Während im Bund die Verhandlungen über ein verpflichtendes, gesetzliches Lobbyregister nach wie vor laufen, oder – je nach Perspektive – stocken, tut sich an anderer Stelle etwas. In Baden-Württemberg hatte die dortige grün-schwarze Koalition bereits in ihrem Koalitionsvertrag von 2016 verabredet, ein „öffentlich einsehbares Lobbyregister“ einführen zu wollen.
Nun, kurz vor Schluss – am 14. März wird im Ländle gewählt – haben sich die Fraktionen im Stuttgarter Landtag tatsächlich auf einen Gesetzentwurf geeinigt. Bemerkenswert ist, dass es sich dabei nicht nur um eine Gesetzesinitiative der Regierungskoalition handelt. Der Gesetzentwurf wurde von mehreren Fraktionen gemeinsam in den Landtag eingebracht, von Grünen, SPD, CDU und FDP/DVP.
Vergangene Woche fand im Ständigen Ausschuss des Landtags die öffentliche Anhörung zum Entwurf des „Transparenzregistergesetzes“ statt, an der auch wir – per Videoschalte – teilnahmen.
Große Mehrheit für Lobbytransparenz
Wir begrüßten, dass es in Baden-Württemberg eine große politische Mehrheit für mehr Transparenz und Regeln für den Lobbyismus gibt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Lobby-Transparenzregister sowohl für die Interessenvertretung gegenüber dem Parlament als auch gegenüber der Landesregierung gelten soll. Das war im ersten Entwurf der Groko im Bund nicht der Fall, was wir damals scharf kritisiert haben. Aktuell wird auf Bundesebene noch an einem Änderungsantrag gearbeitet, der die Regierung miteinbeziehen soll. Hier also ein Pluspunkt für Stuttgart.
Ebenfalls positiv ist, dass der Entwurf eine „exekutive Fußspur“ für die Landesregierung vorsieht. Unter einer exekutiven oder auch legislativen Fußspur versteht man allgemein, eine Regelung für mehr Transparenz über die Beteiligung von Verbänden und anderen bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen. Die meisten Gesetzentwürfe werden von den Beamten in den Ministerien formuliert, entsprechend wichtig ist hier Transparenz darüber, welche Stellungnahmen eingegangen sind und mit welchen Lobbyist:innen sich ausgetauscht wurde.
Der Gesetzentwurf hätte allerdings deutlicher machen können, welche Art von Informationen transparent gemacht werden sollen. Auch auf Bundesebene war diese ein großer Konfliktpunkt und ein Regelungsvorschlag steht noch aus. Hier hätte Baden-Württemberg die Chance, mit gutem Beispiel voranzugehen.
Auf der anderen Seite hat der Gesetzentwurf deutliche Schwächen und bleibt von seiner Reichweite deutlich hinter dem zurück, was Schwarz-Rot derzeit auf Bundesebene vorsieht.
Größte Schwäche: eingeschränkte Registrierungspflicht
Eine ganz zentrale Schwäche ist die Definition, für wen die Registrierungspflicht gelten soll. Sie soll für „alle Organisationen und Verbände“ gelten, die Interessen gegenüber Landtag oder Landesregierung vertreten wollen. Damit stellt sich aber die Frage, wie es sich mit Unternehmen, Lobbyagenturen, mit Lobbyarbeit beauftragten Anwält:innen und anderen im Auftrag arbeitenden Einzellobbyist:innen verhält. Diese wichtigen Lobbyakteure lassen sich nur schlecht unter „Organisationen und Verbände“ zusammenzufassen. Damit wäre die Reichweite des Lobbyregisters deutlich eingeschränkt. Etwas widersprüchlich erscheint in diesem Zusammenhang, dass man sich laut Entwurf durchaus registrieren soll, wenn man im Auftrag von Dritten Interessen vertritt. Genau das trifft aber nur selten auf Organisationen und Verbände zu, die in der Regel ihre eigenen Interessen vertreten. Hier geht das geplante Lobbyregister auf Bundesebene deutlich weiter.
Auch bei den zu leistenden Angaben greift der Entwurf recht kurz. So sollen die „Organisationen und Verbände“ lediglich grob einen „Interessenbereich“ angeben, statt konkrete Gesetze, Vorhaben oder Entscheidungenzu benennen, die sie beeinflussen wollen. Angaben zur Finanzierung werden gar nicht verlangt. Immerhin sollen die „Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung“ ausgewiesen werden, wobei allerdings unklar bleibt, was damit genau gemeint ist.
Insgesamt sind die Definitionen und rechtlichen Abgrenzungen wenig scharf. Dazu passt allerdings, dass Verletzungen der Registrierungspflicht nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wie auf Bundesebene geplant. Hier fällt das Stuttgarter Transparenzgesetz also deutlich weicher aus. Statt Bußgeldern kann die Landtagspräsidentin lediglich Rügen aussprechen. Die schärfste Sanktion bei wiederholten Verstößen ist ein befristeter Ausschlussaus Anhörungen des Landtags und eine Verweigerung der Zustimmung zu parlamentarischen Abenden. Das ist nicht gerade ein scharfes Schwert, zumal viele Lobbyakteure weder an Anhörungen teilnehmen noch parlamentarische Abende veranstalten.
Flickenteppich bei Lobbyregister vermeiden
Darüber hinaus wäre es perspektivisch selbstredend sinnvoll, wenn Bund und Länder nicht völlig unterschiedliche Lobbyregister einführen würden. Wenn es künftig bis zu 17 unterschiedliche Definitionen von Lobbyarbeit geben sollte und überall unterschiedliche Informationen abgefragt werden, macht es das für die Betroffenen deutlich komplizierter. Aber auch der Transparenz ist damit nicht gedient: Eine Verknüpfung der Transparenzdatenbanken zwischen Bund und Ländern wird damit deutlich erschwert. Der Stuttgarter Entwurf entnimmt zwar viele Formulierungen aus der Fassung des Lobbyregister-Gesetzentwurfs des Bundestags, bleibt aber vom Regelungsgehalt hinter diesem zurück. Außerdem wird im Bund noch am Gesetz gefeilt, die entlehnten Formulierungen dürften sich also dort noch ändern.
Als LobbyControl setzen wir uns für umfassende und zugleich praktikable Lobbytransparenz ein und haben unserer Forderungen für das Lobbyregister auf Bundesebene immer wieder eingebracht. In den nächsten Jahren sollten die Lobbyregister auf Landes- und hoffentlich dann auch auf Bundesebene gründlich überprüft und möglichst vereinheitlicht werden.
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