Kurzmeldung

Lobbyist der Privaten Krankenversicherungen im Gesundheitsministerium

Christian Weber soll als Abteilungsleiter u. a. für schrittweise Einführung der Kopfpauschale zuständig sein Die Drehtür zwischen Regierung und wirtschaftlichen Interessensgruppen kommt in Bewegung. Nach dem „Fall Hennenhöfer“ (Atom-Lobbyist als oberster Atomaufseher) soll nun eine weitere wichtige Schlüsselposition im Apparat der neuen Bundesregierung mit einem langjährigen hochrangigen Funktionär einer Lobby-Organisation besetzt werden. Wie die Frankfurter […]
12. Januar 2010

Christian Weber soll als Abteilungsleiter u. a. für schrittweise Einführung der Kopfpauschale zuständig sein

Die Drehtür zwischen Regierung und wirtschaftlichen Interessensgruppen kommt in Bewegung. Nach dem „Fall Hennenhöfer“ (Atom-Lobbyist als oberster Atomaufseher) soll nun eine weitere wichtige Schlüsselposition im Apparat der neuen Bundesregierung mit einem langjährigen hochrangigen Funktionär einer Lobby-Organisation besetzt werden.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus sicherer Quelle in Berlin erfahren haben will, soll der stellvertretende Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) neuer Abteilungsleiter für Grundsatzfragen im Bundesgesundheitsministerium werden. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) würde den 53 Jahre alten Christian Weber somit in einer Position einsetzen, in der er sich mit der geplanten schrittweisen Umstellung der beitragsfinanzierten Krankenversicherung auf Prämien befassen wird.

Das langjährige FDP-Mitglied Weber kann als ein klassischer Seitenwechsler gelten. Einerseits war er bereits in den 1980er Jahren für die PKV tätig; er gab andererseits in der ersten Hälfte der 1990er Jahre ein Intermezzo als Mitarbeiter der FDP-Bundestagsfraktion und im Klinikkonzern Rhön bevor er 1995 nach Angaben der FAZ als „Sprecher und Leiter Politik“ zur PKV zurück kehrte.

Für die FDP-Bundestagsfraktion arbeitete Christian Weber nach Angaben der Financial Times Deutschland seinerzeit als“gesundheitspolitischer Referent“ – just in der Zeit als die gesetzliche Pflegeversicherung entworfen wurde.

Weber hat seit 2005 das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) aufgebaut und eine Vielzahl gesundheitspolitischer Untersuchungen vorgenommen mit Titeln wie „Reform zur nachhaltigen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung“ oder „Wahltarife in der GKV – Nutzen oder Schaden für die Versichertengemeinschaft?“

Ein Abteilungsleiter Weber wird möglicherweise demnächst Gesetze entwerfen, die auf der Grundlage von Studien entstehen, die derselbe PKV-Institutsleiter Weber seinerzeit zur Beeinflussung der Regierungsentscheidungen erstellt hat. Ein solches Vorgehen ist nicht dafür prädestiniert, die besten Ergebnisse für die Allgemeinheit zu erbringen.

LobbyControl hält es für hoch problematisch, dass bei zentralen und umstrittenen Politikprojekten wie Atomenergie und Gesundheitsreform ausgerechnet Wirtschaftslobbyisten an Schlüsselstellen gesetzt werden. Damit erhalten bestimmte partikulare Wirtschaftsinteressen und daraus abgeleitete Konzepte einen strukturell entscheidenden Vorteil. Eine solch enge personelle Verflechtung verringert die Unabhängigkeit und letztendlich auch die Glaubwürdigkeit einer Regierung.

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9 Kommentare

Christian12. Januar 2010 um 23:43

Bei solchen Meldungen stockt mir immer wieder der Atem … da wählen wir Volksvertreter die uns, das Volk, vertreten sollen. Und kaum sind die Damen und Herren auf ihrem Regierungsposten, vergisst man gerne für welche Rechte man sich einzusetzten hat … sicher nicht dafür mal wieder ein paar Lobbyisten ins Boot zu holen und sich deren Lobbyinteressen zu unterwerfen.
Gerade im Gesundheitswesen, in dem vor lauter Interessenvertretern die Menschen und Ihre Gesundheit oft so weit im Hintergrund stehen, ist eine solche Lobby-Besetzung ein weiterer fataler Fehler.

Matze13. Januar 2010 um 14:16

Das ist ja durchaus zu kritisieren — allerdings frage ich mich: Wo war beispielsweise Euer Aufschrei als Jochen Flasbarth, ehemals als hauptamtlicher Präsident des NaBu ein führender Umwelt-Lobbyist, zum Präsidenten des Umweltbundesamtes (u.a. zuständig für den Vollzug von Bundesgesetzen) ernannt wurde.

Solange Ihr es nicht schafft, einen ausgewogenen Blick auf das Thema Lobbyismus zu entwickeln und Euch nicht nur zu melden, wenn die vermeintlich „böse Industrie“ involviert ist, wird es mir schwer fallen, Euch tatsächlich ernst zu nehmen.

K14. Januar 2010 um 19:41

Haben sie eigentlich auch protestiert, als der Vorgänger vom Bundesverband der Ortskrankenkassen abgeworben wurde?

Manchmal habe ich bei LobbyControl den Eindruck, die Kritik hängt maßgeblich davon ab, von welcher Lobby gesprochen wird.

Martin Betzwieser16. Januar 2010 um 20:48

Lobbyist ist im Gesundheitsministerium fehl am Platz

Die Initiative LobbyControl hält nichts von der geplanten Berufung des Spitzen-Lobbyisten der privaten Krankenversicherung (PKV), Christian Weber, ins Bundesgesundheitsministerium
Quelle 1: Deutschlandradio Kultur (Text)
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1105312/
Quelle 2: Deutschlandradio Kultur (Audio-Podcast)
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2010/01/14/drk_20100114_0751_2b37bbde.mp3

Forist18. Januar 2010 um 14:54

@K: Ich denke, der Aufschrei blieb deshalb aus, weil Lobbycontrol zum Zeitpunkt seiner Berufung (Franz Knieps; 1. Februar 2003) noch nicht aktiv war?

@Matze: Generell sollte Lobbycontrol natürlich in alle Richtungen Ausschau halten! Nur halte ich es qualitativ und in seinen Auswirkungen doch für arg unterschiedlich, ob der NaBu einen Berater weiterleitet oder aber, ob ein multimilliardenschweres Unternehmen (oder ein Vertreter dessen in Form eines Verbandes) gezielt seine Leute an den Schaltstellen der Politik platziert. Lobbyismus wird nun mal vorrangig von Organisationen betrieben, die Macht (und Geld!) haben. Deshalb ist wohl die „böse“ Industrie so oft im Fadenkreuz.

MfG
Forist

georg hoffer23. Januar 2010 um 13:58

HALLO: ICH SCHREIBE MIR DIE HÄNDE WUND; JEDOCH OHNE GROßE RESONANZ; FAKT IST ICH KENNE DIESE LEUTE GUT- NACH VIELEN WOCHEN DER RECHERCHE;
DER MINISTER IM FAMILIENMINISTERIUM SITZT IM VORSTAND DES VEREINS FÜR PRIVATE UND ÖFFENTLICHE FÜRSORGE; DER VEREIN HATT SICH MIT DEN ÄMTERN- SELBSTINSTANZIERT- OHNE RECHTSGRUNDLAGE ALS BERATENDE-JURISTISCHE PERSON– EIN MANIFEST; AN BOSHAFTIGKEIT; IGNORRANZ U SELBSTGEFÄLLIGKEIT;
DIESE LEUTE WAREN IN DER WIRTSCHAFT U POLITIK“§ VERSAGER“§- NUN HABEN SIE EIN NEUSE FELD GEFUNDEN- DEN SOZIALEN KAHLSCHLAG IN AUFTRAG DER REGIERUNG;; ((NEIN; WIR“? VON DER REGIERIERUNG HABEN U HATTEN KEINE AHNUNG ; WAS SO IM LANDE PASSIERT; U PASSIERT IST; SO WIRD ES MAL HEIßEN…NOCHT GLAUBEN UND ABWÄHLEN…….

ICH WERDE ; DIESE LEUTE ÖFFENTLICH MACHEN; SIE SIND ÜBERALL- VERTRETEN- IN DEN ARGEN JOBCENTERN- GESUNDHEITSÄMTERN; HARTZ 4- USW- WIE EINE SEUCHE-
MEIN KRIEG HATT SCHON BEGONNEN; UND ICH BIN EIN BEHINDERTER MENSCH- DER SCHWER DRUNTER LEIDEN MUSS; MACHT NICHTS DAS MACHT MMICH NUR NOCH HÄ’RTER; BI KUMMER GEWOHNT – DIESE LEUTE NICHT-OK UND GUT:GRUSS GEORG

Radioheadhörer24. Januar 2010 um 13:14

Die Entscheidung über Lobbyismus zu bereichten hängt sicher davon ab, über welche Macht Lobbyismus-Gruppen verfügen.
Statt Vorwurfspingpong zu betreiben, könntet Ihr lieber Aufklärungsarbeit leisten. Fakten und Vernetzungen sichtbar machen. Das wäre sinnvoll.
Der Begriff „Umwelt-Lobbyismus“ entspricht übrigens der Neusprech-Logik Orwells. So wie die Begriffe „Umwelthysteriker“ oder „Umweltskeptiker“.
Einfach mal 1984 lesen.

Peter Christian Nowak25. Januar 2010 um 21:49

Das Schlimme ist, daß wir Wähler während einer Legislaturperiode keinen Enfluß auf die hier beschriebenen Machenschaften nehmen können.
Merkel hat die Antikorruptionscharta der UN nicht unterschrieben – wohl wissend, daß durch massiven Lobbyismus innerhalb der Regierungsbüros sofort der Staatsanwalt eingreifen müsste. Um die Abgeordneten und Ministerialbeamten vor Strafverfolgung zu schützen, tut die Politik, insbesondere die Regierung alles, Lobbyismus als Notwendigkeit zu tarnen, „weil die Dinge so kompliziert geworden sind“.

Was bleibt also für den Bürger als Ausweg, um sich vor einer zunehmenden Diktatur von Interessenverbänden der Wirtschaft und Finanzwirtschaft, wie Pharmakonzerne oder Energiekonzernen usw. zu schützen?

Es ist wie die Quadratur des Kreises, vielleicht nie eine Lösung?

Furch Brigitte26. Januar 2010 um 15:23

Bin Mitglied der DKV und – außer dass ich Mitglied bin (sein muss) – seit 8 Jahren krebskrank, eine sogenannte „Langzeitüberlebende“ und zahle Jahr für Jahr unglaubliche Beitragserhöhungen, auf denen ich sitzen bleibe. Der Arbeitgeber zahlt nur den Anteil einer gesetzlichen Krankenkasse. Schon jetzt kann ich mir ausrechnen, dass ich – wenn ich’s denn erlebe und Rente beziehe – im Rentenalter zwar für eine sehr hohe Prämie versichert bin, aber nicht mehr überleben kann, weil kein Geld übrig bleiben wird, um mich zu ernähren.
Hätte zwar gerne Peanuts! Aber dafür FDP-Mitglied werden? Nein danke!!!