Cameron Venti via Unsplash -
Handelspolitik

Transatlantische Handelsbeziehungen: Spielball der Konzernlobby


Donald Trump hat einen Handelskrieg losgetreten. Im Windschatten der Debatte versuchen Konzerne ihre Interessen unterzubringen und europäische Gesetze infrage zu stellen. Bei EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič finden sie ein offenes Ohr.

von 2. Juni 2025


Derzeit diskutiert die Welt über US-Präsident Trumps Handelskrieg. Seine Zolldrohungen gegenüber der EU sind Dauerthema in der EU-Kommission und den europäischen Hauptstädten. Doch Trump, der die Interessen von US-Unternehmen genau im Blick hat, geht es nicht nur um Zölle. Auch europäische Regeln und Gesetze stellen für US-Unternehmen genauso Markt-Zugangsbarrieren dar, die sie beseitigt sehen wollen. Der Druck der Konzernlobby auf unsere Regeln steigt – von außen und von innen.

Die Interessen von US-Konzernen

Viele der wichtigen EU-Regeln sind den US-Konzernen ein Dorn im Auge: Der US-Handelsbeauftragte nennt in seinem aktuellen Bericht mehrere Regeln, die US-Konzerne als „Handelshemmnisse“ gerne abschaffen würden. Darunter fallen unsere Chemiekalienregeln oder die EU-Plattformgesetze Digital Markets Act (DMA), Digital Services Act (DSA) oder AI-Act.

Die US-Regierung fungiert hier als verlängerter Arm ihrer Konzerne. Zu dieser Einschätzung kommt auch Public Citizen, eine Organisation der US-Zivilgesellschaft, die seit Jahrzehnten die US-Handelspolitik beobachtet. Die Forderungen des Handelsbeauftragten finden sich in den Lobbypapieren der Amerikanischen Handelskammer in der EU wider. So spricht der Verband von der Aufhebung von sogenannten „nicht-tarifären Handelshemmnissen" und fordert einen konstruktiven Austausch mit der Business-Community.

Sogenannte„Nicht-tarifäre Handelshemmnisse“


Vergangene Woche thematisierte der Spiegel erstmals, dass es bei den Handelsgesprächen zwischen den USA und der EU nicht nur um Zölle gehe, sondern auch um sogenannte „nicht-tarifäre Handelshemmnisse.“ Die Definition dieser Handelshemmnisse ist umstritten. Breiter gefasst kann es praktisch jede Regel sein, die dem Austausch von Waren im Weg steht. Der Ausdruck ist daher in der derzeitigen angespannten politischen Debatte um Zugeständnisse gegenüber den USA und US-Konzernen problematisch. Er kann für die Abschaffung unliebsamer Regeln stehen, etwa Verbraucher- und Umweltschutz.

BusinessEurope: Druck auf unsere Regeln von innen

Auch von innen sind europäische Gesetze unter Druck. Nicht nur US-Konzerne haben es auf unsere Regeln abgesehen. EU-Unternehmen und ihre Verbände machen Druck für eine Abschwächung der Regeln, die Mensch und Umwelt bisher vor schädlichen Einflüssen schützen.

Der größte europäische Arbeitgeberverband BusinessEurope hat ähnliche Anliegen gegenüber der Politik wie Konzerne aus den USA. So spricht sich auch BusinessEurope für eine Reduzierung von Regulierungen („regulatory burden“) und nicht-tarifärer Handelshemmnisse aus. Auch wenn der AI-Act nicht explizit erwähnt wird, so macht sich der Verband für eine Annäherung der US- und EU-Regeln stark. Das kommt einer Schwächung der EU-KI-Regeln gleich. In diesem Zusammenhang fordert BusinessEurope ein US-EU-Digitalabkommen.

Ähnlich wie Lobbygruppen von der anderen Seite des Atlantiks macht der Verband der EU-Chemieindustrie CEFIC ebenfalls Druck für eine Abschwächung der EU-Chemiekalienverordnung Reach. Der Verband spricht von „ echter Vereinfachung“ (true simplification) der Verordnung.

Sowohl CEFIC als auch BusinessEurope fordern einen intensiven Austausch und Dialog mit Unternehmen zu handelspolitischen Maßnahmen.

Handelskommissar Šefčovič: Einseitiger Einfluss von Konzernen

Belgian Presidency of the Council of the European Union / Julien Nizet - CC-BY 2.0
×

Seit Amtsantritt hatte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič insgesamt 44 Lobbytreffen. 26 dieser Treffen hatten die transatlantischen Handelsbeziehungen zum Gegenstand. Das sind mehr als die Hälfte der Treffen. Alle Treffen fanden mit Konzernen und ihren Verbänden statt, darunter Google, Bayer oder BMW und die oben erwähnten Verbände Amerikanische Handelskammer, BusinessEurope und CEFIC.

Kein einziges Treffen hatte Šefčovič mit Verbraucherschutzorganisationen, Gewerkschaften oder anderen Teilen der Zivilgesellschaft. Das einzige Treffen, das Sefcovic nicht mit der Privatwirtschaft hatte, war ein Austausch mit dem Organisatoren des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos. Thema war das Programm des WEF in Davos, das ebenfalls von Konzernen geprägt ist. Mehr zu unserer Kritik am WEF in Davos.

Dem Lobbydruck standhalten


Der Lobbydruck für die Abschwächung europäischer Regeln ist aktuell groß – aus den USA wie aus der EU. Die Gesetze und Regeln in der EU stehen aktuell auf Messers Schneide. Europa muss daher dem Druck standhalten und wichtige Regeln für Mensch und Umwelt aufrechtzuerhalten. Über Zollsenkungen kann man verhandeln, über demokratisch geschaffene Regeln nicht.

Bleiben Sie informiert über Lobbyismus.

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter.

Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur Datenschutzerklärung.

Teilen

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar.

Pflichtfelder sind mit * markiert. Neue Kommentare erscheinen erst nach Freigabe auf der Webseite.

Durch Absenden des Kommentars akzeptieren Sie die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten gemäß unserer Datenschutzerklärung.

Interesse an mehr Lobbynews?

Newsletter abonnieren!