Lobbyregister

Ehemalige Politiker im Dienste autoritärer Staaten – Lobbyregister notwendig

Am Ende des gestrigen TV-Duells der kleineren Parteien kam die Sprache auf das Thema Lobbyismus. Der CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann antwortete auf eine Frage: „Wir brauchen – wenn Sie von Lobbyisten reden – wir brauchen Transparenz…“ Dass es mit der Lobby-Transparenz in Deutschland allerdings nicht weit her ist, zeigt der aktuelle Fall des Ex-Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner (CSU).
von 5. September 2017

Eduard Litner saß für die CSU von 1976 bis 2009 im Deutschen Bundestag. Von 2002-2005 war er Vorsitzender des Rechts- und Menschenrechtsausschusses.

Ganz am Ende des gestrigen TV-Duells der kleineren Parteien kam die Sprache kurz auf das Thema Lobbyismus. Der CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann antwortete auf eine Frage der Moderatorin Sonia Mikich: „Wir brauchen – wenn Sie von Lobbyisten reden – wir brauchen Transparenz…“

Ein CSU-Politiker als Lobbyist Aserbaidschans

Diese Antwort ist schon bemerkenswert, da es gerade die CSU war, die sich in den vergangen Legislaturperioden immer wieder gegen mehr Transparenz beim Lobbyismus sperrte.

Und mit dieser Transparenz ist es in Deutschland in der Tat nicht weit her, wie der aktuelle Fall des ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Eduart Lintner zeigt: Lintner soll nach Informationen der Süddeutschen Zeitung als bezahlter Lobbyist Aserbaidschans tätig gewesen sein. Die Geldflüsse zwischen dem autoritären Staat und dem Politiker sind dabei alles andere als transparent.

So soll Lintner beispielsweise zwei Wochen, nachdem er eine Wahlbeobachtungsreise organsisiert hatte und anschließend den aserbaidschanischen Wahlen gute Noten ausstellte, 61.000 Euro von einer schottischen Briefkastenfirma erhalten haben. Das Konto der Briefkastenfirma wurde wiederum von einer estnischen Filiale einer dänischen Bank geführt. Insgesamt soll Lintner mehr als 800.000 Euro innerhalb von zwei Jahren von mehreren dubiosen Firmen erhalten haben.

Europarat muss aufklären

Als Lintner noch im Bundestag saß, gründete er die „Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen mbH“. Geld für diese Organisation kam unter anderem von der aserbaidschanischen Regierung. Mehrfach bescheinigte Lintner Aserbaidschan – entgegen den Berichten OSZE – faire und internationalen Standards entsprechende Wahlen.

Damit trat Lintner wie ein Fürsprecher der aserbaidschanischen Regierung auf. Deren „Kaviardiplomatie“ ist seit langem bekannt. Immer geht es darum, das Image des Landes im Ausland aufzubessern und von Verletzungen der Meinungs- und Pressefreiheit abzulenken. Und es geht um erhebliche ökonomische Interessen, nämlich um Gaslieferungen und Pipeline-Projekte zwischen Aserbaidschan und der EU. Wir brauchen eine öffentliche Untersuchung, welche Gelder aus Aserbaidschan an Lintner und andere europäische Politiker geflossen sind und welche Gegenleistungen diese Politiker dafür erbracht haben.

Insbesondere der Europarat steht hier im Fokus. So soll eine Stiftung des italienischen konservativen Politikers Luca Volontè sowie eine Firma seiner Frau mehrere Millionen Euro aus Aserbaidschan erhalten haben. Zugleich legen öffentlich gewordene E-Mails laut SZ nahe, dass Volontè eine wichtige Rolle dabei spielte, einen kritischen Bericht des Europarats über politisch motivierte Verhaftungen in Aserbaidschan zu blockieren.

Transparenz notwendig: Wer steht in wessen Diensten?

Der Fall Lintner wirft damit ein Schlaglicht auf die Verhältnisse in Deutschland: In vielen Fällen ist schlicht unbekannt, welche Lobbyagenturen im Dienste autoritärer Staaten stehen. Ebenso bleibt der Lobbyeinsatz von Politikern wie Lintner oft zu lange unentdeckt. Dabei wären solche Informationen wichtig, um einschätzen zu können, ob ehemalige Politiker schlicht ihre eigenen politischen Einschätzungen verkünden oder ob dahinter Geld steckt. Wer ist Lobbyist und wer ist es nicht? Was macht eine Organisation wie Lintners „Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen“ in Berlin und wie finanziert sie sich? Genau um das beantworten zu können braucht es ein verpflichtendes Lobbyregister, wie LobbyControl und viele andere es seit langem fordern. CSU und auch die große Schwester CDU sperren sich weiterhin. Deshalb: Nehmen wir Joachim Hermann beim Wort – ein verpflichtendes Lobbyregister gehört in den nächsten Koalitionsvertrag!

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Bild: Sigismund von Dobschütz/ Wikipedia/ CC BY-SA 3.0

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