Berlin, 30.6.2017: Die Beratung des Abschlussberichts des Abgas-Untersuchungsausschusses im Bundestag kommentiert Christina Deckwirth, Campaignerin bei LobbyControl:
„Der Bericht ist enttäuschend und belegt erneut, dass die Bundesregierung Konzerninteressen über Umwelt- und Verbraucherschutz stellt. Dazu passt, dass die Regierungsfraktionen mit Helmut Greim einen Sachverständigen in den Untersuchungsausschuss geholt haben, der schon lange für seine Interessenkonflikte mit der Industrie bekannt ist. Dabei ist Greim in seiner Funktion als Beiratsversitzender des angeblich unabhängigen Forschungsinstituts EUGT eng mit der Autoindustrie verflochten. Doch die Regierungsmehrheit lässt sich den Dieselskandal nun von einem Gutachter mit Industrie-Geschmäckle schönreden.“
Deckwirth weiter:
„Auch mit einer zweiten Personalie hat Bundeskanzlerin Merkel die gebotene Distanz zur Autolobby vermissen lassen. Es spricht Bände, dass Merkel mitten in der Aufklärung des Dieselskandals Joachim Koschnicke zu ihrem Wahlkampfmanager gemacht hat. Dieser spielte als Opel-Cheflobbyist in der Dieselgate-Affäre eine unrühmliche Rolle.“
Hintergrund:
Zur Personalie Helmut Greim: Professor Greim fiel bereits bei der Einschätzung der Gesundheitsauswirkungen von Holzschutzmitteln oder Glyphosat als Sachverständiger mit Interessenkonflikten und äußerst industrienahen Positionen auf. Auch im Abgas-Untersuchungsausschuss zeichnete er sich dadurch aus, dass er die Gesundheitsauswirkungen von Dieselemissionen als „unbedenklich“ einschätzte. Diese Bewertung haben die Regierungsfraktionen in die Abschlussbewertung des Ausschusses übernommen. Greims Unabhängigkeit steht auch hier in Frage: Er ist Beiratsvorsitzender der Europäischen Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT), das von der Autoindustrie gegründet wurde. Es bestehen zudem enge personelle Verflechtungen zwischen dem Institut und der Autoindustrie: Gunter Zimmermeyer, Vorstandsvorsitzende des EUGT war jahrelang Geschäftsführer vom Verband der Automobilindustrie (VDA). Der EUGT-Geschäftsführer Michael Spalleck war Leiter des Gesundheitsschutzes bei Volkswagen und verschickte bis vor kurzem noch E-Mails von einer VW-Adresse inklusive Signatur des Konzerns. Dem Institut wird vorgeworfen, die Gesundheitsschäden von Dieselabgasen herunterzuspielen.
Zur Personalie Joachim Koschnicke: Joachim Koschnicke ist seit April 2007 der Wahlkampfmanager der CDU Deutschland. Zuvor hatte er bereits als Bereichsleiter strategische Planung und strategische Kommunikation im Konrad-Adenauer-Haus gearbeitet, bevor er von 2013 bis 2017 als Cheflobbyist bei Opel arbeitete. In letzterer Funktion pflegte Koschnicke enge Kontakte ins Verkehrsministerium und in die CDU, um für Opel Unregelmäßigkeiten an der Motorsoftware kleinzureden. Er setzte sich außerdem massiv für die Zulassung eines Opel-Modells ein, bei dem eine fragwürdige Abschalteinrichtung eingebaut war.
Mehr Informationen zum Dieselgate-Skandal und dem Einfluss der Autlobby in unserem neuen Lobbyreport (eigenes Kapitel zur Dieselgate-Affäre, S. 42ff)
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