Handelspolitik

CETA und TTIP im Vergleich: Factsheet zu regulatorischer Kooperation

Unser neues Factsheet zur umstrittenen regulatorischer Kooperation in TTIP und CETA haben wir gestern an Abgeordnete des EU-Parlaments und des Bundestags versandt. Es zeigt: Regulatorische Kooperation in CETA ist zwar vager als in TTIP, aber gerade deswegen brandgefährlich für die Demokratie.
von 16. September 2016

Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen rufen wir zu den Großdemonstrationen gegen die umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP und CETA am kommenden Samstag auf. Gestern haben wir ein Factsheet zur umstrittenen regulatorischen Kooperation in den beiden Abkommen an Abgeordnete des Bundestags und des EU-Parlaments versandt. Gemeinsam mit dem NGO-Netzwerk Forum Umwelt und Entwicklung appellieren wir an die Abgeordneten: Regulatorische Kooperation in CETA ist zwar vager als in TTIP, aber gerade deswegen brandgefährlich. Sie könnte zur institionalisierten Lobbybremse werden und damit Gesetzgebung im öffentlichen Interesse verzögern und verhindern, wenn sie finanzstarken Unternehmenslobbyisten nicht passt.

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Eine institutionalisierte Lobbybremse

Das Wort „Lobbybremse“ kommt nicht von ungefähr. Regulatorische Kooperation im CETA-Abkommen ist war freiwillig und deutlich weniger bindend als bei TTIP, kann aber je nach Auslegung Regulierungen dennoch ausbremsen. Denn auch über CETA können Lobbyisten und die jeweils andere Regierung neue Gesetzesvorhaben kommentieren und auf Rückmeldung dazu pochen. Wir befürchten: Verbraucherschutzmaßnahmen könnten in der Schublade verschwinden, bevor sie irgendein Parlament gesehen hat. Das kommt einer Schwächung der Parlamente gleich.

NAFTA mahnt: Vage muss nicht vage bleiben

Gerade, dass bei regulatorischer Kooperation in CETA viel offen bleibt, betrachten wir mit Sorge. Denn auch NAFTA, das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko, sah zunächst nur eine unverbindliche Form der Regulierungszusammenarbeit vor. Diese wurde jedoch Jahre 2011, also Jahre nach Vertragsabschluss, zwischen den USA und Kanada institutionell nachgerüstet.
Zur Erinnerung der Hinweis darauf, dass informelle regulatorische Kooperation zwischen den USA und der EU bereits in der Vergangenheit zu niedrigeren Verbraucher- und Umweltstandards geführt hat. Dies zeigt unsere Studie „Ein gefährliches regulatorisches Duett“ (pdf) von Anfang 2016.

Das Recht zu regulieren: Nicht ausgeschaltet, aber doch ausgehöhlt

Der Rechtsprofessor Markus Krajewski betont zu Recht in seiner aktuellen Stellungnahme zum CETA-Abkommen, dass regulatorische Kooperation im Abkommen freiwillig sei. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass durch gegenseitige Anerkennung von Produkten – also eine der Formen regulatorischer Kooperation – die „Regulierungsautonomie nicht unmittelbar, jedoch mittelbar eingeschränkt“ wird (S. 3): „Wenn nämlich die eigenen Standards geändert/verbessert werden, können diese ohne Zustimmung des Vertragspartners nicht mehr auf importierte Produkte angewandt werden.“ Eine Regulierungsbremse für Importprodukte entsteht hier also. Krajewskis Mahnung sollte man ernst nehmen, wenn man ein Handelsabkommen mit dem viertgrößten Produzenten von genmanipulierten Produkten abschließt.

Einseitigkeit des Lobbyeinflusses

Hinzu kommt: Internationale Verfahren und Institutionen – wie regulatorische Kooperation über Handelsabkommen – sind sehr anfällig für den Einfluss insbesondere durch international aufgestellte, finanzstarke Lobbyisten. Denn nur sie verfügen über die notwendigen Ressourcen, um solche Prozesse zu verfolgen. Dieses Phänomen lässt sich bereits in Brüssel bei den EU-Institutionen beobachten. Im Fall von internationalen Gremien spitzt es sich noch zu.

EU-Handelspolitik in der Legitimationskrise

Die EU-Handelspolitik befindet sich in einer Legitimationskrise. Denn Abkommen wie TTIP, CETA oder TiSA sind voller Gefahren für Demokratie, Umwelt und Soziales. Sie werden zudem weiter im Geheimen verhandelt. Die anhaltende Welle kritischen Protests in ganz Europa zeigt deutlich, dass große Teile der Bevölkerung, der Zivilgesellschaft und Gewerkschaften sich das nicht mehr bieten lassen.

Stopp CETA und TTIP: Eine andere Handelspolitik ist überfällig

Wir lehnen die Abkommen aufgrund von demokratiegefährdenden Mechanismen wie der regulatorischen Kooperation ab. Es sind eben keine Abkommen, die den Anspruch erfüllen, damit Globalisierung gestalten zu können. Es sind vielmehr Abkommen, die der Politik Gestaltungsspielräume nehmen und damit entdemokratisierend wirken.

Statt regulatorischer Kooperation in TTIP und CETA brauchen wir einen besseren Informationsaustausch zwischen den Regulierungsbehörden dies- und jenseits des Atlantiks – damit so etwas wie der VW-Skandal nicht erneut passiert. Der regulatorische Austausch muss der Kontrolle des Europäischen Parlaments und der jeweils zuständigen Ausschüsse unterliegen. Das Ob und Wie einer Veränderung regulatorischer Standards muss Gegenstand demokratischer Debatte und parlamentarischer Entscheidung bleiben. Wenn die SPD wirklich Globalisierung gestalten will, dann sollte sie die Proteste von Bürgerinnen und Bürgern ernst nehmen und am Dienstag beim Parteikonvent eine Kehrtwende machen und CETA ablehnen.

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