Lobbyismus und Klima

Dieselgipfel: Sieg der Autolobby

Der Dieselgipfel hat nochmal vor Augen geführt, was Sache ist: Deutschland hat ein massives Lobbyismus-Problem. Angesichts der engen Verflechtungen zwischen Politik und Industrie ist das Resultat des Gipfels ebenso erwartbar wie beschämend: Die Bundesregierung lässt die Autokonzerne mal wieder viel zu billig davonkommen.
von 3. August 2017

Sebastian Meyer kommentiert die Macht der Autolobby bei N24. Foto: N24

Der Dieselgipfel hat nochmal vor Augen geführt, was Sache ist: Deutschland hat ein massives Lobbyismus-Problem. Da haben die Autokonzerne jahrelang Verbraucher und Öffentlichkeit betrogen und belogen, gegen Gesetze verstoßen, die Luft verdreckt und Menschen krank gemacht – und die Bundesregierung lädt die Unternehmer zum freundlichen Gespräch. „Für die einen gelten Gesetze, für die anderen werden Gipfel veranstaltet“, urteilte „Die Zeit“ treffend.

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen Politik und Industrie ist das Resultat des „Dieselgipfels“ ebenso erwartbar wie beschämend: Die Bundesregierung lässt die Autokonzerne mal wieder viel zu billig davonkommen. Statt teurer technischer Nachrüstungen soll es lediglich Software-Updates geben. Die kosten die Autobauer schlappe 50 Euro pro Wagen. Klar ist: Die dadurch erwartete Minderung des Stickoxidausstoßes um 25 bis 30 Prozent reicht nicht, um die Belastung in Städten wie München, Stuttgart oder Hamburg ausreichend zu senken. Aufatmen dagegen bei den Börsianern: Die Aktienkurse von BMW, Daimler und VW legten nach dem Gipfel wieder zu.

Doch es regt sich Widerstand. In Umfragen befürworten drei Viertel der Deutschen einen härteren Kurs gegen die Autoindustrie. Auch viele Journalisten sind entsetzt. Das Handelsblatt kritisiert das „Doppelkartell“ von Autoindustrie und Politik, Spiegel Online wirft der Politik vor, als Kontrollorgan der Industrie zu versagen und die Süddeutsche Zeitung spricht von „der Arroganz der Macht“.

Timo Lange beim TV-Sender Arte. Foto: Arte

Auch wir haben in den vergangenen Tagen zahlreiche Interviews und Statements zur Rolle der Autolobby gegeben, unter anderem im ZDF Morgenmagazin, im Deutschlandfunk, Arte, sowie zahlreichen internationalen Medien.

Unsere Botschaft: Angesichts der starken personellen und finanziellen Verflechtungen zwischen Politik und Autoindustrie ist auf eine Einsicht bei den Verantwortlichen nicht zu setzen. Nur öffentlicher Druck wird sie bewegen. Unterstützen sie deshalb unsere Forderung nach mehr Lobbykontrolle und Transparenz. Unterschreiben Sie bei unserer Online-Aktion zur Bundestagswahl 2017.

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Kommentare

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4 Kommentare

Alexander3. August 2017 um 18:22

„Deutschland hat ein massives Lobbyismus-Problem.“

Ja, aber eine wichtige Frage ist doch, ob das Problem darin besteht, dass Lobbyisten jederzeit ein offenes Ohr bei Politikern neoliberaler Parteien finden, oder ob die Lobbyisten längst in den Parlamenten und Regierungen sitzen?
Da es auch Parteien gibt, die in Sachen Konzernhörigkeit deutlich weniger negativ auffallen, hätten die Wähler die Möglichkeit bei der Bundestagswahl ein deutliches Stoppzeichen zu setzen! Ich fürchte allerdings, dass bereits ein leichter Hinweis auf die Gefährdung von Arbeitsplätzen genügen wird, um der von Banken und Konzernen gewünschten Koalition eine Mehrheit zu sichern!

Gernot Goldberg6. August 2017 um 11:52

Innovationslose Industrie, visonslose Politiker.

Dem Kommentar von Alexander kann ich nur beipflichten. Verlust von Arbeitsplätzen ist das heutige Damoklesschwert der Industrie. Da ziehen die PolitikerInnen ihre Köpfe ein und ducken sich vor der Verantwortung weg, den Lobbyisten die Stirn zu bieten.
Die Industrie ist darauf bedacht, ihre Pfründe zu (er-)halten. Wirkliche Innovationen werden von vornherein abgewürgt bzw. nur eine Minimallösung präferiert. Die Eigner und Aktionäre verdienen sich goldene Löffel dabei. Hinzu kommt das Kartell, das bei Entdeckung ohnehin nur Geldstrafen verhängt, die die Unternehmen aus der Portokasse zahlen können.
Innovationen der (Auto-)Industrie bestehen darin, dem Verbraucher mit unlauteren Mittel das Geld aus der Tasche zu ziehen, den Dreck (CO2, NOx) dem Staat (das sind wir mit unseren Steuergeldern) zu überlassen (siehe auch Atommüll) und Steuergelder in Form von Subventionen zu erpressen. Leider fehlt mir das Vertrauen in unsere visionslosen PolitikerInnen.

Holger Wagemann11. August 2017 um 7:24

Hallo,

beim Thema Software ist folgendes noch gar nicht angesprochen worden: Soll es quelloffene Software sein, oder proprietäre closed Source Software? Im zweiten Fall ist selbst der Vorschlag mit der Software ein sehr schlechter Witz, weil aufgrund der Intransparenz solcher Software gar keine unabhängige Kontrolle möglich ist.

Was aufgrund dieser Intransparenz möglich ist, erfährt leider nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung, selbst PC-Spezialisten beim Heise-Verlag wissen z.B. nicht genau, um welche Daten es sich handelt, die ein modernes Windows-Betriebsystem (ungefragt) an das Unternehmen Microsoft sendet, und komplett deaktivieren kann man dieses Verhalten nicht (was skandalös ist, MS-Produkte werden bundesweit flächendeckend auf bei sensiblen Bereichen, etwa in Behörden eingesetzt).

Es wäre mal ein sehr interessantes Experiment, sich auf den Softwarevorschlag einzulassen mit dem Hinweis, doch quelloffene Software zu verwenden. Ich glaube, die Schnappatmung einiger Lobbyisten lässt da nicht lange auf sich warten.

D.Müller16. August 2017 um 14:46

Hallo
Warum regen sich die Menschen den auf.
Ich denke, die Landtagswahl in NRW hat doch gezeigt das die Menschen sich scheuen, neue Wege zu gehen!
Ich für meinen Teil hab es versucht. Aber wer die KONSRVATIVEN wählt, darf nicht überrascht sein, das alles so bleibt!!!!!!!
Und die SPD lässt sich gerne mit „Arbeitsplätzen“ erpressen. Alle haben nur Angst, nicht wieder gewählt zu werden. Halten fest an kurzfristigen Lösungen. Statt längerfristig zu agieren!
Genau wie bei der Leverkusener Brücke!!