Lobbyregister

Bericht: LobbyControl im Innenausschuss

Unter dem Titel „Transparenz“ waren wir am Montag (15.6.) zu einer Anhörung im Innenausschuss des Bundestages eingeladen. Heidi Klein sollte als Sachverständige zu verschiedenen Anträgen Stellung beziehen. Dazu gehörten die Forderung nach einer Karenzzeit (einer „Abkühlphase“) zwischen politischem Amt und anschließender Lobbytätigkeit, einem verpflichtenden Lobbyistenregister sowie der Einschränkung externer Mitarbeiter in Bundesministerien.
von 19. Juni 2009

Unter dem Titel „Transparenz“ waren wir am Montag (15.6.) zu einer Anhörung im Innenausschuss des Bundestages eingeladen. Heidi Klein sollte als Sachverständige zu verschiedenen Anträgen Stellung beziehen. Dazu gehörten die Forderung nach einer Karenzzeit (einer „Abkühlphase“) zwischen politischem Amt und anschließender Lobbytätigkeit, einem verpflichtenden Lobbyistenregister sowie der Einschränkung externer Mitarbeiter in Bundesministerien.

Neben unserer Vetreterin waren Prof. Hans Meyer und Prof. Ulrich Battis, Professoren der Humboldt-Universität Berlin, Jochen Bäumel von Transparency International Deutschland, der Vizepräsident des Bundesrechnungshofes Norbert Hauser, der ehemalige Staatssekretär Johann Halen sowie der Journalist Hans-Martin Tillack geladen.

Im ersten Teil der zweistündigen Anhörung gab es (neben Bockwurst und Kartoffelsalat :-)) zunächst von jedem Sachverständigen ein kurzes Grundsatzstatement, wie er bzw. sie zu einer Karenzzeit für ausscheidende Regierungs- und Verwaltungsmitglieder stehe. Dabei kristallisierte sich schnell heraus, dass sich die geladenen Gäste in puncto Abkühlphase vom Grunde her einig waren: ein Ehrenkodex allein, wie von der FDP in ihrem Antrag (BT-Drucksache 16/677, PDF) gefordert, werde kaum ausreichen, um einen Seitenwechsel zu unterbinden. Bei der Frage der konkreten Ausgestaltung zeigten sich dann einige Unterschiede.

Beim Thema Lobbyistenregister war man sich auf Seiten der Sachverständigen ebenfalls einig, dass nur eine verpflichtende Regelung sinnvoll und die aktuelle Verbändeliste nicht ausreichend wäre. Während SPD, Grüne und Linke verpflichtende Lobbyistenregister in ihren Wahlprogrammen fordern, verhält sich die CDU diesbezüglich noch sehr zögerlich. Zur Diskussion unter den Sachverständigen führte die Frage, wie es um die Verschwiegenheitspflicht von Anwälten stehe, die Lobbyarbeit betreiben. Herr Prof. Meyer hält die Möglichkeit der Offenlegung von Lobbytätigkeiten von Anwälten schon jetzt für möglich. In seiner Stellungnahme heißt es: „Wenn Berater oder Rechtsanwälte Anliegen ihrer Mandaten gegenüber staatlichen Stellen mit dem Ziel geltend machen, die staatliche Entscheidung zu beeinflussen, können diese sich aber nicht auf eine Verschwiegenheitspflicht berufen, auf die die Mandanten sich selbst nicht berufen könnten.“ Mit von Paragraphen gespickten Argumenten lieferten sich die juristischen Sachverständigen einen Schlagabtausch, der damit endete, dass diese Angelegenheit im Rechtsausschuss weiter zu diskutieren sei.

Der zweite Teil der Anhörung widmete sich der Mitarbeit von „Externen“ in Ministerien. Herr Hauser vom Bundesrechnungshof betonte, dass die derzeitige Verwaltungsvorschrift zur Beschäftigung externer Mitarbeiter verbessert werden müsse, insbesondere in Hinblick auf deren Umsetzung: Die zur Zeit noch „weiche“ Regelung, welche festlegt, dass Externe höchstens 6 Monate für ein Ministerium arbeiten sollten, müsse künftig strikter befolgt werden. Auch müssten befristete Arbeitsverträge, die derzeit nicht erfasst werden, in die häufig fehlerhaften Berichte aufgenommen werden. Auch stütze er die schon lange von uns vorgebrachte Forderung, dass alle bisherigen Fälle offen zu legen seien und nicht nur die neuen. Der Sachverständige Battis kritisierte die „Privatisierung der Gesetzgebung“ und nannte diese „einen Rückschritt in den Feudalismus“.

Obwohl wir durch unsere tagtäglichen Recherchen und internationalen Kontakte eine umfangreiches Wissen zum Thema Lobbyismus und Regulierungsmöglichkeiten haben, wurde Heidi Klein nur zwei Mal das Wort erteilt. Nicht nur, dass man in spezifischen Fragen wie z.B. zur Verbreitung und konkreten Ausgestaltung von Lobbyregistern in anderen Ländern nicht an Heidi Klein wandte – selbst als es konkret um die Rolle von Nichtregierungsorganisationen als Lobbyisten und sogar namentlich um LobbyControl ging, gewährte man ihr nicht das Wort. Die Mitglieder des Innenausschuss schienen den anwesenden Universitätsprofessoren die größere Expertise zuzurechnen. Der Journalist Tillack beschreibt diesen Zug der extrem männerlastigen Anhörung unter der Überschrift „Junge Frauen haben keine Ahnung“ in seinem Stern-Blog.

Sicherlich wird der Bundestag zum nahenden Ende dieser Legislaturperiode leider nichts mehr zu diesen Themen beschließen. Doch klar ist: die Themen sind auf der Berliner Tagesordnung angekommen, und wir werden dafür sorgen, dass sie auch nach der Wahl wieder auf den Tischen der Politiker landen.

Hier finden Sie die schriftlichen Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen.

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