Deutschland in der Kritik
Die Staatengruppe, zu deren Gründungsmitgliedern Deutschland zählt, bewertet in regelmäßigen Abständen wie gut – oder schlecht – einzelne Länder bei der Prävention und Verfolgung von Korruption und illegitimer Einflussnahme vorankommen. Der im August erschienene Umsetzungsbericht zu Deutschland nimmt die Regeln zum Umgang mit Interessenkonflikten bei den höchsten Regierungsämtern in den Blick – und kritisiert die mangelnde Umsetzung der zuvor an Deutschland gerichteten Empfehlungen.
Ein zentraler Kritikpunkt: In Deutschland gibt es keine Verpflichtung für den Kanzler, die Bundesminister*innen oder Staatssekretäre Beteiligungen an Unternehmen oderandere finanzielle Interessen offenzulegen. Finanzielle Interessenkonflikte bleiben so im Dunkeln und das bei den politischen Posten mit der größten Verantwortung und dem höchsten Einfluss!
Verbesserungsbedarf bei den höchsten Ämtern
Daher betont die Staatengruppe in ihrem Bericht völlig zu Recht, dass „die Transparenz der finanziellen und geschäftlichen Interessen der Bundesministerinnen und -minister und der Parlamentarischen Staatssekretärinnen und -sekretäre (und gegebenenfalls der beamteten Staatssekretärinnen und -sekretäre und Abteilungsleitungen) erheblich verbessert werden muss, insbesondere um potenzielle Interessenkonflikte aufzudecken.“
Auch wir haben entsprechende Offenlegungsregeln in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert. Anlässlich des Starts der schwarz-roten Bundesregierung haben wir eine Petition gestartet mit einer klaren Forderung: „Legt die Aktien offen!“
Die Forderung ist jetzt umso wichtiger, da mehrere Minister*innen auf der Regierungsbank sitzen, die direkt zuvor leitende Positionen in der Wirtschaft hatten und die nicht zugleich Bundestagsabgeordnete sind. Das führt dazu, dass für sie noch nicht einmal die ohnehin schon sehr schwachen Regeln für Abgeordnete gelten. Lediglich Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat ihre Beteiligungen inzwischen freiwillig offengelegt, allerdings auch erst auf mehrfache Nachfrage und nach erheblichem öffentlichen Druck.
Mehr Transparenz? Bundesregierung: Nein!
Von einer verbindlichen Regelung für alle Regierungsmitglieder will die Bundesregierung bislang nichts wissen, Deutschland bleibt damit hinter internationalen Standards zurück. Das zeigte sich zuletzt in der Antwort auf einen Fragenkatalog der grünen Bundestagsfraktion. Die Bundesregierung antwortete auf konkrete Fragen nach Unternehmensbeteiligungen von Digitalminister Wildberger und verschiedenen Staatssekretär*innen äußerst schmallippig. Sinngemäß: Wissen wir nicht und wollen wir auch nicht wissen.
Auf die Frage hin, ob die Bundesregierung Maßnahmen zur Stärkung der Transparenz erwäge, „insbesondere im Hinblick auf die wiederholt von LobbyControl kritisierte strukturelle Schwäche der Integritätsregelwerke für Mitglieder der Bundesregierung“, fiel die Antwort noch kürzer aus: „Nein“.
Das ist äußerst ernüchternd und einer modernen Demokratie nicht angemessen. Bereits anlässlich der Debatte um Interessenkonflikte rund um die Staatssekretäre Patrick Graichen und Udo Phillip in der vergangenen Legislaturperiode hatten wir Eckpunkte für eine umfassende Reform der Compliance-Regeln in den Bundesministerien vorgelegt. Die Ampel-Regierung hat zwar einiges vorangebracht bei der Transparenz- und Lobbyregulierung (siehe dazu unseren Lobbyreport). Doch genau an diesem Punkt hat auch sie nichts geändert. Das Bewusstsein für Interessenkonflikte, die aus signifikanten Unternehmensbeteiligungen erwachsen können, ist in Deutschland insgesamt unterentwickelt.
Helfen Sie mit Ihrer Unterschrift unter unsere Petition mit das zu ändern!
UnterschreibenDeutschland muss gegenüber der Staatengruppe gegen Korruption nun bis 31. März 2026 über die weiteren Fortschritte Bericht erstatten. Auch gegenüber anderen Staaten würde Deutschland ein schlechtes Bild abgeben, wenn erneut keinerlei Fortschritt bei diesem Punkt zu vermelden wäre.
Weitere Infos:
- GRECO-Umsetzungsbericht (Zweiter Umsetzungsbericht zur fünften Evaluierungsrunde, pdf)
Pressemitteilung: Bundesregierung will Interessenkonflikte im Dunkeln lassen - Antworten der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:
- Pressemitteilung: Bundesregierung will Interessenkonflikte im Dunkeln lassen