Kurzmeldung

Schröder schickt den Anwalt

Nach der Veröffentlichung unserer Studie zu den heutigen Tätigkeiten des ehemaligen rotgrünen Kabinetts bekamen wir Post von Schröders Anwalt: Schröder ist nicht Berater des chinesischen Außenministeriums, wie wir mit Rückgriff auf eine Notiz im Spiegel berichtet hatten. Schröder drohte deshalb mit juristischen Schritten. Wir hatten uns an dieser Stelle auf den Spiegel bezogen, bekamen jedoch […]
von 30. November 2007

Nach der Veröffentlichung unserer Studie zu den heutigen Tätigkeiten des ehemaligen rotgrünen Kabinetts bekamen wir Post von Schröders Anwalt: Schröder ist nicht Berater des chinesischen Außenministeriums, wie wir mit Rückgriff auf eine Notiz im Spiegel berichtet hatten. Schröder drohte deshalb mit juristischen Schritten. Wir hatten uns an dieser Stelle auf den Spiegel bezogen, bekamen jedoch vom Spiegel auf Nachfrage keine genaueren Angaben zu der Meldung. Somit haben wir keine weiteren Anhaltspunkte für diese Aussage. Wir haben sie deshalb zurückgezogen und aus der Studie herausgenommen.

Das Absurde daran ist, dass wir Schröder im Vorfeld der Studie angefragt hatten, welche Berater-Tätigkeiten er ausübt. In der Anfrage war die vermeintliche Beratertätigkeit für das chinesische Außenministerium explizit erwähnt. Schröder ließ damals über sein Büro mitteilen, er erteile keine Auskünfte zu seinen „privaten Tätigkeiten“. Er hätte diesen Punkt also einfach im Vorfeld klären können, verweigerte jedoch jegliche Angabe – um danach mit dem Anwalt zu drohen, der dafür 1200 Euro Abmahngebühren fordert (die wir nicht zahlen wollen…).

Diese Mischung aus Geheimniskrämerei und juristischen Mitteln ist unserer Meinung nach mehr als schlechter Stil. Es ist nicht akzeptabel, dass sich ehemalige Regierungsmitglieder, die nun als Berater und Lobbyisten tätig werden – häufig in ihren alten Kompetenzbereichen –, auf eine vermeintliche Rolle als Privatperson zurückziehen. Diese Tätigkeiten stehen in einem engen Verhältnis zu ihren vorherigen politischen Aufgaben, und die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Aufklärung. Umso mehr im Falle Schröder, der als Ex-Kanzler weiterhin ein Büro in den Gebäuden des Bundestages hat und darüber Zugriff auf das interne Computernetz des Bundestages hat.

Deshalb, Herr Schröder: legen Sie Ihre Tätigkeiten offen!

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10 Kommentare

Jürgen Roth23. Dezember 2007 um 22:47

Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder liebt es anscheinend nicht nur als Berater für den unheimlich transparenten Gasprom-Konzern zu agieren, oder für die Rothschild-Bank, sondern zu klagen. Und zwar dann, wenn vor Veröffentlichung bei ihm angefragt wurde. Ich wollte für eine Buchveröffentlichung von ihm wissen, ob er im Dezember 2006, zusammen mit David Rothschild von der Rothschild-Bank, in den Arabischen Emiraten für Gasprom tätig war. Seine Antwort war kurz und bündig: „Ich habe nicht die Absicht mit Ihnen zu kommunizieren. Sollten sie unwahre Tatsachenbehauptungen verbreiten werde ich mich zur Wehr setzen.“ Genauso habe ich ihn dann im Buch „Deutschland-Clan“ zitiert, auch dass sein mutmaßliches Engagement für Gasprom in den Arabischen Emiraten nur ein Verdacht sei und ihn deshalb um Auskunft gebeten. Kurz nach Veröffentlichung des TB klagte er vor dem Landgericht Hamburg ( wo sonst) und erhielt Recht.
Eigentlich ist es Zeit ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu erhalten, um der häufig unsäglichen Pressezensurpraxis der Pressekammer des LG Hamburgs Einhalt zu gebieten. Im übrigen wäre es doch schön von Gerhard Schröder zu erfahren, was er dazu sagt, dass sein lieber Freund ( ob Gesinnungsfreund sei dahingestellt) Wladimir Putin inzwischen über ein Vermögen von 40 Milliarden Dollar verfügen soll, wie bislang unwidersprochen berichtet wurde.

Igor31. März 2008 um 12:43

Man, man, man sag ich da nur.
Grundsätzlich kann ich nichts schlechtes daran finden das ein Politiker sein „Fachwissen“ verkauft und versilbert. Erfahrungen sind bestimmt einiges Wert, aber das der Steuerzahler die Privilegien von Ex-Politikern (Büros usw.) bezahlt ist der reine Wahnsinn. Wenn das mir passieren würde müsste ich bestimmt an das Finanzamt einen „Geldwertenvorteil“ anmelden , oder?

igor

Marc8. Januar 2009 um 11:19

Man muss ja für jeden Mist einen geldwerten Vorteil anmelden. Wenn wir an gute Kunden Musical- oder Fußballkarten verschicken müssen die das versteuern. Das ist doch lächerlich, oder?

Und Kanzler und ex-Vorstandsbosse? Aber wahrscheinlich ist das in den Gehaltsklassen fast egal…

Ulrich Müller28. Juli 2009 um 11:32

@kaiser: Nicht gezahlt. Gerhard Schröder hat selbst auf die Anwaltskosten verzichtet, weil er unsere Arbeit angeblich „grundsätzlich schätze“. Vermutlich wollte er nur keine weitere öffentliche Debatte oder hat eingesehen, dass erst nicht auf unsere Fragen antworten und dann hinterher den Anwalt schicken schlecht zusammenpasst. Offen gelegt hat er seine Beratungstätigkeiten weiterhin nicht.

Wir hatten hier kurz darüber berichtet:
http://www.lobbycontrol.de/index.php/2008/01/gerhard-schroder-will-kein-geld/

Veyton Design23. August 2009 um 19:05

das nenne ich mal eine real existierende Demokratie.

Tagesgeld10. Februar 2010 um 14:58

Anwalt? Hmm doof

Minn Kota11. April 2010 um 22:49

Was waren das noch Zeiten als Gerhard Schröder noch in der SPD mitgemischt hat. Lang ist es her.

Ilona29. März 2012 um 10:03

Unsere Politiker haben doch alle nach ihrer Amtstätigkeit irgendwelche „Beraterfunktionen“ in irgendwelchen großen Konzernen….darüber braucht man sich nicht aufzuregen, sondern einfach ignorieren und machen lassen.

amadeus26. Mai 2012 um 15:02

Bin gerade bei der Abfassung eines Artikels über den Lobbyismus und seine postdemokratischen Auswirkungen. Konnte dabei LobbyControl entdecken. Chapeau bas, geschätzte Mitglieder!

Ihre Arbeit halte ich für sehr wichtig. Aufdecken,anklagen und somit blamieren ist eine wichtige Waffe gegen die undemokratischen Machtblöcke in Politik und Wirtschaft. Wirkungsvoll ist letztendlich aber nur eine bürgerfreundliche Neugestaltung der Demokratie. Zu bedenken gilt: Wir sind der Souverän, wir die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands, und nur wir können einen ethisch anspruchsvollen, sozial ausgewogenen und wirtschaftlich starken Staat schaffen. Einen Staat, der keine unverschuldete Armut und keinen „Neid“ auf verdienten produktiven Reichtum zulässt.
Der sozial motivierte, tatkräftige Souverän-welch eine wunderbare Vorstellung in Sachen Gerechtigkeit! Welch ein Albtraum für Lobbyisten und ihre allzu gierigen Hintermänner!

Das Problem ist erkannt. Leider brauchen wir jetzt nur noch das „Wir alle gemeinsam“.

Carlo10. Dezember 2013 um 6:50

Altkanzler Schröder hat schon vor seiner Abwahl bei der BTW 05 Kontake zu Gazprom und Putin.
Wem sollte man da beim Thema Beraterverträgen wohl eher glauben?
Lupenreines Geldverdienen geht vor Menschenrechte. Sonderlich ist nur, dass sich gerade ein Sozialdemokrat hier im besonderen Maße hervortut.
Mit Anwälten drohen gehörte schon in seiner Amtszeit zu seinen Lieblingsbeschäftigungen (bspw. zu Haartönungen)