Die Umweltorganisation Friends of the Earth Europe hat heute eine neue Studie zu den bestehenden Regeln für Lobbyarbeit in Brüssel vorgestellt. Sie untersucht sowohl die verschiedenen Verhaltenskodizes der Lobbyisten als auch entsprechende Regeln der EU-Institutionen. Fazit: die Regeln sind mangelhaft und auch die Vorschläge der EU-Kommission im Rahmen der European Transparency Initiative lösen die Probleme nicht.
Die wesentlichen Kritikpunkte:
- Die Verhaltenskodizes der Lobbyisten verlangen keine Offenlegung, wer für welche Kunden Lobbyarbeit macht und wieviel Geld dafür eingesetzt wird.
- Die Kontrollmechanismen der Verhaltenskodizes sind ineffektiv: die Regeln sind freiwillig, es gibt keine wirklich unabhängigen Beschwerdeverfahren und echte Sanktionen.
- Die Regeln für Stellenwechsel zwischen EU-Kommission und Lobby-Jobs sind unzureichend (die sogenannte „revolving door“, Drehtür).
- Die Standards der EU-Kommission, die die gleiche Anhörung aller Betroffenen in Entscheidungsverfahren sichern sollen, sind nicht bindend und werden nicht richtig umgesetzt.
- Die EU-Kommission hat nur vage Richtlinien für Interessenkonflikte.
Friends of the Earth Europe fordert deshalb ein verpflichtendes Lobbyisten-Register, einen erweiterten Verhaltenskodex für Lobbyisten, klarere Regeln für die EU-Kommission gegen das „Drehtür“-Phänomen und eine unabhängige, öffentliche Institution zur Überwachung der Lobby-Regeln. Friends of the Earth Europe ist wie LobbyControl Teil der europäischen Alliance for Lobby Transparency and Ethics Regulation (ALTER-EU).
Neues „Kontrollgremium“ bei EPACA
Die European Public Affairs Consultancies’ Association (EPACA) wiederum hat gestern ein neues „Professional Practices Panel“ vorgestellt, dass laut Pressemitteilung (pdf) den eigenen Verhaltenskodex kontrollieren soll. Allerdings sind die Mitglieder eng mit der Lobby-Szene verbunden. So arbeitet der Panelvorsitzende Ken Collins von der Scottish Environmental Protection Agency intensiv mit David Earnshaw von der Lobby-Agentur Burson-Marsteller zusammen. Earnshaw fungiert als „Sherpa“ für Collins in der umstrittenen High-Level Group der EU-Kommission zur Energiepolitik (siehe Sherpa-Liste als pdf). Außerdem hat in dem Beschwerdeverfahren nicht das Panel das entscheidende Wort, sondern das „Management Committee“ von EPACA (siehe Terms of Reference).
Das neue Panel ist also ein guter Schachzug von EPACA in der öffentlichen Debatte. Das Problem unzureichender Kontrollmechanismen löst es nicht.
> Die Studie „Transparency in EU decision making: reality or myth?“ als pdf.
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