Pressemitteilung

Schauprozess gegen NGOs? Kritik an Untersuchungsausschuss im EU-Parlament

Am Donnerstag, den 8. Mai, stimmen die Fraktionsvorsitzenden und die Parlamentspräsidentin in der sogenannten Konferenz der Präsidenten (CoP) des Europäischen Parlaments über die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur Finanzierung von Umweltorganisationen ab.

von 6. Mai 2025

Bereits seit einigen Wochen sammelt die rechtspopulistische Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im EU-Parlament Unterschriften für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Finanzierung von Umweltorganisationen durch die EU-Kommission. In der Fraktion ist die postfaschistische Fratelli d’Italia von Italiens Regierungschefin Meloni tonangebend. Am Donnerstag stimmt die CoP, das Gremium der Fraktionsvorsitzenden, nun ab, ob es diesen Ausschuss geben soll. Dafür bräuchten die Rechtspopulisten die Zustimmung von Manfred Weber, dem Fraktionsvorsitzenden der Konservativen (CDU/CSU) in Brüssel.

Nina Katzemich von LobbyControl kommentiert:

„Wir fordern Herrn Weber eindringlich dazu auf, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Finanzierung von Umweltorganisationen nicht zu unterstützen. Ein solcher Ausschuss käme einem Schauprozess gegen die Zivilgesellschaft gleich – ganz nach dem Geschmack von Autokraten wie Viktor Orbán.

Einen Untersuchungsausschuss hat das EU-Parlament bisher nur selten und im Falle von echten Skandalen und Verstößen gegen das EU-Recht eingesetzt. Es bereitet uns große Sorgen, dass auf Betreiben rechter Parteien ein solcher nun gegen Umweltorganisationen eingesetzt werden soll, obwohl es trotz immenser Aufwände weiterhin keine Anzeichen für ein Fehlverhalten der Organisationen gibt.“

Trotz massiver Recherchen: Keine Hinweise auf Fehlverhalten

Auf ihrer Suche nach dem vermuteten Skandal hat die Fraktion der CDU/CSU in Brüssel, allen voran Monika Hohlmeier MdEP, bereits immensen Aufwand betrieben: Im Haushaltskontrollausschuss hat sie von der Kommission die Herausgabe von Dutzenden von Finanzierungsverträgen mit Umweltorganisationen verlangt. Es wurden Hunderte Seiten dieser Verträge geprüft, Anhörungen zu diesem Thema abgehalten und das zuständige Kommissionsmitglied und die Kommissionsdienststellen wiederholt befragt. Auch einen Bericht des Europäischen Rechnungshofs gab es. Trotz alldem wurden weder ein Missbrauch von EU-Mitteln noch ein Verstoß gegen die Vorschriften oder ein Missstand in der Verwaltungstätigkeit festgestellt.

Auf Verlangen der EKR-Fraktion soll nun mangels aller Anzeichen in einem Untersuchungsausschuss weiter nach einem Skandal gegraben werden. Das würde weitere personelle und finanzielle Ressourcen kosten. Die Glaubwürdigkeit dieses wichtigen parlamentarischen Instruments würde massiv Schaden nehmen, wenn ein solcher Ausschuss nun für ein rechtes Schmierentheater gegen Umweltorganisationen missbraucht würde.
Die CDU/CSU müsste für einen solchen Ausschuss gemeinsam mit den rechten Fraktionen stimmen, da Liberale, Sozialdemokraten, Grüne und Linke einen solchen Ausschuss ablehnen.

Nina Katzemich:

Eine Kooperation mit den rechten Parteien im EU-Parlament zur Schwächung der Zivilgesellschaft schadet der Demokratie. Sie dürfte auch beim überwiegenden Teil der Öffentlichkeit auf Ablehnung stoßen. Außerdem hat es in den vergangenen Wochen immer wieder Konservative im EU-Parlament gegeben, die sich trotz Druck explizit hinter die Umweltorganisationen gestellt haben. Dieses aufrechte Einstehen für die Demokratie, auch wenn solche Organisationen bisweilen unbequeme Meinungen vertreten, sollte Vorbild für eine demokratische konservative Partei sein. Sie sollte sich nicht von Rechtspopulisten treiben lassen.“

Hintergrund:

  • Es gab bisher sieben Untersuchungsausschüsse im EU-Parlament, darunter zu Dieselgate, den Panama Papers oder dem Einsatz der Spionagesoftware Pegasus.
  • Zur Begründung des Untersuchungsausschusses behauptet die EKR, die EU-Kommission habe von ihr finanzierte Umweltorganisationen explizit zur Lobbyarbeit gegenüber dem Parlament verpflichtet. Diese Behauptung wurde weder von seriösen Medien, die die Verträge eingesehen haben, noch vom Europäischen Rechnungshof bestätigt. Auch Haushaltskommissar Serafin hat jüngst bestätigt, dass die Kommission zivilgesellschaftliche Organisationen nicht zu bestimmten Aktivitäten verpflichtet hat, sondern diese ihr Arbeitsprogramm unabhängig entwickeln.
  • Einen Blick auf die Finanzierungsverträge mit den Umweltorganisationen hatte auch „Politico“ geworfen, mit dem Ergebnis, dass die Vorwürfe der EPP nicht stichhaltig seien.
  • Ein offener Brief von Brüsseler Organisationen an Manfred Weber
  • LobbyControl-Blog zu der Anti-NGO-Kampagne in Brüssel

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