Zweitens die Mitarbeit in Ministerien
Wir bleiben dabei: Wir wünschen uns mehr Austausch zwischen Ministerien, Bürokratien und Gesellschaft und Unternehmen. Es wäre zu begrüßen, wenn in solche Programme auch NGOs und zivilgesellschaftliche Institutionen verstärkt eingebunden werden, damit der Austausch und das wechselseitige Verständnis in und zwischen den verschiedenen Sphären weiter wächst. Wichtig ist, dass dieses mit voller Transparenz für alle Beteiligten geschieht und institutionelle Interessenkonflikte im Rahmen von Gesetzgebungsprozessen vermieden werden. Genau das beschreibt das Papier von degepol und Transparency International aber. Ein weitergehendes Verbot eines Austausches halten wir demnach für eine Fehlentwicklung, die es zu verhindern gilt.

Drittens Karenzzeiten
In der Tat eine spannende Diskussion, in der es auch innerhalb der degepol sehr unterschiedliche Positionen gibt. Eine Karenzzeit für Politiker, sofern diese nicht ein Exekutivamt bekleidet haben, ist aber mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Insoweit also ist die pauschale Forderung nach Karenzzeiten für Politiker tatsächlich nicht mit dem im Grundgesetz garantierten freien Abgeordneten in Übereinstimmung zu bringen.

Ich persönlich freue mich auf die weitere Diskussion.

Gruß
Heiko Kretschmer

stefankretschmann11. Dezember 2008 um 19:23

Politiker bekommen ihr Geld vom Steuerzahler. Sie werden dafür bezahlt, das sie aufpassen das wir das Volk nicht übers Ohr gehauen werden. Werden wir aber.
Kein Volksvertreter bekommt Geld von Dritten!
Sonst nenne ich das Koruption.
Das Problem am System ist das System.

Friede über alle Grenzen
raumbrueder

Jannis12. Dezember 2008 um 14:29

Nach Transparency und degepol ist das Ziel, „das Vertrauen der Bevölkerung in Politik und Interessenvertreter zu erhöhen.“
Das klingt schon sehr nach einer reinen Image-Verbesserungskampagne.
Meines Erachtens ist die Forderung von LobbyControl die ungleiche Ressourcenverteilung aufzugreifen der zentrale Punkt. Schließlich ist das Lobbying nur ein Symptom der Tatsache, dass in kapitalistischen Gesellschaften Macht und ökonomische Stärke nun einmal weitgehend zusammenfallen.

U. Müller23. Dezember 2008 um 16:44

Lieber Heiko Kretschmer,

danke für Ihren ausführlichen Kommentar. Wegen der Vorstellung unseres LobbyPlanet Berlin und den vielen kleinen Dingen, die vor Jahresende noch zu erledigen sind, folgt die Antwort leider erst im Januar.

Allen fröhliche Feiertage und ein gutes neues Jahr, Uli Müller

U. Müller3. Februar 2009 um 17:50

Lieber Herr Kretschmer,

jetzt hat es leider bis Anfang Februar gedauert, sorry. Der Jahresanfang war turbulenter als gedacht, dafür sind meine Anmerkungen zu ihrem Kommentar sind länger geworden ;-). Ich freue mich auf Ihre Reaktion.

1) Lobbyistenregister

Ihr erster Punkt geht eigentlich auf drei Aspekte ein: den Nutzen genauerer Finanzangaben, die Umsetzung/ Machbarkeit und die Frage der Definitionen.

Der Nutzen genauer Finanzdaten
Sie schreiben, dass genaue Finanzdaten eigentlich keinen Nutzen haben, es würde nur darum gehen, „wo Kampagnen gefahren und wo ‚nur’ normale Lobbyarbeit gemacht wird“. Sie gehen nicht auf mein Beispiel oben ein, dass Finanzdaten in kleinen Schritten notwendig sind, um gerade bei strategischen Allianzen zu sehen, wer wirklich die Hauptauftraggeber sind. Außerdem sollte ein Register aus meiner Sicht eine angemessene Differenzierung der Größe einzelner Lobby-Akteure erlauben und dazu sind 100.000 Euro-Schritte einfach zu groß. Meiner Einschätzung nach ist deshalb nicht unsere Forderung „pseudo-genau“, sondern der Vorschlag von 100.000 Euro-Stufen „pseudo-transparent“.

Die Umsetzung/ Machbarkeit
Ich finde es erstaunlich, dass Sie eine monatliche Aktualisierung ins Spiel bringen. Das sieht meines Wissens kein Vorschlag für ein Lobbyregister vor. Wir setzen uns für quartalsweise Aktualisierungen ein. Wenn man das US-Konzept übernehmen würde, sähe das so aus: eine Agentur übernimmt einen Lobby-Auftrag von Kunden X und trägt diesen Kunden X in das Register ein (noch ohne Zahlen). Am Ende jedes Quartals trägt die Agentur die Ausgaben der letzten drei Monate für den Kunden X ein. Das Register enthält also keine sich dauernd ändernden Planzahlen, sondern tatsächlich geflossene Ausgaben. Diese muss die Agentur sowieso buchhalterisch erfassen. Die Eingabe der Daten sollte online schnell und unkompliziert über vordefinierte Eingabemasken erfolgen. Das ist technisch kein Problem. Insofern kann ich Ihre Argumente gegen die Machbarkeit eines engeren Finanzrasters nicht teilen. In den USA funktioniert das Register mit einem engen Raster von 10.000 $.

Ich halte auch das Argument „Transparenz des Pricings“ nicht für schlagkräftig. Erstens würde das Register ja nicht die Planzahlen, sondern die realen Ausgaben erfassen. Selbst eine konkurrierende Agentur, die sich um den gleichen Lobby-Etat beworben hat, kann daraus nicht eins-zu-eins ihr Angebot erschließen, da sich die Pläne und Kosten in der Umsetzung ja verändern können. Sie würde nur ein ungefähres, aggregiertes Bild bekommen, aus dem sich nicht die einzelnen Posten herauslesen lassen. D.h. am Ende wissen die einzelnen Agenturen vielleicht etwas mehr über die anderen (wobei ich vermute, dass Sie innerhalb der Szene sowieso einen ungefähren Überblick über Ihre Konkurrenten haben) – aber das genaue Pricing können sie nicht ableiten. Ich kann sowieso nicht sehen, wie mehr Transparenz den Wettbewerb konterkarieren würde. Es würde ihn vielleicht leicht verschärfen, aber Sie sind ja nicht die einzige Branche, deren Preise bekannt sind. Zudem haben Sie ja als Agentur ein nicht-standardisiertes Produkt, wo die reine Vergleichbarkeit über den Preis sowieso fragwürdig ist. In der Abwägung öffentliches Interesse an mehr Transparenz versus (vermeintliche) Angst vor mehr Wettbewerb überwiegt aus meiner Sicht klar das öffentliche Interesse.

Definitionen
Was den Punkt der Definitionen angeht, stimme ich Ihnen vollkommen zu, dass tragfähige Definitionen und Richtlinien für die Registrierung grundlegend sind. Allerdings ist das kein Gegensatz zur Frage des Finanzrasters. Ich halte nichts davon, diese beiden Aspekte (vermeintlich) gegeneinander auszuspielen.

Die EU-Kommission hat bei ihrem Register leider nicht sauber gearbeitet. Das ist aber kein Argument gegen ein Register an sich. Wir haben von NGO-Seite dann einige Zeit verwandt, um eigene Richtlinien (pdf) auszuarbeiten und damit einen konstruktiven Beitrag nach vorne zu leisten. Wir hoffen, dass die EU-Kommission das Register noch dieses Jahr überarbeitet und dabei die Definitionen und Leitlinien verbessert. Die Erfahrungen des amerikanischen Lobbyregisters zeigen, dass genaue Definitionen und ein enges Finanzraster (10.000US$) gleichzeitig möglich sind.

2) Zu den Lobbyisten in Ministerien
Ich glaube auch, dass es einen Austausch zwischen Ministerien und Gesellschaft geben soll. Aber nicht durch willkürliche und einseitige Personalverflechtungen. Von dem Austausch der letzten Jahre haben primär Unternehmen und Wirtschaftsverbände profitiert, daran ist nicht zu rütteln. Und das ist nicht zufällig: denn andere gesellschaftliche Interessen können sich gar nicht so einfach leisten, Leute auf eigene Kosten für ein Ministerium abzustellen. Insofern ist der fromme Wunsch „Es wäre zu begrüßen, wenn in solche Programme auch NGOs und zivilgesellschaftliche Institutionen verstärkt eingebunden werden“ nicht zielführend. Zudem geht es bei der Beschäftigung „externer Mitarbeiter“ nicht nur um „gegenseitiges Verständnis“. Die Möglichkeit, von Kontakten und erworbenem „Verständnis“ über Abläufe bei späteren politischen Prozessen zu profitieren, gehört zwangsläufig dazu. Wir treten daher weiter dafür ein, die Mitarbeit von Lobbyisten in den Ministerien ganz zu unterbinden. Die Ministerien sollten sich lieber um innovative Beteiligungsformen bemühen, die offen und transparent sind und allen gesellschaftlichen Gruppen den gleichen Zugang ermöglichen.

3) Karenzzeiten
Sie kritisieren in ihrem Kommentar, dass eine allgemeine Karenzzeit für Politiker verfassungsrechtlich problematisch ist. Wenn Sie sich unseren Blogbeitrag noch mal ansehen, steht dort: „LobbyControl fordert eine verpflichtende Karenzzeit von 3 Jahren, bevor ehemalige Regierungsmitglieder und leitende Beamte als Lobbyisten arbeiten dürfen.“ Ihr Einwurf geht also am Ziel vorbei, denn unsere Forderung richtet sich genau an die Exekutive. Das ist unser primäres Ziel. Ich glaube aber, dass der Seitenwechsel von Abgeordneten auch zunehmend ein Problem wird. Insofern würde ich das nicht so vorschnell als verfassungsrechtlich nicht möglich verwerfen. Aber dieser Aspekt bedarf sicher weiterer Diskussionen. Ich wäre schon froh, wenn die Parteien sich endlich mit einer Karenzzeit für Regierungsmitglieder beschäftigen würden. Nach dem nächsten Regierungswechsel wird das Thema wieder hoch kochen – nur weil die große Koalition nicht willens war, das Thema aufzugreifen, trotz existierender Anträge der Oppositionsparteien.

Unabhängig von dieser Frage bleibt als Kritik an dem Papier von Transparency und degepol, dass Ihr Vorschlag zum Thema Seitenwechsel inhaltlich wirkungslos ist. Insofern hoffe ich, dass die Diskussion bei degepol sich an diesem Punkt deutlich weiter entwickelt.

Herzliche Grüße,
Uli Müller

heiko kretschmer19. Februar 2009 um 11:28

Lieber Herr Müller,

gerne will ich auf Ihre Punkte eingehen.

ad 1) Lobbyistenregister
Ich kann insgesamt Ihre Argumentation nicht nachvollziehen. Wenn Sie im Falle von strategischen Allianzen Hauptauftraggeber erkennen wollen, dann reden Sie auch über Beträge in ganz anderen Größenordnungen als einigen 10 TEU. Insofern sollten Sie die relevanten Summen nicht unterschätzen.
Aus Sicht der Agenturen reden wir über einen preislich relativ komplexen Markt. Ich kann Ihnen wenig über das Pricing des Wettbewerbs sagen. Ich würde explizit sofort Mitarbeiter an solche Registerdaten setzen und diese auf den Gesichtspunkt des Pricing des Wettbewerbs durchkämmen. Ich bestreite nicht, dass Pricing nicht das Hauptargument in einem Beratungsmarkt ist, der von Qualität und Strategischem Knowhow leben sollte. Die Erfahrung zeigt aber, dass Pricing auch kein nachgeordnetes Entscheidungskriterium ist, also nachvollziehbare Preise wären schon eine Wettbewerbseinschränkung.
Hinzu kommt, dass ich ehrlich gesagt, nicht glaube, dass sich die NGOs auf Dauer mit einer Meldung im Nachhinein zufrieden geben würden, sondern auf Planzahlen bestehen würden, denn nur so können sie ja „nachrüsten“ und gleichziehen.

ad 2) Mitarbeiter in Ministerien
Ich kann Ihre Einschätzung überhaupt nicht teilen. Wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, dann sind rund 80 Prozent der Fälle von entliehenen Mitarbeitern nicht von entsendenden Unternehmen, sondern von Bundesbehörden und (halb)staatlichen Institutionen. Die Unternehmen sind eher der Ausnahmefall. Ich persönlich habe übrigens nichts dagegen, wenn man in diesem Zusammenhang auch über die Bezahlregeln neu nachdenkt. Wieso soll das Ministerium nicht einen Mitarbeiter, den eine NGO ausleiht, bezahlen? Wieso muss das eigentlich im Regelfall das entsendende Unternehmen tun? Da kann ich Ihre Kritik nachvollziehen und hätte nichts gegen veränderte Regeln, wenn dadurch der Austausch mit allen Seiten der Gesellschaft intensiviert und auf eine faire Basis gestellt werden kann.

ad 3) Karenzzeiten
Nun, ich bleibe bei meinem Punkt: Wer Karenzzeiten fordert, muss diese im Fall der Regierungsmitglieder mit den Übergangsgeldern harmonisieren. Sie können jemanden nur an der Berufsausübung hindern bzw. beschränken, wenn Sie ihn dafür auch entschädigen. Das ist in der freien Wirtschaft durchaus auch Usus und insofern nichts verwerfliches. Ich habe nur Zweifel, dass es politisch durchsetzbar ist, wenn solche Übergangsgelder erhöht bzw. in der Zahlungsdauer auf drei Jahre angehoben werden.
Was den Abgeordneten betrifft, ist das freie Mandat nun einmal ein Verfassunggrundsatz in Deutschland. Ich finde damit muss man sorgsam umgehen. Auch wenn ich verstehe, warum Sie dieses Thema zunehmend problematisch finden. In jüngster Zeit gab es einige Fälle, die es Wert sind, thematisiert zu werden.

Mit freundlichen Grüßen von der Berliner Freiheit

Heiko Kretschmer

Maria6. Dezember 2015 um 18:07

Mensch Leute!
Könnt ihr euch vielleicht auch mal anders ausdrücken. Ihr sprecht wie die Politiker= total dumpf, mit tausenden Fachbegriffen, sodass man 3mal lesen muss bis man das verstanden hat. Ich schätze mal, dass ihr dadurch versuchen wollt intelligent zu wirken, als ob ihr euch ins Thema eingearbeitet habt. Das mag vielleicht sein, jedoch erreicht ihr so eure Ziele nicht. Ihr versucht Transparenz zu schaffen, doch transparent seid ihr mit diesen Texten doch selber nicht.
So jetzt habe ich meine Meinung gesagt! Ihr könnt zwar jetzt noch einbringen, dass man intelligent genug für Politik… sein muss, jedoch ist unsere Staatsform doch eine Demokratie, was bedeuten sollte, dass man jedem Menschen, ob intelligent oder nicht, verständlich machen muss, was im Land passiert und für was die jeweiligen Parteien, Verbände… sind. Ihr selber solltet also Transparenz vorweisen und in dem jeweiligem Text für alle Leute verständlich erklären, was die jeweiligen Fachbegriffe bedeuten. Wenn die Politik immer so wäre wie ich sie gerade beschrieben habe, würden die Wählerzahlen, auch unter Jugendlichen, deutlich steigen.
Denkt doch bitte darüber nach, was ich gerade beschrieben habe und besprecht es gegebenenfalls.
Weiterhin viel Glück,
Ich