Parteienfinanzierung

AfD-Skandal: Neues von der Swiss-Connection

Im Spendenskandal um Alice Weidel gibt es eine neue Wendung: Laut Rechenschaftsbericht der AfD standen hinter den illegalen Spenden an Weidels Kreisverband nicht wie bisher bekannt nur eine Person, sondern mehrere. Die Namen der Spender möchte die Partei der Öffentlichkeit allerdings nicht verraten. Auch an anderen Stellen versucht die Partei, die Herkunft von Unterstützungsleistungen im Wahlkampf zu verbergen.
von 18. Januar 2019

Im Spendenskandal um Alice Weidel gibt es eine neue Wendung: Laut Rechenschaftsbericht der AfD standen hinter den illegalen Spenden an Weidels Kreisverband nicht wie bisher bekannt nur eine Person, sondern mehrere. Die Namen der Spender möchte die Partei der Öffentlichkeit allerdings nicht verraten. Auch an anderen Stellen versucht die Partei, die Herkunft von Unterstützungsleistungen im Wahlkampf zu verbergen. Das betrifft unter anderem Wahlkampfhilfe zu Gunsten von Jörg Meuthen und Guido Reil. Neue Informationen deuten daraufhin, dass es Überschneidungen zwischen diesen Spendern für Weidel und Reil gibt. Das legt nahe, dass hinter den verschiedenen Fällen verdeckter Wahlkampfhilfe ein Unterstützer-Netzwerk steht.

Der AfD-Kreisverband Bodensee von Alice Weidel erhielt 2017 über die Firma PWS Pharma gut 130.000 Euro. Nach Berichten von Spiegel sowie von NDR, WDR, SZ und dem Schweizer Tagesanzeiger sollen hinter den Spenden 14 Personen stehen, mit Adressen in Deutschland, Spanien und Belgien. Die AfD habe diese Liste der Bundestagsverwaltung vorgelegt. Allerdings sind die Namen nicht im AfD-Rechenschaftsbericht 2017 enthalten, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Die AfD nutzt in ihrem Rechenschaftsbericht einen Buchungstrick, um die Spender hinter den Geldflüssen nicht offen legen zu müssen. Die Zuwendungen wurden formal nicht als Spende gebucht, sondern als Verbindlichkeit. Die Partei begründet das mit der Rückzahlung der Gelder im Jahr 2018 (Rechenschaftsbericht, S. 244; Achtung: pdf mit 100 MB).

Auszug aus AfD-Rechenschaftsbericht 201 zu Weidel-Spenden, S. 244

Auszug aus dem AfD-Rechenschaftsbericht zu den Weidel-Spenden (S. 244). Was der Sinn der anonymisierten Darstellung sein soll, bleibt schleierhaft – außer den Durchblick für Leserinnen und Leser zu erschweren.

Das ist ein weiterer Versuch, verdeckte Geldflüsse vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Die Spenden wurden 2017 im Wahlkampf eingesetzt, das hat ein Sprecher von Weidel der FAZ bestätigt. Bis zum Jahresende 2017 gab es keine Entscheidung über eine Rückzahlung. Die Zuwendungen müssen deshalb als angenommen gelten – und müssten entsprechend im Rechenschaftsbericht als Spende verbucht werden. Allerdings hat die AfD dabei ein Problem: die Spenden waren illegal. Erstens, weil die Spenden über eine Schweizer Firma liefen und zweitens weil es sich um weiter geleitete Spenden handelt. Statt ihre Fehler einzugestehen, versucht die AfD in ihrem Rechenschaftsbericht 2017, sich an den Transparenzregeln des Parteienrechts vorbei zu mogeln.

Keine Transparenz bei Jörg Meuthen und Guido Reil

Das gilt auch für eine ganze Reihe weiterer Fälle verdeckter Wahlkampfhilfe, etwa für die Wahlkampagnen der Schweizer Werbeagentur Goal AG für Jörg Meuthen und Guido Reil. Diese sahen wie AfD-Kampagnen aus, wurden aber von Dritten verdeckt finanziert. Laut Rechenschaftsbericht war ihr Umfang größer als bislang bekannt. So räumt die AfD erstmals ein, dass die Goal AG für Meuthen auch Flyer druckte und versandte – zusätzlich zu den bisher bekannten Anzeigen, Plakaten und der Kampagnenwebseite. Meuthen hatte zuvor auf mehrere Anfragen von LobbyControl zu diesen Flyern nicht geantwortet. Das zeigt nochmal, dass Meuthen die Unterstützung durch die Goal AG bislang nur scheibchenweise offengelegt hat.

Auch bei Meuthen und Reil soll das Geld von mehreren Personen kommen. Die AfD hat der Bundestagsverwaltung Namen genannt, die sie aber im Rechenschaftsbericht nicht offenlegt. Sie behauptet, die Unterstützung für Meuthen und Reil sei nicht als Parteispende zu werten. Das ist nicht überzeugend: Die Wahlkampagnen der Goal AG sind in Kooperation mit Meuthen und Reil erfolgt, sie müssen der AfD als Einnahme zu gerechnet werden. Auch diese Wahlkampfhilfe ist als illegal zu werten, weil sie von damals unbekannten Dritten kam.

Überschneidungen der Spender bei Weidel und Reil

Nach neuen Erkenntnissen von NDR, WDR und SZ sollen sich die Spender im Fall Weidel und im Fall Reil überschneiden. Das ist brisant, weil es die große Frage berührt, wie die verschiedenen Fälle verdeckter Wahlkampfhilfe zusammenhängen. Eine Verbindung der Spender würde nahe legen, dass hinter diesen zunächst getrennten Fällen ein gemeinsames Unterstützer-Netzwerk steht. Die Frage ist dann, wer dieses Netzwerk organisiert und wie es sich gebildet hat. Zudem ist die Frage, ob diese Spender auch mit den Geldgebern des dubiosen „Vereins zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ zusammenhängen.

Millionenschwere Wahlkampfhilfe für AfD weiter im Dunkeln

Die AfD-Politikerin Ebner-Steiner mit Deutschland-Kurier am Wahlkampfstand, Aug 201

Die AfD-Politikerin Ebner-Steiner mit Deutschland-Kurier am Wahlkampfstand. Facebook-Post vom 13.8.2017 (Auszug) von Screenshot www.facebook.de


Der „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ hat zwischen 2016 und 2018 millionenschwere Wahlkampagnen zugunsten der AfD durchgeführt. Bei dem Verein handelt es sich um ein Briefkasten-Konstrukt, dessen Geschäfte von der erwähnten Schweizer Werbeagentur Goal AG geführt werden. Insgesamt floss ein zweistelliger Millionenbetrag in Werbemaßnahmen zugunsten der AfD, u. a. Tausende Plakate, Millionen von Wahlkampfzeitungen, Anzeigen und Internet-Spots. Diese Kampagnen sind im Rechenschaftsbericht der AfD nicht erfasst, obwohl inzwischen enge Verbindungen zwischen Verein und AfD bekannt sind. Nur weil die AfD behauptet, mit dem Verein nichts zu tun haben, werden die millionenschweren Unterstützungskampagnen der Partei nicht als Einnahme zugerechnet.

Dabei ist inzwischen belegt, dass der Verein zumindest bayerische Kreisverbände im Bundestagswahlkampf 2017 unterstützte. Er bot ihnen sein Wahlwerbe-Blatt „Deutschland-Kurier“ umsonst an. Diese Exemplare wurden dann durch die AfD-Kreisverbände und ihre Kandidaten und Kandidatinnen verteilt. Die AfD erwähnt das im Rechenschaftsbericht. Auch hier wurden der Bundestagsverwaltung wohl Zahlen genannt. Im Rechenschaftsbericht wurde das aber nicht als Parteispende aufgenommen.

Verschärfung des Parteienrechts nötig

Erleichtert wird das Versteckspiel der AfD und des Wahlwerbe-Vereinsdurch Schlupflöcher im Parteienrecht. So gibt es keine Transparenzregeln für Wahlwerbung durch Dritte, die Kontrolle der Parteifinanzen durch die Bundestagsverwaltung ist insgesamt schwach ausgestattet. Wir brauchen jetzt eine umfassende Reform der Parteienfinanzierung, um verdeckte Geldflüsse in Parteien und Wahlkämpfe zu stoppen. Insbesondere muss eindeutige Wahlwerbung durch Dritte den gleichen Transparenzregeln unterliegen wie andere Parteispenden. Regelverstöße müssen schneller und effektiver geahndet werden können.

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Löchrig wie ein Schweizer Käse

Der AfD-Rechenschaftsbericht ist insgesamt löchrig wie ein Schweizer Käse. Auf vier Seiten muss die AfD nach verschiedenen Enthüllungen ein ganzes Knäuel an verdeckten Geldflüssen abhandeln (S. 241-244). Keiner der Fälle verdeckter Wahlkampfhilfe wird von der Partei wirklich aufgeklärt, an keiner Stelle die Geldgeber genannt. Das gilt auch für die Finanzierung von Parteiveranstaltungen durch die ehemalige AfD-Pressesprecherin, Dagmar Metzger, im Jahr 2013. Laut Spiegel sowie NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung führt die Spur zu August von Finck jr. Die Frage, woher das Geld kam und dass es als weitergeleitete Spenden von Dritten möglicherweise illegal war, bleibt im Rechenschaftsbericht ausgeklammert. Die AfD sollte dringend ihre Verschleierungstaktik aufgeben und endlich reinen Tisch machen.

Die große Frage: Ein gemeinsames verdecktes Unterstützer-Netzwerk?

Auch mit dem Rechenschaftsbericht 2017 bleibt die verdeckte Wahlkampfhilfe für die AfD zum Großteil im Dunkeln. Allerdings zeichnet sich immer mehr ab, dass die verschiedenen Fälle von verdeckter Wahlkampfhilfe miteinander in Verbindung stehen.

Gerade im Fall Weidel sind ihre engen Kontakte zu dem Wahlwerbe-Verein auffällig. So trat die AfD-Spitzenpolitikerin zum Beispiel im März 2017 mit Vereins-Chef David Bendels beim Politischen Aschermittwoch der AfD Böblingen auf. Zudem war sie im selben Monat Rednerin bei einer Veranstaltung des Vereins mit dem rechten Studienzentrum Weikersheim und gab kurz vor der Bundestagswahl 2017 dem vom Verein herausgegebenen „Deutschland-Kurier“ ein Interview. Ihr Vertrauter Hans Hausberger, der das Projekt der Erasmus-Stiftung vorantrieb, suchte dabei den Kontakt zum Vereinsvorstand David Bendels, um auszuloten, ob die Geldgeber hinter dem Verein die Stiftung unterstützen würden.

Aber solange die Personen hinter den Geldflüssen im Verborgenen bleiben, sind die Zusammenhänge schwer feststellbar. Ebenso die möglichen Interessen der Geldgeber. Bemerkenswert ist nur, dass das Geld nicht an die AfD insgesamt fließt, sondern an ausgewählte Personen und Kreisverbände. Die Gelder verschaffen der AfD damit nicht nur auf intransparente Weise Vorteile gegenüber andern Parteien. Sie stützen auch bestimmte Personen und Positionen innerhalb der Partei, gerade die wirtschaftsliberalen Positionen.

Weitere Hinweise:
Unsere Übersicht über die verdeckten Geldflüsse an die AfD und zentrale Fragen dazu von November 2018
• Zu den Großspendern der anderen Parteien siehe unsere Gesamtauswertung der Rechenschaftsberichte

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