Wer blockiert eigentlich beim Thema Transparenz in Brüssel am meisten? Es sind nicht nur die EU-Kommission und Teile des Parlaments. Vor allem auch die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten – darunter Deutschland – verhindern bislang Transparenz in der EU. Das zeigt eine neue Studie von Transparency International EU exemplarisch anhand der Verhandlungen zu Fischfangquoten im Rat der EU, dem Gremium der Mitgliedstaaten.
Der blinde Fleck
In der Studie wird deutlich, dass die Verhandlungen der Mitgliedstaaten im Rat am wenigsten für Bürgerinnen und Bürgern nachvollziehbar sind. Und das, obwohl die politischen Grundlagen für Transparenz gegeben sind. Bereits im EU-Vertrag ist festgelegt, dass die EU politische Entscheidungen so offen wie möglich treffen soll (Artikel 1, Vertrag über die Europäische Union). Dass der Rat dabei deutlich hinterherhinkt und Nachholbedarf hat, machen der Studie zufolge mehrere Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EUGh) deutlich. Auch die Europäische Bürgerbeauftragte O‘ Reilly hatte kürzlich mehr Transparenz des Rates gefordert.
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Fischfangquoten: Fatale Folgen von Geheimverhandlungen
Das Fallbeispiel in der Studie von Transparency International sind die Verhandlungen über Fischfangquoten. Die Fischbestände der EU leiden an Überfischung. Dieses Problem zu beheben ist durch die Verhandlungen im Rat der EU stets vereitelt worden. Und das trotz besseren Wissens. Wissenschaftliche Ergebnisse zur Überfischung wurden stets ignoriert und fielen der Studie nach Lobbyinteressen sowie den persönlichen Zielen von Politikern – wiedergewählt zu werden – zum Opfer.
Die Ergebnisse der Ratsverhandlungen lassen sich jedoch besser verkaufen, wenn man die geheimen Verhandlungen nicht offenlegen muss und seine eigene Position dadurch verschleiern kann. Das tun viele der nationalen Regierungen und schieben für Bürgerinnen und Bürger weniger erfreuliche Ergebnisse auf Brüssel. So auch einen unzureichenden Schutz der europäischen Fischbestände. Das ist besonders fragwürdig, wenn wie im Falle der Fischereiquoten vor allem der Rat entscheidet und das EU-Parlament überhaupt nicht beteiligt ist.
Keine Beteiligung am Lobbyregister
Auch in Sachen Lobbying gibt es einen deutlichen Unterschied zu Parlament und Kommission. Die ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten sind beliebte Anlaufstellen für Lobbyisten in Brüssel. Ihre Beteiligung an dem derzeit verhandelten verpflichtenden Lobbyregister ist jedoch nicht vorgesehen. So können sich Vertreter der deutschen Bundesregierung stets auch mit Lobbyisten treffen, die nicht im Lobbyregister sind.
Berlin muss Blockade aufgeben
All das zeigt: Die Mitgliedstaaten machen Politik in Brüssel, die bei Weitem nicht immer dem Gemeinwohl dient, ohne dass dies für Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar ist. Sie stehen dabei unter erheblichem Einfluss von Lobbyisten, halten aber gleichzeitig an ihrer fragwürdigen Geheimdiplomatie fest. Das dürfen wir nicht länger hinnehmen. Gemeinsam mit dem EU-Parlament müssen wir jetzt Druck für einen transparenten Rat machen, der sich auch am Lobbyregister beteiligt. Das hieße dann auch, dass die Bundesregierung offenlegen müsste, wenn sie erneut verlängerter Arm der deutschen Autoindustrie in Brüssel ist und Dinge wie den Abgasskandal vertuschen will.
Bild: Transparency International EU, Ausschnitte aus der Studie zu den Ratsentscheidungen zu Fangquoten in der EU.
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