Lobbyismus an Schulen

Warum Amazon an Schulen aktiv ist

Der WDR-Markencheck hat u.a. über die Schulaktivitäten von Amazon berichtet und dabei den Werbeaspekt hervorgehoben. Die Imageförderung und der Kontakt zur Lokalpolitik stehen bei solchen Aktivitäten jedoch häufig im Vordergrund.
von 1. April 2014

Vor zwei Wochen wurde ich vom WDR-Markencheck zu den Schulaktivitäten von Amazon interviewt. Amazon hatte der Gewinnerschule des Wettbewerbes „Lesen macht Spaß!“ 36 Kindle und E-Book-Gutscheinen im Wert von 2.100 Euro geschenkt. In der am Montag ausgestrahlten Sendung wurde der Werbeaspekt dieser Aktivitäten hervorgehoben. Ginge es Amazon jedoch darum über die in der Sendung erwähnten Schulwettbewerbe mehr E-Books der Marke Kindle zu verkaufen, wäre das Programm an deutlich mehr Schulen anzutreffen. Dass die ausgezeichneten Schulen in Werne und Pforzheim und damit in der unmittelbaren Nähe von Logistikzentren des Unternehmens liegen weist darauf hin, dass die Imageförderung im Vordergrund steht. Über die Arbeitsbedingungen bei Amazon wurde in der Vergangenheit vermehrt kontrovers diskutiert. Auf der Webseite „Amazon gemeinsam“ betont das Unternehmen seine gesellschaftliche Verantwortung und führt als Beleg u.a. seinen Schulwettbewerb auf.

Bei der Preisverleihung an der Grundschule in Werne war laut eines Presseberichts auch der Bürgermeister der Stadt anwesend und hat sich wohlwollend über Amazon geäußert. Hier wird der zweite wichtige Aspekt sichtbar: „Kontaktaufbau und Kontaktpflege in der Region“. Dies wird in dem Praxishandbuch „Unternehmen machen Schule“* explizit als Vorteil für Unternehmen genannt. Unter dem Stichpunkt „Lobby-Kontakte“ werden gemeinsame Veranstaltungen als Möglichkeit genannt, um „Kontakte zu Entscheidungsträgern und Meinungsführern“ aus der Politik aufzubauen.

Für Amazon öffnet sich mit dem Stichwort „Leseförderung“ die Schultür. Der Konzern verschafft sich damit ein positives Image und festigt seine Kontakt zur Lokalpolitik. Dass dadurch ein paar zusätzliche Kindle auf den Wunschlisten der Kinder landen, ist für Amazon nur ein positiver Nebeneffekt.

* Günter Vollmer, Unternehmen machen Schule. Mit Lernpartnerschaften zu wirtschaftsorientierten Bildungsregionen, Bonn 2005.

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1 Kommentare

Klara Schütz1. Mai 2014 um 9:24

Lobbygruppen sind generell aus den Klassenzimmern rauszuhalten. Das hat für Unternehmenslobbygruppen aber auch für andere Lobbygruppen zu gelten. So fordert der Schwulen- und Lesbenverband über seinen Verein Schlau! Zugang zu Schülern und der Bildungsplan 2015 in Baden-Württemberg wurde von diesem Verband geschrieben.

Es ist eine Doppelmoral von Lobbycontrol, wenn nur gefordert wird, dass sich die Wirtschaftslobby aus den Klassenzimmern herauszuhalten hat. Es sollte jede Lobbygruppe aus den Klassenzimmern verbannt werden, ohne Ausnahme. Ich bitte hier Lobbycontrol um eine klare Aussage.