Aus der Lobbywelt

Politische Landschaftspflege und WM-Tickets

Zwei Ereignisse haben diese Woche die Frage der politischen Landschaftspflege und mögliche strafrechtliche Konsequenzen in den Blick gerückt: 1) das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshof in der Wuppertaler Korruptionsaffäre um den ehemaligen SPD-Stadtrat Specht und 2) die Debatte über die Verteilung von WM-Tickets, insbesondere durch den Energiekonzern EnBW.
von 11. Mai 2006

Zwei Ereignisse haben diese Woche die Frage der politischen Landschaftspflege und mögliche strafrechtliche Konsequenzen in den Blick gerückt: 1) das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshof in der Wuppertaler Korruptionsaffäre um den ehemaligen SPD-Stadtrat Specht und 2) die Debatte über die Verteilung von WM-Tickets, insbesondere durch den Energiekonzern EnBW.

Zum Urteil des Bundesgerichtshof lohnt sich der Beitrag „Privileg der Landschaftspflege“ von Johannes Nitschmann. Der BGH hat entschieden, dass Kommunalpolitiker nicht als Amtsträger einzustufen sind und damit in Bestechungsfällen ebenso wie Bundes- und Landtagsabgeordnete privilegiert zu behandeln seien. Der BGH hat zugleich beim Deutschen Bundestag gesetzgeberischen Handlungsbedarf angemahnt, um Korruption auch für Abgeordnete stärker unter Strafe zu stellen. Bei ihnen muss bislang ein konkreter Stimmenkauf oder -verkauf nachgewiesen werden. Bei Amtsträgern gibt es dagegen die Straftat der „Vorteilsannahme“. Dabei reicht es aus, dass ein Amtsträger einen Vorteil von jemandem annimmt, mit dem er dienstlich zu tun hat.

Wenn Stadt- oder Gemeinderäte allerdings konkrete Verwaltungsaufgaben übernehmen (z.B. einen Aufsichtsratposten in einem städtischen Versorgungsunternehmen), sind sie laut BGH durchaus als Amtsträger zu sehen. Insofern könnten zahlreiche Kommunalpolitiker mit Bestrafung rechnen, die derzeit wegen Korruptionsverdacht in der Müll- und Energiebranche verfolgt werden – z.B. wegen Lustreisen auf Kosten eines Eon-Tochterunternehmens.

Debatte um WM-Tickets
Die Debatte um die Nutzung von WM-Tickets zur politischen Landschaftspflege hat die Süddeutsche Zeitung mit ihrem Aufmacher am Montag angefacht. Sie berichtet darin über eine wachsende Verunsicherung bei Unternehmen und ihren potentiellen Gästen über verschenkte WM-Tickets – ausgelöst durch Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen gegen Utz Claassen, den Chef des Energiekonzerns und WM-Sponsors EnBW, und mehrere Amtsträger wegen Vorteilsgewährung beziehungsweise Vorteilsannahme. Die Verfahren selbst gehen u.a. auf Recherchen der Stuttgarter Nachrichten zurück und laufen schon mehrere Wochen (wir berichteten). Das Verfahren gegen den Präsidenten des baden-württembergischen Landtags, Peter Straub, wurde bereits eingestellt – er ist auch kein Amtsträger. Gegen die anderen Beschuldigten wird weiter ermittelt. EnBW weist die Ermittlungen zurück. Schon Ende April legte EnBW juristische Gutachten vor, die den Verdacht einer Vorteilsgewährung und Vorteilsnahme ausräumen sollen. Außerdem sagte Jürgen Hogrefe, der Generalbevollmächtigte von EnBW, laut Tagesspiegel diese Woche: „Sponsoring empfinden wir als Bestandteil unserer gesellschaftlichen Verpflichtung“. „Wenn dies nicht mehr möglich sein sollte, ist diese Art Weltmeisterschaft nicht möglich.“ Ja, sicher, nur den armen Fußballfans zuliebe kümmert sich EnBW so großzügig um Politiker (und auch Journalisten).

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