Seitenwechsel

Kochs neuer Nebenjob bei der Großbank UBS – und weitere Seitenwechsel

Die feste Aussicht auf einen Vorstandsvorsitz ist ihm scheinbar nicht genug: Wie am Dienstag bekannt wurde, übernimmt Roland Koch Anfang kommenden Jahres auch noch den Aufsichtsratsvorsitz bei der deutschen Tochter der Schweizer Großbank UBS. Das Interesse der Finanzbranche an einflussreichen ehemaligen PolitikerInnen scheint ungebrochen: Andreas Krautscheid, noch amtierender CDU-Generalsekretär von Nordrhein-Westfalen, wechselt nach seiner Ablösung […]
von 11. November 2010

Die feste Aussicht auf einen Vorstandsvorsitz ist ihm scheinbar nicht genug: Wie am Dienstag bekannt wurde, übernimmt Roland Koch Anfang kommenden Jahres auch noch den Aufsichtsratsvorsitz bei der deutschen Tochter der Schweizer Großbank UBS. Das Interesse der Finanzbranche an einflussreichen ehemaligen PolitikerInnen scheint ungebrochen: Andreas Krautscheid, noch amtierender CDU-Generalsekretär von Nordrhein-Westfalen, wechselt nach seiner Ablösung direkt in die Finanz-Lobby. Eine fragwürdige Lobbygeschichte gibt es auch aus dem Verteidigungsministerium zu berichten.

UBS bekommt auch einen Koch

Zuviele Köche verderben den Brei, aber wie ist es mit einem Koch, der in zu vielen Küchen arbeitet? Vor kurzem berichteten wir über Roland Kochs neuen Job als Vorstandsvorsitzender beim Baukonzern Bilfinger Berger. Die 1,5 Millionen Euro Jahresgehalt, die Koch dort verdient, scheinen dem ehemaligen Ministerpräsidenten Hessens jedoch nicht zu reichen: Wie zahlreiche Medien gestern berichteten, tritt Koch ab 1. Januar 2011, noch vor Antritt  seiner Führungsposition bei Bilfinger Berger im Juli 2011,  eine Tätigkeit als Aufsichtsratschef der Schweizer Großbank UBS an. Die UBS, die als einer der größten Vermögensverwalter für reiche Privatkunden gilt, machte keinen Hehl daraus, dass Koch sich in seiner Zeit als Ministerpräsident für den Finanzplatz Frankfurt eingesetzt habe und zudem politische Erfahrungen mitbringe. Politikerinnen und Politiker ziehen in der Frankfurter Rundschau Verbindungen zur Parteispendenaffäre und zur Entscheidung Hessens unter Koch, eine Steuersünder-CD nicht zu kaufen.

Es ist äußerst bedenklich, in welchem Ausmaß sich die Finanzlobby derzeit einflussreiche Ex-Politikerinnen- und Politiker an Land zieht: Ex-Kommissar Günter Verheugen berät die Royal Bank of Scotland, Ex-Kommissarin Meglena Kuneva arbeitet für die französische Großbank BNP Paribas und Ex-Kommissar Charles McCreevy wollte bei der neu gegründeten Bank NBNK Investments PLC beginnen (wurde aber daran gehindert). Der Einfluss der Finanzlobby auf die politischen Versuche, den Bankensektor nach der Finanzkrise strenger zu regulieren, war immens und erfolgreich: Viele Zähne wurden den Neuregelungen noch während ihrer Entstehung direkt wieder gezogen. Die nun neu engagierten politischen „VIP-Lobbyisten“ werden mit ihren Kontakten und internen Kenntnissen die Einflussmöglichkeiten dieser Lobby  weiter stärken und ihnen noch mehr Sonderzugänge in die Politik schaffen als ohnehin schon vorhanden. Es gibt noch einen weiteren gewichtigen Fall:

CDU-Generalsekretär Nordrhein-Westfalens wird Banken-Lobbyist

Bis März 2010 war Andreas Krautscheid, derzeitiger Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen, Staatssekretär für Medien sowie Regierungssprecher der Landesregierung NRWs unter Jürgen Rüttgers. Laut dem Handelsblatt wird Krautscheid ab März 2011 nun stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken in Berlin. Er wolle dazu beitragen, das Verständnis zwischen Banken, Politik und Gesellschaft zu stärken, verkündete er der Presse. Eine schöne Umschreibung der Tätigkeit, Politik und Gesellschaft die Bedürfnisse der Banken zu verkaufen. Praktische Erfahrungen bringt er bereits mit, er ist bereits häufiger zwischen Politik und Wirtschaft gewechselt: Vor seiner Zeit unter Rüttgers war Krautscheid als Lobbyist und Manager für die Deutsche Telekom tätig. Nachrückerin für Krautscheid im Landtag ist übrigens Regina van Dinther. Sie war als Landtagspräsidentin in die Kritik geraten, weil sie üppige Nebeneinkünfte als Mitglied im Regionalbeirat des Kohlekonzerns RAG angenommen hatte

Und dann ist da noch eine bemerkenswerte Geschichte aus dem Bereich des Verteidigungsministeriums:

Verteidigungsministerium pfeift Ex-Generalleutnant zurück

In seiner Zeit bei der Bundeswehr war Heinz Marzi zuletzt stellvertretender Luftwaffeninspekteur. Nachdem er 2009 in den Ruhestand ging, wechselte Marzi dann in den Ausschuss Verteidigungswirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie – mit Genehmigung des Verteidigungsministeriums. Als jedoch besagter Ausschuss in den Bundesverband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie umorganisiert wurde, dessen Geschäftsführer Marzi daraufhin war, wurde es selbst seinem ehemaligen Ministerium zu bunt: Wie der SPIEGEL meldete, verbot Die Anti-Korruptionsabteilung „‚Ermittlungen in Sonderfällen“ Marzi vergangene Woche die Ausübung seines Jobs. Begründung: Ausscheidende Offiziere dürfen fünf Jahre lang nicht in dem Bereich tätig werden, mit dem sie zuvor dienstlich zu tun hatten. Man fragt sich, warum dies für seine Tätigkeit im Ausschuss nicht auch geltend gemacht wurde – war er dort nicht genauso Lobbyist wie in seiner nun verbotenen Tätigkeit, nur weniger offiziell?

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