Lobbyismus in der EU

Prozess zum EU-Transparenzregister startet intransparent

Am Montagabend fand die erste Sitzung zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat für ein gemeinsames EU-Lobbyregister statt (LobbyControl berichtete). Das Verhandlungsdookument, das die beiden Verhandlungsführerinnen des EU-Parlaments, Sylvie Guillaume (Sozialdemokraten) und Danuta Hübner (Christdemokraten) vorlegten, war allen übrigen EU-Abgeordneten sowie der Öffentlichkeit unbekannt. Damit ist das Parlament intransparenter als Kommission und Rat, deren Verhandlungsdokumente auf ihren Webseiten zu finden sind.
von 20. April 2018

Am Montagabend fand die erste Sitzung zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat für ein gemeinsames EU-Lobbyregister statt (LobbyControl berichtete). Nun stellt sich heraus, dass die beiden Verhandlungsführerinnen des EU-Parlaments, Sylvie Guillaume (Sozialdemokraten) und Danuta Hübner (Christdemokraten) mit einer präzisierten Fassung des parlamentarischen Verhandlungsmandats zu dem Treffen kamen, das allen übrigen EU-Abgeordneten sowie der Öffentlichkeit unbekannt ist. Damit ist das Parlament intransparenter als Kommission und Rat, deren Verhandlungsdokumente auf ihren Webseiten zu finden sind.

Verhandlerinnen enthalten Öffentlichkeit und Parlament Verhandlungsdokument vor

Wenn Kommission, Rat und Parlament miteinander über Politikinhalte verhandeln, tun sie das auf Grundlage eines so genannten „4-Spalten-Dokuments“, das die Verhandlungspositionen der drei und später dann auch die geheimen Kompromiss-Formulierungen darlegt. Die beiden Abgeordneten legten am Montagabend ein solches Dokument vor, in dem sie zum ersten Mal präzise an dem Vorschlag der EU-Kommission entlang das bisher vage Verhandlungsmandat des Parlaments konkretisieren. Das ist natürlich notwendig – aber es ist schon ein Skandal, dass dieses Dokument nun der Öffentlichkeit vorenthalten wird. Die präzisen Vorlagen von Kommission und auch Rat – den wir regelmäßig als die intransparenteste Institution kritisieren – sind online auf ihren Webseiten zu finden.

Und nicht nur, dass das Dokument der Öffentlichkeit unbekannt ist – auch die Abgeordneten, die für ihre Fraktionen mit den beiden Verhandlungsführerinnen das Verhandlungsmandat erarbeitet haben, kennen die neue Fassung nicht, geschweige denn, dass sie daran mitwirken konnten.

Und das, was bisher über das konkrete Verhandlungsdokument der beiden Abgeordneten nach außen dringt, birgt schon einige Überraschungen:

Lobbytreffen außerhalb des Parlaments sollen keine Lobbytreffen mehr sein

  • Lobbytreffen sollen nur als solche definiert werden, wenn sie in den Räumlichkeiten der Institutionen stattfinden. Das heißt, trifft man sich mittags beim Italiener um die Ecke, ist es kein Lobbytreffen mehr.
  • Kein Wort fällt über die MitarbeiterInnen des EU-Parlaments: Das Rechtsgutachten des Parlaments hatte angegeben, dasss diese dazu verpflichtet werden können, keine unregistrierten Lobbyisten zu treffen. Dies findet sich im Vorschlag des Parlaments nicht wieder.
  • Der Text macht überdeutlich, dass Abgeordnete selbst in keiner Weise dazu verpflichtet werden wollen, nur registrierte Lobbyisten zu treffen (das Argument: Dies verstoße gegen die Freiheit des Mandats), sondern dies nur als systematische Praxis anwenden sollen.
  • Der Beschluss des Parlaments vom September 2017,  dass Ausschussvorsitzende, Berichterstatter und Schattenberichterstatter einen legislativen Fußabdruck über ihre Lobbytreffen erstellen sollten, findet sich nur in einer äußerst vagen „Kann“-Formulierung.

Öffentlichkeit hat ein Recht auf Herausgabe des Dokuments

Vielleicht verstecken die Verhandlungsführerinnen ihre Dokument deshalb vor Öffentlichkeit, weil sie wissen, wie unambitioniert es ist. Dementsprechend gab es in der Sitzung am Montagabend auch keinerlei Fortschritte.

Es ist eine große Enttäuschung, wie das EU-Parlament, das früher stets unser wichtigster Partner in Sachen Transparenzregister war, aufgrund einer lähmenden Mehrheit von Christ- und Sozialdemokraten sowie Liberalen den Lobbyregisterprozess ausbremst. Beim Rat sind wir nichts anderes gewöhnt, beim Parlament eigentlich schon.

Wir werden die Veröffentlichung des Vier-Spalten-Dokuments von Danuta Hübner und Sylvie Guillaume einfordern. Dass die Öffentlichkeit ein Recht auf diese Dokumente auch im laufenden Prozess hat, hat der Europäische Gerichtshof erst im März 2018 festgestellt.

 

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