Lobbyregister

Kleines Bundesland als großes Vorbild? Landtag Brandenburg diskutiert über ein Lobbyregister

Brandenburg könnte das erste Bundesland werden, in dem ein Lobbyregister eingeführt wird. Am 2. November 2011 fand im dortigen Landtag eine öffentliche Anhörung zum Thema „Transparenz bei Lobbyarbeit – Ein öffentlich einsehbares Lobbyregister für Brandenburg“ statt. Timo Lange von LobbyControl war als Sachverständiger bei der Anhörung dabei. Entscheidet sich der brandenburgische Landtag für ein solches […]
von 11. November 2011

Brandenburg könnte das erste Bundesland werden, in dem ein Lobbyregister eingeführt wird. Am 2. November 2011 fand im dortigen Landtag eine öffentliche Anhörung zum Thema „Transparenz bei Lobbyarbeit – Ein öffentlich einsehbares Lobbyregister für Brandenburg“ statt. Timo Lange von LobbyControl war als Sachverständiger bei der Anhörung dabei. Entscheidet sich der brandenburgische Landtag für ein solches Lobbyregister, hätte das Land Brandenburg damit eine Vorbildfunktion sowohl für andere Länder als auch für die Bundesebene. Im Bundestag wurden erst kürzlich verschiedene Anträge zur Einführung eines Lobbyregisters von der Regierungskoalition abgelehnt.

Die Vorgeschichte
Die Vorgeschichte ist kurz erzählt: In Brandenburg war es interessanterweise die CDU-Fraktion, die mit dem Antrag „Transparenz bei Lobbyarbeit“ die Initiative ergriffen hatte. Die Brandenburger Landtagsfraktion forderte ein Lobbyregister, „in das sich alle eintragen müssen, die als Vertreter von Interessen von Landtag und Landesregierung gehört werden wollen. Dabei muss angegeben werde, welche Interessen in welchem Auftrag sie vertreten.“ Allerdings nannte der Antrag als Muster die Verbändeliste des Deutschen Bundestages, die rein freiwillig und unzureichend ist. Der Vorstoß aus dem bürgerlichen Lager stieß bei den Grünen und den Regierungsparteien SPD und Linke auf Interesse und Wohlwollen. Sie stimmten dem Antrag zwar nicht zu, stellten aber einen eigenen rot-rot-grünen Entschließungsantrag zum selben Thema auf. Trotz kleiner Differenzen gab es so eine fast fraktionsübergreifende Einigkeit, dass ein Gesetz zur Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters erarbeitet werden sollte. Allein die FDP-Fraktion stimmte gegen beide Anträge.

Weitgehende Einigkeit
Die Anhörung war nun ein erster Schritt auf dem Weg zu einer Gesetzesinitiative. Zu der Anhörung waren Sachverständige aus Rechtswissenschaft, Verwaltung und Verbänden eingeladen. Neben LobbyControl war auch Transparency International Deutschland als Nichtregierungsorganisation vertreten. In vielen Punkten herrschte unter der Mehrzahl der eingeladenen Sachverständigen Einigkeit. Bei der zentralen Frage, ob der Eintrag in ein Lobbyregister verpflichtend oder freiwillig zu sein habe, gab es nur zwei Abweichler. Andreas Kaczynski vom Paritätischen Landesverband Brandenburg begründete seine Ablehnung gegenüber einer Pflicht damit, dass sich ein Lobbyregister nur schwer kontrollieren ließe und schwer zu sanktionieren sei. Auch Hans-Michael Dombrowsky von der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg setzte auf Freiwilligkeit. Sein Vorschlag: Brandenburg solle doch einfach ein Register nach Vorbild der Verbändeliste im Bundestag einrichten. Dass eine solche freiwillige Liste allerdings kaum wirksam ist, hatten mehrere Sachverständige bereits hervorgehoben.

Anhörung Brandenburg, Quelle: Landtag Brandenburg

v.l.n.r.: Heiko Kretschmer, degepol, Timo Lange, LobbyControl, Christian Humborg, Transparency International, Quelle: Landtag Brandenburg

Keine Einigkeit bestand bei der Frage, ob auch Anwälte zu umfassender Auskunft in einem Lobbyregister gezwungen werden können. Als problematisch nannte beispielsweise der frühere Staatssekretär Johann Hahlen, dass sich Anwälte auf die Verschwiegenheitspflicht gegenüber ihren Mandanten berufen könnten. Prof. Hans Meyer von der Humboldt-Universität Berlin dagegen wandte ein, dass auch Anwälte – sofern sie als Lobbyisten tätig werden – zu den gleichen Angaben verpflichtet werden können und sollten wie andere Lobbyisten. Ansonsten könne sich jeder durch die Einschaltung eines Anwalts einfach von jeglichen Registrierungspflichten befreien. Auch Heiko Kretschmer von der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung stellte klar, dass es in großen Anwaltskanzleien sehr wohl einen klaren Unterschied zwischen der Rechtsberatung und der Lobbyistentätigkeit gäbe und eine Differenzierung möglich wäre. Auch für LobbyControl ist klar, dass die Lobbyarbeit von Anwälten mit erfasst werden muss. Unsere Position können Sie in der Stellungnahme zur Anhörung nachlesen (pdf).

Die Landtagsfraktionen – mit Ausnahme der FDP – schienen sich durch die Anhörung in ihrem Vorhaben gestärkt zu fühlen. Nun liegt es an ihnen, dass aus dem ersten Anstoß nun auch tatsächlich ein wirksames Gesetz zur Regulierung von Lobbytätigkeiten und Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters wird. LobbyControl wird nicht locker lassen und den Prozess in Brandenburg weiterhin mit eigener Expertise begleiten.

Weitere Informationen:
Stellungnahme von LobbyControl zur Anhörung (pdf)
Informationen zu der Anhörung auf der Webseite des Landtags Brandenburg
Protokoll der Landtagssitzung zum Thema Transparenz bei Lobbyarbeit vom 24.3.2011 (pdf)
Artikel von LobbyControl zur Bundestagsdebatte am 7.7.2011

Foto: Landtag Brandenburg

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