Lobbyismus in der EU

Scheitert ein halbwegs verbindliches EU-Lobbyregister am EU-Parlament?

Neue Entwicklungen bei den Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat um das EU-Lobbyregister: Im Juli hat die EU-Kommission beschlossen, dass ihr das, was Parlament und Rat auf den Verhandlungstisch legen, nicht ausreicht. Nun drohen die beiden Verhandlerinnen aus dem Parlament, die Gespräche abzubrechen. Sie sehen keinen weiteren Spielraum, was Parlamentarier noch transparenter machen könnten bei […]
von 26. September 2018

Neue Entwicklungen bei den Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat um das EU-Lobbyregister: Im Juli hat die EU-Kommission beschlossen, dass ihr das, was Parlament und Rat auf den Verhandlungstisch legen, nicht ausreicht. Nun drohen die beiden Verhandlerinnen aus dem Parlament, die Gespräche abzubrechen. Sie sehen keinen weiteren Spielraum, was Parlamentarier noch transparenter machen könnten bei ihren Treffen mit Lobbyisten. Wir sehen diesen Spielraum durchaus. Morgen entscheidet das Gremium der Fraktionsvorsitzenden, die Konferenz der Präsidenten.

Nochmal kurz erklärt: Weil ein gesetzlich verbindliches EU-Lobbyregister derzeit nicht möglich, will die EU-Kommission, dass alle drei Institutionen – Kommission, Rat, also das Gremium der nationalen Regierungen, und Parlament – sich verpflichten, nur noch registrierte Lobbyisten zu treffen, und diese Treffen zu veröffentlichen. So machen es bereits die EU-Kommissare und ihre Kabinette. Lobbyist/-innen, die sich mit einer/m Abgeordneten, einer/m Ratsvertreter/-in in Brüssel oder einer/m EU-Kommissar/-in treffen wollen, müssen sich dann in das Register eintragen. Klingt einfach, oder? In der Praxis wird darüber leider seit Jahren diskutiert.

Alle wollen plötzlich die Verhandlungen abbrechen

Weder Rat noch Parlament sehen sich zu dieser Selbstverpflichtung in der Lage. Das Parlament argumentiert, dass das der Freiheit des Mandats widersprechen würde und hat eine Reihe von freiwilligen Ersatzmaßnahmen angeboten. Der EU-Kommission reicht das aber nicht, sie will eine echte Verpflichtung und droht, die Verhandlungen abzubrechen. Nun wiederum haben die beiden parlamentarischen Verhandlerinnen Sylvie Guillaume (Sozialdemokraten) und Danuta Hübner (Christdemokraten), einen Brief verfasst, in dem sie feststellen, dass das Parlament keinen weiteren Verhandlungsspielraum sieht und die Verhandlungen, wenn das bisher Angebotene nicht reicht, auf nach den Wahlen vertagt werden sollen. Ein echtes Schreckensszenario!

Drohender Rechtsruck im EU-Parlament

Denn nach den EU-Wahlen dürfte die Bereitschaft der Institutionen, mehr Lobbytransparenz einzuführen, nicht unbedingt größer werden. Überall in Europa drohen rechtskonservative Kräfte ins Parlament einzuziehen, und die sind zwar rhetorisch gut darin, auf Lobbyisten zu schimpfen, aber wenn es konkret wird, haben wir noch kein großes Engagement bei ihnen ausmachen können. Auch wird es nach Jahren der Diskussion Zeit, dass die Verhandlungen nun endlich abgeschlossen werden!

Mehr Transparenz ist drin! Bei Parlament und Rat!

Und gibt es für Rat und EU-Parlament wirklich keinen Spielraum mehr? Wir sehen das anders. Über den Rat reden wir ein andermal, heute geht es vor allem um das Parlament. Es gibt zwar ein juristisches Gutachten des juristischen Diensts des Parlaments, dass die Meinung vertritt, Abgeordnete verstoßen gegen ihr freies Mandat, wenn sie sich verpflichten, keine nicht registrierten Lobbyisten zu treffen. Andere Juristen haben das durchaus angezweifelt, aber wenn man das jetzt mal als gegeben ansieht: Das Gutachten verbietet nicht, dass sich zumindest Abgeordnete mit bestimmten herausgehobenen Rollen, wie Berichterstatter oder Ausschussvorsitzende, verpflichten, keine unregistrierten Lobbyisten zu treffen. Wenn sie das nicht tun, bekommen sie ihre herausgehobenen Rollen eben nicht. So könnte es das Parlament beschließen.

Die Sozialdemokraten könnten das Ruder herumreißen

Seit 2008 gibt es ein freiwilliges EU-Lobbyregister, und es ist eine Dauerbaustelle. Das Parlament war beim Streben nach einem verpflichtendem Charakter des Registers immer unser Verbündeter. Wir bitten die Konferenz der Präsidenten nun eindringlich, jetzt nicht die Verhandlungen abzubrechen, wo wir kurz vor einem halbwegs brauchbaren Instrument stehen. Sondern nochmal zu überlegen, ob ein modernes Parlament nicht mehr an Transparenz bieten sollte, als derzeit diskutiert. Erst recht ein Parlament, dass sowieso soweit weg ist von seinen Wählerinnen und Wählern wie das EU-Parlament. Während die Christdemokraten leider herzlich wenig Interesse an Lobbytransparenz haben, hoffen wir auf eine geschlossene Haltung von Grünen, Linken und Sozialdemokraten. Letztere setzen sich doch auch in Deutschland klar für ein Lobbyregister ein – wir erwarten, dass sie das Lobbyregister auf EU-Ebene jetzt nicht scheitern lassen!

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