Lobbyregister

Wir brauchen eine „Lobbyismus-Wende“!

Heute diskutiert der Bundestag über Anträge der Grünen und der Linkspartei für ein verpflichtendes Lobbyregister sowie über einen Antrag der SPD zur Mitarbeit von Externen in den Bundesministerien. LobbyControl begrüßt die Initiativen für mehr Transparenz und Schranken für Lobbyisten und fordert Regierungsfraktionen und Bundesregierung zu einer Kehrtwende in ihrer Lobbypolitik auf. Egal ob AKW-Laufzeiten oder […]
von 7. April 2011

Heute diskutiert der Bundestag über Anträge der Grünen und der Linkspartei für ein verpflichtendes Lobbyregister sowie über einen Antrag der SPD zur Mitarbeit von Externen in den Bundesministerien. LobbyControl begrüßt die Initiativen für mehr Transparenz und Schranken für Lobbyisten und fordert Regierungsfraktionen und Bundesregierung zu einer Kehrtwende in ihrer Lobbypolitik auf.

Egal ob AKW-Laufzeiten oder Finanzmarktregulierung – Lobbyisten mischen bei politischen Entscheidungen kräftig mit. Wer jedoch in wessen Auftrag und mit welchem Budget Einfluss nimmt, das bleibt in Deutschland bisher völlig im Dunkeln. Deshalb sind verpflichtende Transparenzregeln für Lobbyisten längst überfällig.

Aktion Frühjahrsputz gegen Lobbyisten in Ministerien 2008

Aktion Frühjahrsputz gegen Lobbyisten in Ministerien 2008

Auch den laxen Umgang mit Mitarbeitern aus Unternehmen, die an Ministerien entliehen werden, habe LobbyControl bereits mehrfach kritisiert. Die Richtlinie, welche die Beschäftigung von Lobbyisten in Ministerien seit 2008 zumindest deutlich einschränken soll, wird in der Praxis oft mehr als großzügig ausgelegt. Insbesondere die Einbeziehung von befristeten Verträgen in den Geltungsbereich der Richtlinie würde ein zentrales Schlupfloch schließen, deshalb ist der Vorstoß der SPD für eine strengere Handhabung begrüßenswert.

Bedauerlich ist nur, dass die SPD trotz Beschluss des Parteivorstands für ein verpflichtendes Lobbyregister im März keinen eigenen Antrag dazu eingebracht hat.

Den schwarz-gelben Kuschelkurs mit einflussreichen Lobbygruppen beenden
Demgegenüber hat sich die schwarz-gelbe Regierungsmehrheit bisher leider nur durch einen Kuschelkurs mit einflussreichen Lobbygruppen hervorgetan. Dass die Bürgerinnen und Bürger nicht akzeptieren, wenn gegen ihren mehrheitlichen Willen etwa AKW-Laufzeitverlängerungen mit den Energiekonzernen ausgedealt werden, hat sich bei den letzten Landtagswahlen gezeigt.

Innerhalb und außerhalb des Parlamentes steigt der Druck für eine transparentere und gerechtere Demokratie. Allerdings weigern sich Union und FDP bislang standhaft, eine Wende in ihrer Lobbypolitik zu vollziehen und dem Lobbyismus endlich Schranken zu setzen. Ende letzten Jahres hatte es der von Union und FDP dominierte Petitionsausschuss abgelehnt, sich im Bundestag mit einem Appell für ein Lobbyregister zu beschäftigen – trotz der Unterschrift von über 10.000 Bürgern. Schwarz-Gelb muss endlich eine „Lobbyismus-Wende“ einleiten. Die Wählerinnen und Wähler haben ein Recht auf mehr Transparenz und Grenzen für Lobbyisten.

Lobbyregister in anderen Ländern in Arbeit
Auch in anderen europäischen Ländern wird aktuell über ein Lobbyregister diskutiert, etwa in England, Irland, Österreich und der Schweiz. In England und Irland haben die Regierungsparteien ein Lobbyregister in ihre Koalitionsvereinbarungen aufgenommen. In Österreich soll nächste Woche ein Lobbyisten-Gesetz vorgelegt werden, das unter anderem ein Lobbyregister einführen soll. Ausgangspunkt ist hier der Lobby-Skandal im Europaparlament, in dem der (jetzt zurückgetretene) ÖVP-Abgeordnete Ernst Strasser eine zentrale Rolle spielte.

Weiterlesen:
Unser Positionspapier zu den Themen Lobbyregister, Lobbyisten in Ministerien, Wechsel von Politikern in Lobbytätigkeiten sowie Nebeneinkünften von Abgeordneten

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7 Kommentare

Bärbel Klafft7. April 2011 um 12:04

Die Einflussnahme in politische Entscheidungen durch die Wirtschaft ist nicht mehr länger hinnehmbar und muss sofort beendet werden. Sie steht in überhaupt keinem Verhältnis zum „Befangenheitsparagraphen“ für die Abgeordneten. Die sogenannten „Berater“ aus der Industrie, die die Regierung in die Ministerien geholt hat, beraten tendenziös für die Interessen ihrer Konzerne. Wozu haben wir staatliche Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, die über genügend Wissen verfügen, um einem demokratischen Gemeinwesen zuzuarbeiten. Dafür werden sie schließlich mit Steuergeldern bezahlt! Der Souverän (uneingeschränkter Herrscher)in unserer Demokratie ist und bleibt das Volk! Viele Politiker vergessen, dass sie die Volksvertreter sind und richten ihren Dienst statt am Staatsbürger an einer kleinen Eliteschicht aus und verhelfen dieser zu uneingeschränkten Profiten, indem sie Beeinträchtigungen an Mensch und Umwelt billigend und leichtsinnig in Kauf nimmt.Die Bezeichnung Sozialstaat ist für Deutschland nicht mehr zutreffend.Die grassierende Privatisierungswelle von staatlichen Einrichtungen, die seit 1989 über Deutschland kam, und die uns heute beispielsweise mit der Deutschen Bahn enorme Probleme bereitet, ist auch ein Ergebnis des Lobbyismus. Es ist 5 vor 12!

Friedemann Leyck7. April 2011 um 18:17

Lobbyismus muß unter Strafe gestellt werden!
Es tummeln sich einige tausend Lobbyisten auf deutsch Korruptionsagenten in Berlin.
Darüber hinaus sitzen Sie auch noch direkt in der Bundestagsverwaltung und praktizieren Diktatur der Wirtschaft.

Peter Kraus7. April 2011 um 20:16

Lobbyisten beeinflussen durch ihre Zuwendungen an die von uns gewählten Entscheidungsträger nur zu ihren Gunsten und holen sich ihre „Unkosten“ Millionenfach zurück. So traurig es auch klingt, die wichtigste Säule unseres Landes, der Klein bis Mittelständler, welcher der Hauptarbeit-und-Steuerzahler ist, wird vom Labbyismus der großen Nutznießer weiter an die Wand gedrückt. Wann stehen die Wähler auf und wählen sich Politiker, welche wieder mehr Wert auf die Klein-und-Mittelständler und eine soziale Marktwirtschaft legen? Dies bringt Arbeitsplätze, vorausplanbare Zukunft und schafft ein gesundes Klima für Investitionen und regt außerdem noch den Inlandskonsum an. Wir werden dann etwas unabhängiger vom Export. Genug Konsumenten wären wir allemal.

ThomasW8. April 2011 um 0:27

Lobbyismus hat positive und negative Seiten. Was hier wohl gemeint ist, dass man Leute kauft! Grundsätzlich sollten wir die Anzahl der Gesetze, Verordnungen, etc. Doch eher reduzieren. Moral und Ethik ist wichtig. Die Kontrolle übernehmen hoffentlich mündige, verantwortungsvolle Menschen hier im Web oder an geeigneten stellen., bzw. Die Parteien. Bei der Presse bin ich mir da schon nicht mehr so sicher, ob deren Ausführungen immer durch die Siebe des Sokrates passen.

Ich bin so gesehen froh, dass das heute nicht geklappt hat!

Anette10. April 2011 um 10:33

Da Politiker mit der Ehrlichkeit auf dem Kriegsfuß stehen, werden sie danach Wege suchen, wie sie das Register umgehen können! Wir müssten einen Weg finden Politiker für ihr Tun haftbar machen zu können, denn so lange sie im rechtsfreien Raum leben, werden sie das Volk weiterhin betrügen, dass das leider auch noch wohlwollend durch Wiederwahlen unterstützt!

Franz B440914. April 2011 um 10:10

Also ich verstehe das Alles irgendwie net…
Was ist jezt eigentlich beim Interessenvertreten erlaubt und was verboten???
Danke für Antworten.
Euer Franz :)

Heinz W.20. April 2011 um 13:07

Für mich ist Lobbyarbeit solange erlaubt, solange sie vom Volksvertreter/Abgeordneten ausgeht und nicht umgedreht. Nicht jeder der Abgeordneten ist auf jedem Gebiet Fachmann/Fachfrau und sollte daher die Möglichkeit haben sich die Information zu holen, die er/sie für die Entscheidung benötigt. Vor diesem Hintergrund ist ein verpflichtendes Lobbyregister zwingend, denn dadurch hätte jeder (Abgeordneter wie Bürger) die Chance die Interessen dieser Personen abzuschätzen.
Völlig aus der Fassung bringt mich aber die immer wieder zu lesende Ansicht, dass eine solche Lobbyarbeit ohne weitere Verbindung zu den dahinter stehenden Auftraggebern erfolgt . Ich empfinde dies als pure „Vera..lberung“ des Wahlbürgers und damit des lt. Verfassung „Souveräns“ in diesem Land. Wie weit sind wir schon auf dem Weg zur „Bananenrepublik“ ge(ver)kommen?