Soeben ist der neue Jahresbericht von EU-Kommission und EU-Parlament zum Stand des EU-Lobbyregisters erschienen. Er bejubelt den moderaten Anstieg bei den Registrierungen gegenüber dem vergangenen Jahr um 10 Prozent. Den Problemen des Registers schenkt er kaum Beachtung. Damit sich mehr Anwaltskanzleien registrieren, werden neue Schlupflöcher im Register erwogen.
Einen besseren Zeitpunkt für diesen Bericht könnte es aus Sicht der Verantwortlichen wohl kaum geben: Morgen tagt zum vorletzten Mal die Arbeitsgruppe von EU-Parlament und EU-Kommission, die über Verbesserungen am Register entscheiden soll – auch über die Frage, ob der Übergang zu einem verpflichtenden Register beschlossen wird. Einen Punkt, den der zuständige EU-Kommissar Maroš Šef?ovi? klar ablehnt.
Jubelbericht zum Abschluss der Überarbeitung des Registers
Die durchweg positive Wahrnehmung der Entwicklung des Registers ist niederschmetternd. Das eklatante Problem, dass sich kaum Anwaltskanzleien richtig registrieren, wird zwar erkannt: Die niedrigste Registrierungsrate sei bei ihnen zu verzeichnen, mit fast keiner Entwicklung seit 2012, meldet der Bericht. Was hat das Sekretariat des Transparenzregisters im vergangenen Jahr unternommen, um dies zu ändern? Man habe Lobbyakteure kontaktiert, um sie aufzufordern, sich zu registrieren, wird erläutert.
Das ist ziemlich wenig, wenn man weiß, welch aktive Rolle Anwaltskanzleien im Brüsseler Lobbyismus spielen: Erst kürzlich zeigte ein Artikel in der New York Times das Problem an einigen US-Kanzleien auf, die in Brüssel sehr effektiv Lobbyarbeit für einflussreiche Unternehmen betreiben. Sie heuerten hochrangige ehemalige Kommissionsmitarbeiter an und setzen sich sehr effektiv für die Partikularinteressen ihrer finanzstarken Kunden ein, bleiben aber dem Lobbyregister fern. Wir zeigten im Laufe des Jahres den Fall von Michel Petite, dem ehemaligen Generaldirektor des juristischen Dienstes der EU-Kommission, der als Anwalt bei der Kanzlei Clifford Chance für Philip Morris Lobbyarbeit bei der EU-Kommission betrieb. Auch diese Kanzlei ist nicht registriert.
Neue Schlupflöcher statt mehr Druck zur Registrierung?
Viel mehr als freundliche Aufforderungen bleiben auch nicht, solange nicht ernsthaft ein verpflichtender Charakter des Registers oder zumindest echte Anreize für die Registrierung geboten werden: Zum Beispiel das Nichterscheinen von Kommissionsmitgliedern bei Veranstaltungen unregistrierter Lobbyisten. Statt dessen scheint man nun über neue Angebote an die Lobbyisten nachzudenken: Bereits in der Pressemitteilung der EU-Kommission zum Bericht wird die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung erwogen, mit der Kanzleien das Verschweigen einzelner Kunden im Register beantragen können, wenn man den notwendigen Vertrauensschutz begründen kann. Diese Ausnahmeregelung soll dann gleich auch noch auf die Lobbyfirmen erweitert werden. Dadurch kann ein immenses neues Schlupfloch entstehen.
Neue Angebote, aber kein Druck zur Registrierung? Das würde zur aktuellen Linie der EU-Kommission in Sachen Lobbytransparenz passen. Aber allmählich steht für uns die Glaubwürdigkeit Kommissar Šef?ovi?s in dieser Frage auf dem Spiel. Er selbst hat die Kanzleien in der Vergangenheit für ihr Fernbleiben vom Register kritisiert. Nun erwarten wir Lösungen, die nicht einfach nur neue Schlupflöcher im Register reißen. Die Arbeitsgruppe zum Register tagt heute erneut.
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