Kurzmeldung

Konvent für Deutschland – Wegbereiter unpopulärer Reformen

Der Konvent für Deutschland gehört zu den einflussreichen Akteuren bei der Föderalismusreform. Anlässlich der morgen beginnenden Bund-Länder-Verhandlungen über die föderale Finanzverfassung (Föderalismusreform II), stellt LobbyControl eine Kurzstudie zum Konvent vor. Der Konvent stellt sich selbst als unabhängiges Beratergremium dar und hat sich die „Reform der Reformfähigkeit“ auf die Fahnen geschrieben. Aber hinter dem Schleier der […]
von 7. März 2007

Der Konvent für Deutschland gehört zu den einflussreichen Akteuren bei der Föderalismusreform. Anlässlich der morgen beginnenden Bund-Länder-Verhandlungen über die föderale Finanzverfassung (Föderalismusreform II), stellt LobbyControl eine Kurzstudie zum Konvent vor. Der Konvent stellt sich selbst als unabhängiges Beratergremium dar und hat sich die „Reform der Reformfähigkeit“ auf die Fahnen geschrieben. Aber hinter dem Schleier der Neutralität verbergen sich als Ziele ein „schlanker“ Wettbewerbsstaats sowie die bessere Möglichkeiten, unpopuläre Reformen durchzusetzen.

Der Konvent will den „Umverteilungs- und Gefälligkeitsstaat“ eindämmen. Gegründet wurde er von dem ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel, Roland Berger und Manfred Pohl von der Deutschen Bank. Die Galionsfigur – aber nicht der Initiator – ist der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog. Die Finanzierung stammt von elf Großunternehmen* sowie der wirtschaftsnahen Heinz-Nixdorf-Stiftung. Die Strategie des Konvents beruht einerseits auf Öffentlichkeitsarbeit über die Mitglieder des Konventkreises und zugleich auf „stiller“ Einflussnahme durch hochrangige Treffen mit politischen Entscheidungsträgern. Der Konvent schreibt sich selbst eine zentrale Rolle beim Zustandekommen der Föderalismusreform I zu.

Der Konvent behauptet, keine Lobbyorganisation zu sein, aber das entspricht nach Analyse von LobbyControl nicht der Realität.Er ist eindeutig eine elitäre, wirtschaftsnahe Lobbygruppe. Die Medien haben oft leichtfertig die neutrale Selbstbeschreibung des Konvents übernommen oder ihre LeserInnen und ZuschauerInnen gar nicht über die Hintergründe einzelner Konventsmitglieder informiert. Im Konvent organisiert sich mit Unterstützung der Wirtschaft ein marktliberal geprägtes Eliten-Spektrum aus verschiedenen Parteien und aus der Wirtschaft. Allerdings handelt der Konvent nicht direkt im Auftrag eines Unternehmens oder Wirtschaftsverbands wie etwa die Arbeitgeber-„Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“.

> Die komplette Kurzstudie

* Folgende Unternehmen gehören zu den Finanziers des Konvents: Fraport, TUI, Frankfurter Societätsdruckerei, Deutsche Bank, Linde, RWE, Continental, Deutsche Post, Porsche, Bank of America und WestLB. Weitere Informationen dazu in der Kurzstudie.

Teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert

Kommentar absenden

7 Kommentare

Andreas Skowronek9. März 2007 um 10:54

Und wer etwas über den inneren Zustand der SPD und deren Nähe zum Neoliberalisms á la Lambsdorff, Westerwelle & Naumann-Stiftung erfahren will – bitteschön: http://37sechsblog.de/?p=1457#comment-70479

Gerd9. März 2007 um 20:23

Kleine Beobachtung am Rende: Man glaubt es kaum, aber wenn der Benutzer:Konvent für Deutschland kei Fake ist, dann schreibt der illustre Verein seinen Artikel in Wikipedia selbst – ganze Passagen aus der Konvent-Homepage, ohne sie als Zitat zu kennzeichnen. Begründung auf der Diskussionsseite: „Richtigstellung einiger Fakten“.

Udo Ehrich12. März 2007 um 13:23

Ich finde es bemerkenswert, wie sehr sich diese Strategie in der Öffentlichkeitsarbeit der INSM durchgesetzt hat. Der Konventkreis erinnert (teilweise auch personell) sehr an die Botschafter der INSM, und wie in der Studie ja auch nachzulesen ist, treten offensichtlich die Konventsmitglieder genauso auf. Sie erscheinen in Talk-Shows und schreiben Gastbeiträge für Zeitungen, in denen sie ihre Botschaft verbreiten. Je länger man sich mit diesem Thema befaßt, desto unheimlicher wird es einem.

Bedauerlich vor allem, daß die Fernsehsender in dieser Hinsicht so unkritisch sind. Das wird ja auch zurecht in der Studie kritisiert, und ich habe damit auch schon meine eigenen Erfahrungen gemacht. Während man bei der Geschichte mit dem Photo vom »Gordischen Knoten« bei der Süddeutschen Zeitung und bei der dpa durchaus ein Problembewußtsein zeigte, fehlte dies völlig beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Punkto PR-Journalismus. Hier sollten die Journalisten wirklich kritischer hinschauen, wen sie so in ihren Sendungen zu Gast haben.

Monika19. März 2007 um 18:47

Was die Vorstellungswelt eines Konvent-Mitglieds anbelangt, lohnt sich ein Blick in die Junge Welt vom 13.03.2007 (Rassistische Hochkultur von Thomas Wagner). Manfred Pohl, Historiker und Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Konvents für Deutschland hat im Februar 2007 sein neues Buch „Das Ende des Weißen Mannes : eine Handlungsaufforderung“ vorgestellt. Die Laudatio hielt Olaf Henkel.

Laut Junge Welt 13.03.2007 Zitate aus dem oben erwähnten Oeuvre:

„Die Hinüberrettung von abendländischen Kulturwerten in die unvermeidliche Ära des »Multi-Colour-Man (MCM)«, heißt es in dem auf breite Leserschichten zielenden Druckerzeugnis, sei »unsere einzige Hoffnung und unser unveränderliches Ziel.« Die »Identität, das Zugehörigkeitsgefühl« sollten bei allen demographischen Veränderungen der kommenden Jahrzehnte »deutsch, europäisch oder amerikanisch bleiben.« Weiter heißt es: Der »Kampf um die Weltherrschaft« habe begonnen. Der Islam sei eine »kriegerische Religion.« Im Kampf »zwischen den Muslimen und dem Weißen Mann« gebe es »keine Toleranz und keine Akzeptanz.« Moslems würden keine »europäische Identität übernehmen.« Bei Strafe des Untergangs brauche Deutschland eine »Erziehung zu mehr Arbeit, mehr Leiden«. Da nur fünf Prozent der Menschen in der Lage seien, geistige Höchstleistungen zu vollbringen und über 20 Prozent »nicht bildungsfähig« seien, müßten die Kinder schon in der Grundschule zwecks Elitenerziehung getrennt werden. Die derzeitige Demokratievorstellung müsse »infrage gestellt«, nach dem Modell einer Aktiengesellschaft umgeformt, die Regierung von entscheidungstarker Hand wie ein privates Unternehmen geführt werden. Die Frauen sollten aufhören, Männer werden zu wollen, statt dessen ihrem »biologisch ausgeprägten Mutterinstinkt folgen« und ihre Weiblichkeit »akzeptieren und zum Zug kommen lassen.“

Den kompletten Artikel gibt es hier: http://www.jungewelt.de/2007/03-13/003.php?sstr=manfred|pohl

Helga Müller21. März 2007 um 16:42

Es ist gut, daß es das Internet gibt.
Bezüglich der INSM undKonvent fallen mir auch die Wirtschaftberatungsunternehmen ein. Der Berater Roland Berger ließ im Juli 2003 in der ZEIT (Ich habe einen Traum) sagen: “ überliste die Großen ( und die Politik)….“
Ein Verwandter verklagte diesen Mann , weil er diesen Satz als Aufruf zur Korruption empfand. Das Gericht verwarf die Klage wegen keiner verfolgbaren Straftat.
Bis 2003/ 04 beriet Herr Berger ( u.A.) auch den BA-Chef Florian Gerster Gerster und bekam Aufträge von diesem.
Danach beriet der Herr Berger das Bundesfamilienministerium in einem Konsortium bis September 2006 unter dem Slogan : “ Familie macht Gewinn“…. !
( Ich bin immer versucht zu fr4agen für wen Familie GEWINN macht- wenn es schon so formuliert wird)
Alle meine Fragen und Bedenken, die ich diesbezüglich an das BMFSFJ gerichtet habe wurden nicht beantwortet.
Manchmal kommt mir alles vor, als würde Scienthology die Gesetze bei uns machen. Denn wie kann man sich die Ignoranz der Politiker sonst erklären?
Freundliche Grüße aus Thüringen

jan müller30. April 2008 um 15:40

die typen machen mir angst.

Bernhard Ott10. März 2011 um 10:35

Diese Gut – Menschen machen heute das Bürgerforum 2011. Eine Sache, die ich mir schon immer wünsche. Aber unter diesen Hintergründen? Die privatisierte Politik im Schafpelz.