Die Zeitschrift politische ökologie setzt sich in ihrem aktuellen Themenheft mit den Auswirkungen von Lobbyismus und Korruption auseinander. Die Ausgabe „Vom Strippenziehen“ thematisiert, neben der Situation in Deutschland, ebenso die europäische und internationale Ebene der Einflussnahme weniger Eliten auf den politischen Entscheidungsprozess. Neben Beiträgen von Rudolf Speth und Thomas Leif kommen auch die Vorstandsmitglieder von LobbyControl Ulrich Müller und Dieter Plehwe zu Wort.
Des Weiteren hat die PR-Agentur Burson-Marsteller gestern eine europaweite Studie mit dem Titel „Effective Lobbying in Europe“ veröffentlicht. Der PR-Konzern, einer der weltweit einflussreichsten und wirkungsvollsten Lobbyisten, wollte wissen, welche Lobbystrategien effektiv sind und hat zu diesem Zweck 500 Politiker und Politikerinnen sowie höhere Beamte aus 15 europäischen Ländern befragt – nicht eben ausreichend, um wirklich repräsentativ zu sein.
Auch sonst sind Studien diese Konzerns natürlich mit Vorsicht zu genießen – dennoch sind die Ergebnisse auch für Lobbykritiker interessant: Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Lobbyisten erfolgreicher sind, wenn sie transparent arbeiten. Der Mangel an Transparenz wird von den Befragten als die bedeutsamste Schwäche des Lobbyismus wahrgenommen – jedenfalls geben sie dies an (57% aller Befragten, 65% der befragten Deutschen). 64% aller Befragten sagen aus, dass (mangelnde) Transparenz ihre Entscheidung, mit Lobbyisten zu sprechen, beeinflusst. Das fordert allerdings die Frage heraus, warum dann kaum ein Akteur auf EU-Ebene sich dafür interessiert, ob ein Lobbyist im Register der Kommission gelistet ist. Auch danach wurde gefragt: Bei nur 29% der Befragten auf EU-Ebene (dies waren ungefähr 50 Personen) beeinflusst es die Entscheidung, mit einem Lobbyisten zu sprechen, ob er in das Register eingetragen ist oder nicht. In den einzelnen Staaten interessiert es gerade 19%, ob ein Lobbyist sich in ein öffentliches Register eingetragen hat. Das EU-Lobbyregister scheint demnach bisher nicht als ein Gradmesser für Transparenz wahrgenommen zu werden.
Das ärgert wohl auch Burson Marsteller sehr – immerhin haben sie sich frühzeitig in das Register eingetragen. Dass sich ein Drittel aller Mitbewerber aus der Europäischen Vereinigung der Public Affairs-Beratungen nicht registriert haben, bedeutet nicht nur einen Imageschaden: PR- und Public Affairs-Agenturen kommen in der Studie sehr schlecht weg, was Transparenz betrifft. Sondern vor allem bedeutet es auch ungleiche Wettbewerbsvoraussetzungen. Das ist wahrscheinlich auch der Hauptgrund für die erstaunliche Forderung, die der Burston-Marsteller-Chef Jeremy Galbraith in der gestrigen Ausgabe des EU-Observer erhoben hat: Die Forderung nach einem verpflichtenden Lobbyregister.
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