Lobbyismus in der EU

Enttäuschender Vorschlag der EU-Kommission für ein verpflichtendes Lobbyregister

Die EU-Kommission hat heute der Öffentlichkeit ihren lang angekündigten Vorschlag vorgestellt, wie sie aus dem jetzt freiwilligen EU-Transparenzregister ein verpflichtendes machen will. Sie macht mit ihm zwar wieder mal einen Trippelschritt in die richtige Richtung, gerade angesichts der jüngsten Skandale um die Seitenwechsel von Barroso und Kroes ist er jedoch eine herbe Enttäuschung. Kommission schiebt […]
von 28. September 2016
@CartoonRalph

@CartoonRalph

Die EU-Kommission hat heute der Öffentlichkeit ihren lang angekündigten Vorschlag vorgestellt, wie sie aus dem jetzt freiwilligen EU-Transparenzregister ein verpflichtendes machen will. Sie macht mit ihm zwar wieder mal einen Trippelschritt in die richtige Richtung, gerade angesichts der jüngsten Skandale um die Seitenwechsel von Barroso und Kroes ist er jedoch eine herbe Enttäuschung.

Kommission schiebt die Verantwortung den anderen Institutionen zu

In ihrer Pressekonferenz zur Vorstellung des Registers hat sich die EU-Kommission heute für ihre Transparenz gefeiert. Zu Unrecht, wie wir finden. Zugegeben: Deutschland und vielen anderen EU-Ländern ist sie, was Transparenzregeln betrifft, weit voraus. Aber statt nun endlich den angekündigten großen Wurf für ein verpflichtendes Lobbyregister zu liefern, stiehlt sie aus der Verantwortung und schiebt sie den anderen Institutionen zu.

Vorschlag löchrig wie ein Sieb

Eine rechtliche Grundlage für das Register ist weiter nicht in Aussicht.  Um von einem „de-facto-verpflichtenden“ Register sprechen zu können, wie die EU-Kommission es tut, müsste sie zumindest sicher stellen, dass das Prinzip „Keine Treffen mit Entscheidungsträgern ohne Registrierung“ keine Lücken aufweist. Der Vorschlag der EU-Kommission ist jedoch löchrig wie ein Sieb: Nach wie vor wird der Großteil der Beamten von Kommission und Ministerrat unregistrierte Lobbyisten treffen können.

Verengter Lobbybegriff?

Es sieht danach aus, dass die EU-Kommission die Offenlegungsverpflichtungen für Lobbyagenturen vereinfachen und die Lobbydefinition einengen will. Letzteres würde dazu führen, dass viele Lobbyakteure durch’s Raster fallen. Der breite Lobbybegriff des EU-Lobbyregisters, der direktes Lobbying, aber auch Lobby-Beratung und Vorbereitung miteinbezieht, ist eines seiner größten Stärken. Viele Lobbyakteure wollen einen engeren Begriff und arbeiten daran seit Jahren. Die EU-Kommission sollte dem nicht nachgeben. Nur wenn es wirklich ein Lobbyregister mit rechtlicher Grundlage und entsprechenden Sanktionen gäbe, müsste man über einen scharfen Lobbybegriff nachdenken.

Einige positive Aspekte

Immerhin: Die EU-Kommission will nicht kooperative Lobbyisten öfter vom Register suspendieren und ihnen damit den Kontakt zu Entscheidungsträgern verweigern. Auch dass die Einträge besser geprüft werden sollen, begrüßen wir.

Jetzt geht’s um die Wurst: Verhandlungen starten

Kein Zweifel, Rat und  Parlament müssen auf die Forderungen der EU-Kommission sehr ernsthaft eingehen, sie sind am Zug. Zugleich müssen sie aber von der EU-Kommission verlangen, dass sie viel weiter geht als bisher vorgeschlagen. Wir werden die Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und Rat begleiten und halten sie auf dem Laufenden.

Zum Weiterlesen:

  •  Link zur Pressemitteilung unseres EU-Netzwerks ALTER-EU
  •  Link zur Pressemitteilung der EU-Kommission

 

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Kommentare

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3 Kommentare

Peter Ettinger6. Oktober 2016 um 0:08

Sie entscheiden über unser Schicksal ohne uns zu informieren . Nach dem Motto : Friss oder Stirb .
Unsere Politiker und Regierungsbeamte haben Bestechung und Machtmissbrauch legalisiert .

Monika Fath-Kelling6. Oktober 2016 um 11:54

…man/frau bemerkt die Absicht – und ist verstimmt…
je mehr man/frau sich mit den „politischen Gepflogenheiten“ in Brüssel und in den nationalen politischen Institutionen beschäftigt, umso klarer wird, dass tiefergehende Änderungen am System nicht gewünscht, vielleicht auch gar nicht mehr möglich sind. Es müssten ja quasi die Böcke zu Gärtnern werden, denn die kleine Ölschicht der Profiteure schwimmt flächendeckend immer oben. Bis zum nächsten großen Sturm, und wenn dann das Wetter sich wieder beruhigt hat, werden sie wieder oben schwimmen. Das bildet den Kern von Politikverdrossenheit.
Und trotzdem: wir haben keine Chance, also sollten wir sie nutzen. Ein Leben mit dem Kopf im Sand ist auch kein Leben.

reinders wolfgang9. Oktober 2016 um 14:18

Hallo Frau Katzemich,
Ihren Ausführungen kann ich mich nur anschließen und hoffen , dass die Unterstützung durch Ihre
Organisation Erfolg hat.

MFG Wolfgang