Die Europäische Kommission hat gestern die offizielle Auswertung ihres im Juni 2008 eingeführten freiwilligen Lobbyregisters vorgestellt. Nach der einjährigen „Probezeit“ wird es kleine Verbesserungen geben, fundamentale Mängel des Registers bleiben jedoch bestehen.
Positiv ist, dass die Kommission die Definition, was ins Lobbybudget einbezogen werden muss, erweitert und etwas klarer gefasst hat – auch indirektes Lobbying über Think Tanks, Kampagnen, Events ist jetzt eindeutig Teil der einzurechnenden Lobbyaktivitäten. Positiv ist ebenfalls, dass auch die Anzahl der Mitarbeiter zukünftig angegeben werden soll.
Es ist im Prinzip auch ein guter Ansatz, dass die Kommission einzelne Schlupflöcher bei der finanziellen Offenlegung schließen will. Aber gerade die brisanteste Neuerung führt hier – anders als behauptet – letztendlich nicht zu mehr, sondern zu weniger Transparenz. Bisher mussten Lobbyunternehmen die relative Größe ihrer Aufträge im Verhältnis zum Umsatz in Stufen von entweder 50.000 Euro oder 10% des Umsatzes angeben. Für einen Lobbyriesen wie Burson Marsteller (2007: knapp 7 Mio Euro Umsatz) bedeutete das, dass er einfach alle Kunden unter „weniger als 10% des Gesamtumsatzes“ schreiben konnte, während ein kleines Lobbyunternehmen viel genauere Angaben machen musste. Die Kommission hat richtig erkannt, dass das ungerecht ist, aber ihr Lösungsweg ist absurd: Zukünftig sollen stattdessen verschiedene Stufen zwischen 50.000 und 250.000 Euro angegeben werden. Alle Lobbyunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 1 Millionen Euro geben beispielsweise zukünftig in 250.000-Euro-Schritten an – für den Großteil der Unternehmen eine viel gröbere Angabe als bisher. Lediglich bei den sechs Lobbyriesen mit mehr als 2,5 Mio Euro Umsatz bedeutet dies eine Verbesserung.
Die wirklichen Defizite des Registers zu beheben, hat die Kommission versäumt. Das Register bleibt freiwillig. Zwar wird das Problem erkannt, dass sogenannte Denkfabriken und Anwaltskanzleien weitgehend nicht im Register eingetragen sind. Die nun vorgeschlagenen Schritte werden dies jedoch nicht ändern. Auch eine ernstzunehmende Überprüfung der Einträge in das Register ist nicht beabsichtigt.
Auch wenn die Kommission über 2.000 Einträge in das Register jubiliert: Studien von ALTER-EU zeigen, dass sich nicht einmal ein Drittel der in Brüssel ansässigen Lobbyisten registriert haben. Nach der Einführung des Lobbyregisters vor 16 Monaten fehlen Lobbyfirmen wie Buiness Bridge Europe, CLAN, EUTOP und Grayling, aber auch Unternehmen wie British Airways, E.On, Heineken, Monsanto und Nokia sind der Registrierung fern geblieben. Ebenso sind branchenspezifische Gruppen wie die Vereinigung der Lebenmittelindustrie CIAA, der Pflanzenschutzverbandes CropLife und auch die Baulobby CEMbureau dem Register nicht beigetreten. Weiter konkrete Informationen zu den bisherigen Eintragungen finden sich in einem aktuellen „Fact Sheet“ von ALTER EU, eine detaillierte Kritik des Registers in seiner ursprünglichen Form in der ALTER EU-Studie von Juni 2009.
Die Kommission und das Parlament haben sich darauf geeinigt, langfristig ein gemeinsames Register anzulegen. Im Mai 2008 hat das Parlament eine Resolution für ein verpflichtendes Register mit detaillierten Informationen über die finanzielle Offenlegung und die Namen der Lobbyisten gebilligt. Das Parlament muss nun dafür sorgen, dass die EU ein Lobbyregister auf den Weg bringt, das echte Transparenz garantiert.
Eine inter-institutionelle Arbeitsgruppe aus Kommission und Europäischen Parlament trifft sich am 12. November, um über ein gemeinsames Register zu diskutieren.
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