Lobbyismus in der EU

EU-Lobbyregister: Beschwerde gegen Goldman Sachs vertrödelt

Im Januar hat sich LobbyControl über den Eintrag der Investmentbank Goldman Sachs ins freiwillige EU-Lobbyregister beschwert. Das angegebene Lobbybudget ist nachweislich viel zu niedrig. Obwohl das Sekretariat des Registers unsere Beschwerde für zulässig erklärt hat, bleibt das bisher ohne Folgen für Goldman Sachs.
von 17. April 2015
Wenn man Goldman Sachs im Register sucht, sieht man sofort, dass sie auch Kunde von Lobbyagenturen ist

Wenn man Goldman Sachs im EU-Lobbyregister sucht, sieht man sofort, dass die Bank auch Kunde von Lobbyagenturen ist

Im Januar hat sich LobbyControl über den Eintrag der Investmentbank Goldman Sachs ins freiwillige EU-Lobbyregister beschwert. Das angegebene Lobbybudget ist nachweislich viel zu niedrig. Obwohl das Sekretariat des Registers unsere Beschwerde für zulässig erklärt hat, bleibt das bisher ohne Folgen für Goldman Sachs, das Unternehmen hatte inzwischen sogar ein Treffen mit einem Kabinettsangestellten der EU-Kommission. Der Umgang mit unserer Beschwerde ist fragwürdig.

Goldman Sachs verschweigt Budget für Lobby-Agenturen

Die Beschwerde, die LobbyControl gemeinsam mit Corporate Europe Observatory und Friends of the Earth Europe Ende Januar eingereicht hat,  zeigt, dass das angegebene Lobbybudget von Goldman Sachs in Höhe von unter 50.000 Euro für 2013 eindeutig falsch ist. Zwei Lobbyagenturen im Register geben an, die Bank in diesem Zeitraum als Kunde gehabt zu haben – mit Umsätzen von zusammen mehreren Hunderttausend Euro. Das hätte die Investmentbank in ihr Lobbybudget mit aufnehmen müssen. Auch ansonsten ist die Angabe wenig glaubwürdig, hat doch allein LobbyControl mit ihrer einen Teilzeitstelle in 2013 43.000 Euro für EU-Lobbying ausgegeben – Goldman Sachs gibt an, vier Lobbyisten mit Sitz in London zu beschäftigen.

Registersekretariat nimmt sich vier Wochen Zeit, um einen Brief zu schreiben

Das Sekretariat des Registers, das zugleich auch sein „Kontrolleur“ ist, hat unsere Beschwerde am 16. Februar für zulässig erklärt. Aber seitdem ist nichts passiert. Normerweise geht dann ein formaler Brief an den Akteur, gegen den die Beschwerde vorliegt, und er hat 20 Arbeitstage Zeit zu einer Stellungnahme. Wenn er nichts unternimmt, wird er in so einem groben Fall von Fehlberichterstattung meist aus dem Register verbannt, bis der Fehler korrigiert ist.

Im Fall von Goldman Sachs hat es vier ganze Wochen gedauert, bis der Brief an die Bank endlich am 18. März versendet wurde. Erst am 27. März wurde der Erhalt des Briefs von Goldman Sachs bestätigt. Nun hat das Unternehmen 20 Arbeitstage Zeit, bis zum 28. April – und das ist  genau das Datum, zu dem alle Lobbyakteure ihren Eintrag ins Register überarbeitet haben müssen. Zufall oder nicht? Das ist schwer einzuschätzen. Klar ist, dass die Investmentbank auf diese Weise elegant seinen bisherigen Eintrag korrigieren kann, unsere offizielle Beschwerde wäre vom Tisch und das Register könnte mit einem korrekten neuen Eintrag eines wichtigen Akteurs glänzen.

Trotz falschen Eintrags gab es ein Treffen mit einem Kabinettsmitarbeiter

Das wäre alles nicht so dramatisch. Was uns besorgt, ist dass das Registersekretariat einem Akteur, von dem es weiß, dass er grob falsche Angaben macht, einfach vier weitere Wochen lang ermöglicht, „Business as usual“ zu betreiben, sei dies nun beabsichtigt oder nicht. Tatsächlich kam es auch während dieser Zeit zu einem Treffen der Investmentbank mit einem Kabinettsmitarbeiter der Kommission.

Dazu muss man wissen: Seit Dezember 2014 dürfen Kommissar/-innen und ihre obersten Kabinettsangestellten nur treffen, wer ins Register eingetragen ist. Die EU-Kommission will damit einen echten „Anreiz“ zur Registrierung stellen. Soweit so gut, auch Goldman Sachs hatte sich tatsächlich nach dieser Ankündigung registriert.

Das ganze kann aber nur glaubwürdig funktionieren, wenn das Lobbyregister von den unglaublich vielen falschen Angaben bereinigt wird, die es zur Zeit aufweist. Ansonsten werden sich die Kommissare zukünftig immer wieder mit Lobbyisten treffen, die – wie Goldman Sachs – mit fragwürdigen Angaben im Lobbyregister nur scheinbare Transparenz bieten.

Fall Goldman Sachs zeigt: Das neue verpflichtende Register braucht weitaus mehr Kontrolle

Bisher entgehen dem Registersekretariat in unzähligen Fällen Fehler bei den Registereinträgen. Wenn es nun schon auf so einen eklatanten Fehler hingewiesen wird, hätten wir uns einen prompteren Umgang damit erwartet. Auch wenn man uns nun versichert, das Problem habe an den bürokratischen Notwendigkeiten der Zustimmung durch die Hierarchien in Parlament und Kommission gelegen: Dieser nachlässige Umgang mit falschen Registereinträgen und Beschwerden darüber ist nicht vertrauenerweckend.

Nächste Woche starten wir gemeinsam mit unserem Transparenznetzwerk ALTER-EU auch offiziell unsere EU-Kampagne für volle Lobbytransparenz. Juncker hat ein verpflichtendes Lobbyregister in sein Arbeitsprogramm für dieses Jahr aufgenommen, und wir nehmen ihn beim Wort.

Das heißt auch, dass das Register mit mehr Personal ausgestattet und befähigt wird, fragwürdigen Einträgen zügig nachzugehen. Wie der Fall Goldman Sachs schon zeigt, gerät das neue Register sonst schnell zu einer Farce.

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